Fünfzig tote Bauarbeiter durch Bagger, Radlader & Co sind genau 50 zu viel
Die “bauma 2016” präsentiert sich vom 11. bis 17. April 2016 in München als größte Messe der Welt, stets die neuesten und oft in vielerlei Hinsicht faszinierenden Bau-, Baustoff- und Bergbaumaschinen.
Aber auch neue Maschinen kommen immer noch mit Mängeln auf den Markt, welche die Sicherheit und Gesundheit des Maschinenpersonals gefährden. Damit widersprechen sie den europäischen Sicherheitsvorschriften und dürfen auf europäischen Baustellen nicht zum Einsatz kommen, solange die Gefährdungsstellen nicht beseitigt sind. Maß aller Dinge ist die europäische Maschinenrichtlinie.
Der Hersteller bestätigt in einer Konformitätserklärung, dass die Maschine mit der Richtlinie übereinstimmt und bringt das CE Zeichen an. Ob das stimmt hat niemand geprüft. Viele Nutzer halten das Zeichen für ein Prüfzeichen und glauben, eine geprüfte sichere Maschine zu kaufen. Dies ist oft nicht der Fall, wie das Beispiel “Sicht auf den Fahr- und Arbeitsbereich” deutlich macht. Bei vielen schweren und tödlichen Unfällen gaben die Fahrer an, den Verunfallten, den sie überfahren haben nicht gesehen zu haben. Waren es die toten Winkel, die Konzentration auf die Arbeit, der Stress oder was auch immer. Diese tödlichen Gefahren lassen sich durch intelligente Überwachungssysteme eliminieren. Oft ist schon ein Kamera- Monitorsystem wirkungsvoll. Diese Systeme sind in hervorragender Qualität und bezahlbar am Markt vorhanden. Der Hersteller bietet sie meist optional an, um den Gesamtpreis niedrig zu halten. Der Kunde achtet nicht drauf und so kommt eine gefährliche Maschine für die nächsten 20 Jahre auf die Baustelle. Bei der Sicht gab es eine Norm, auf die sich Hersteller berufen konnten. In dem Fall brauchten sie auch keine Gefahrenanalyse zu machen. Dieses Privileg ist seit Januar vorigen Jahres vorbei, da die europäische Kommission der Norm die Vermutungswirkung entzogen hat. Ausgelöst durch zwei Petitionen durch das Netzwerk Gesunde-Bauarbeit an das Europäische Parlament, welche auf Mängel hingewiesen haben, hat die Europäische Kommission einen formellen Einwand gegen die Norm EN 474-1″Erdbaumaschinen – Sicherheit – Teil 1: Allgemeine Anforderungen” eingeleitet.
Nachdem in Deutschland alle mit Arbeitssicherheit befassten Stellen die Norm ändern wollten, aber seit Jahren nur diskutieren hatte Rudi Clemens das Europäische Parlament ersucht sich der Sache anzunehmen.
Er reklamierte, dass die Bestimmungen des Anhang I der Richtlinie – Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Konstruktion und Bau von Maschinen und sicherheitsrelevante Komponenten – weder von den Konstruktionsfirmen eingehalten noch von den zuständigen Behörden kontrolliert würden.
Antwort der Kommission (REV), eingegangen am 27. Januar 2012. Die Kommission bestätigt, dass zur Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen von Anhang I Abschnitt 3.2.1 der Maschinen-Richtlinie bewegliche Maschinen so konstruiert sein müssen, dass eine ausreichende Direktsicht vom Fahrerplatz aus gewährleistet ist. Den Gefährdungen durch unzureichende Direktsicht muss erforderlichenfalls durch Ausstattung der Maschinen mit den geeigneten Einrichtungen begegnet werden. Hersteller von Maschinen müssen deshalb alle “toten Winkel” berücksichtigen, die zu Risiken für gefährdete Personen führen können. In ihren anfänglichen Anmerkungen zu dieser Petition war die Kommission der Auffassung, dass die revidierten Spezifikationen der Normen EN 47 4-1 und ISO 5006 in dieser Hinsicht ausreichend waren. Aus den jetzt vom Petenten beigebrachten Belegen geht hervor, dass die Hersteller bewegliche Maschinen mit inakzeptablen “toten Winkeln” auf den Markt bringen, während sie behaupten, die maßgeblichen harmonisierten Normen anzuwenden.
Die Kommission hat eine formelle Anfechtung der Normen (gemäß Artikel 10 der Maschinen-Richtlinie) eingeleitet und die CEN aufgefordert, sie entsprechend zu ändern. Die Kommission hat die Mitgliedstaaten ferner ersucht, die notwendigen Maßnahmen im Zusammenhang mit allen unsicheren beweglichen Maschinen zu ergreifen, die in Verkehr gebracht wurden.
Die Erfüllung der entsprechenden Normanforderung reicht nicht mehr aus, um für diesen Aspekt die Konformität mit der Maschinenrichtlinie nachzuweisen. Die Hersteller müssen selbstverständlich weiterhin sicherstellen, dass die in Verkehr gebrachten Maschinen so konstruiert sind, dass sie gute Sicht für den Fahrer bieten und damit die europäischen Richtlinienanforderungen erfüllen. Zusätzlich müssen sie nun in den technischen Unterlagen die durchgeführte Risikobeurteilung sowie die Schritte angeben, die zur Einhaltung der Sichtanforderungen eingeleitet wurden.
Es gibt aber noch mehr Mängel an den Maschinen, welche die Sicherheit und / oder die Gesundheit beeinträchtigen. Beispielsweise, dass der Fahrer einer Planierraupe sich den halben Tag verdrehen muss, weil er außen keine Rückspiegel hat. Einstiege, bei denen die unterste Stufe eine Höhe von 70 cm hat, (das ist ungefähr Tischhöhe) sollen nach Ansicht der KOM höchstens 40 cm betragen. Wer eine Maschine kauft, muss auf die Vertragsgestaltung achten. Denn, wenn er sie in Gebrauch nimmt, haftet der Betreiber nach der Betriebssicherheitsverordnung.
Als anerkannter Interessenvertreter der europäischen Baumaschinenhersteller und damit verbundener Industrien fordert das CECE alle Händler, Bauunternehmen und Verbände zur Zusammenarbeit auf, um die EU von nicht konformen Baumaschinen zu befreien. Europäische Wirtschaftsteilnehmer müssen sich darüber im Klaren sein, dass der Verkauf, Import oder Einsatz von (neuen oder gebrauchten) Maschinen, die nicht richtlinienkonform sind und nicht korrekt mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet sind, erhebliche Risiken mit sich bringen kann. Das Erstellen einer Konformitätserklärung oder einer CE-Kennzeichnung für eine nicht konforme Maschine gilt als Urkundenfälschung Wer eine Maschine mit einer gefälschten Konformitätserklärung verkauft, macht sich strafbar. (CECE)
Clemens hat in einem Brief an die Gewerbeaufsicht Oberbayern, welche Kontrollen auf der Bauma durchführt auf die Rechtslage hingewiesen und Beispiele für nicht konforme Maschinen aufgezeigt. Die Gewerbeaufsicht und die Marktaufsicht wurden gebeten sich zu kümmern um die nicht hinnehmbaren schweren und tödliche Unfälle zu vermindern.
Gefahren sind an der Quelle zu bekämpfen.
BAuA: “Je besser die konstruktive Qualität eines Produktes ist, umso weniger dürfte es notwendig sein, verbleibende Restrisiken durch Vorschriften und Gebrauchsanleitungen aufzufangen.”
Clemens führt eine Liste auf der Homepage, auf der hunderte tödliche Unfälle mit Baumaschinen aufgelistet sind. Die IG BAU veranstaltet immer am 28 April um 18 Uhr zum “Workers Memorial Day” eine Messe in der Berliner Gedächtniskirche zum Gedenken an die Verunglückten oder durch Berufskrankheiten verstorbenen Kolleginnen und Kollegen.
Mehr Infos
Im Kreis Heinsberg (Rheinland) hat sich auf Initiative des Betriebsrats Rudi Clemens ein Netzwerk aus Vertretern von Arbeitgebern, Berufsgenossenschaften, dem Amt für Arbeitsschutz und anderen Institutionen gebildet, das im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA), des Bundeswirtschaftsministeriums über konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der 5600 Bauarbeiter des Kreises anbietet. Kleinen und mittelständischen Unternehmen gibt das Netzwerk praktische Hilfestellungen und Anregungen für die Gesundheitsprävention an die Hand. Gemeinsame Aktionen und Projekte der Arbeitsgemeinschaft “Netzwerk, Gesundheit und Qualifikation für die Bauwirtschaft im Kreis Heinsberg” sollen das Thema betrieblicher Gesundheitsschutz einer breiteren Öffentlichkeit nahe bringen und ein breites Weiterbildungsangebot sicherstellen.
Kontakt
Netzwerk Offensives Bauen
Rudi Clemens
Tannenstraße 22
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02454 939255
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