Prozessauftakt in Marokko

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Das Königreich setzt auf Rechtsstaatlichkeit

Darauf sollte Marokko stolz sein, und darauf sollten seine arabischen Nachbarn blicken: In dieser Woche beginnen im nordafrikanischen Staat Strafprozesse, die weltweit mit großem Interesse verfolgt werden. Bereits im vergangenen Jahr stieß eine Entscheidung des obersten Gerichts Marokkos auf großen internationalen Zuspruch; insbesondere bei Menschenrechtsorganisationen. Das Gericht hatte nämlich abgeschlossene Prozesse gegen gewalttätige Separatisten vor Militärgerichten für unzulässig erklärt und an die Zivilgerichte verwiesen. Für Marokkos Widersacher war es eine starke Ohrfeige, zumal sie das Königreich wegen vermeintlicher Verstöße gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens denunzieren wollten.
Marokko hat seinen Nachbarn -und der arabischen Welt im Allgemeinen- aus vielen Gründen etwas voraus, auch deshalb: Es ist ein Rechtsstaat, in dem differenzierte Urteile gefällt und akzeptiert werden. Deswegen gehört Marokko zur Wertegemeinschaft der modernen Demokratien und stellt einmal mehr unter Beweis, dass das Königreich ein vollwertiger Rechtsstaat ist.
Das oberste Gericht Marokkos hatte Mitte 2016 Urteile aus dem Jahre 2013 gegen mehrere Beschuldigte aufgehoben, denen Verbrechen gegen marokkanische Sicherheitskräfte und Soldaten im Zusammenhang mit den Gewaltausschreitungen in Gdim Izik im Jahre 2010 vorgeworfen wird. Für den Tod von elf Sicherheitskräften wurden 25 Angeklagte verantwortlich gemacht und im November 2010 festgenommen.
Das Oberste Gericht bezog sich seiner Zeit in seiner Entscheidung auf einer Gesetzesnovelle, wonach Verfahren gegen Zivilisten vor Militärgerichten ausgeschlossen werden. Bereits jetzt kann davon ausgegangen werden, dass die neuen Prozesse vor den Zivilgerichten formal rechtsstaatliche Anforderungen erfüllen werden, da die marokkanische Strafprozessordnung u. a. das Recht auf Verteidiger, Beweisantragsrecht (Entlastungszeugen), Überprüfung des Urteils und der Entscheidungsgründe, das Gnadenantragsrecht, die Möglichkeit des Wiederaufnahmeverfahren, … usw. vorsieht. Darüber hinaus werden die Verhandlungen unter Einbeziehung der Öffentlichkeit, der internationalen Presse und unter Beobachtung internationaler Juristen geführt.
Die wegweisende Entscheidung der marokkanischen Justiz dürfte auch für die deutsche Innenpolitik interessant sein, da sie die Richtigkeit des Beschlusses der Bundesregierung vom 03.02.2016, wonach Marokko zum sicheren Herkunftsstaat erklärt wird, bestätigt.
Grundsätzlich können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Dass diese Voraussetzungen in Bezug auf das Königreich Marokko gegeben sind, wird durch das Verbot der Verurteilung von Zivilisten vor Militärgerichten, wie es internationale Menschenrechtsstandards vorsehen, einmal mehr bekräftigt.
Unabhängig davon, ist jegliche Kritik an der Bestimmung Marokkos zum sicheren Herkunftsstaat in der Sache unhaltbar und geht an der Realität völlig vorbei. Denn: Jeder Asylsuchender hat die Möglichkeit, die Vermutung der Verfolgungsfreiheit zu widerlegen, indem er geltend macht, abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland ausnahmsweise doch verfolgt zu sein.
Es bleibt zu hoffen, dass die arabischen Nachbarn Marokkos diesem Beispiel folgen und „mehr Rechtsstaatlichkeit wagen“.

Azzadine Karioh ist als Rechtsanwalt in Essen tätig. Er hat das Buch „Westsaharakonflikt- Autonomie als Sieg der Vernunft“ veröffentlicht.

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