Familienrecht-Serie: die elterliche Sorge – was ist das? (Teil 1)

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Ein Interview von Rechtsanwalt Alexander Bredereck mit Fachanwalt für Familienrecht Volker Dineiger, Berlin und Essen.

Wenn eine Ehe oder eine Beziehung scheitert, dann kommt es zwischen den Partnern und Eltern gemeinsamer Kinder häufig zum Streit über die elterliche Sorge. In diesem Interview klären Rechtsanwalt Bredereck und Fachanwalt Dineiger, was elterliche Sorge eigentlich heißt, wer sie hat und wie mit ihr umgegangen wird.

Rechtsanwalt Bredereck: In der anwaltlichen Beratung nach Trennung und Scheidung taucht häufig der Wunsch auf, für gemeinsame Kinder die elterliche Sorge zu bekommen. Was ist elterliche Sorge genau?

Fachanwalt Dineiger: Das Thema ist nach einer Trennung oder Scheidung emotional hoch besetzt. Das Gesetz sagt ganz einfach, dass elterliche Sorge die Pflicht und das Recht ist, für das minderjährige Kind zu sorgen.

Rechtsanwalt Bredereck: Ja, das tun Eltern aber doch immer. Warum ist das Thema also so schwierig?

Fachanwalt Dineiger: Die elterliche Sorge besteht aus der Sorge für die Person des Kindes und für das Vermögen des Kindes. Die elterliche Sorge bedeutet also viel Verantwortung; das Gesetz knüpft allerdings auch viele Rechte an das Bestehen bzw. Innehalten der elterlichen Sorge.

Rechtsanwalt Bredereck: Was heißt das konkret?

Fachanwalt Dineiger: Die elterliche Sorge gibt zum Beispiel das Recht für die Vertretung des Kindes vor Gericht. Die Personensorge beinhaltet das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Die elterliche Sorge ist beispielsweise auch Voraussetzung für das Recht auf Auskunft gegenüber Dritten, also etwa in der Schule.

Rechtsanwalt Bredereck: Aha. Wie ist das also genau: Wer hat die elterliche Sorge?

Fachanwalt Dineiger: Das Gesetz sagt, dass die elterliche Sorge den Eltern zusteht. Man muss dann unterscheiden, ob die Eltern miteinander verheiratet sind oder nicht. Sind die Eltern miteinander verheiratet, so haben sie automatisch durch das Gesetz die sogenannte gemeinsame elterliche Sorge. Sie müssen hierzu weder etwas erklären noch etwas tun.

Bei Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, ist die Lage schwieriger. Das Gesetz sieht zwar hier auch vor, dass die elterliche Sorge gemeinsam ausgeübt werden soll, allerdings ist das an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

Rechtsanwalt Bredereck: Welche sind das?

Fachanwalt Dineiger: Nicht miteinander verheiratete Eltern können sogenannte Sorgeerklärungen abgeben. Das bedeutet, dass sie erklären, für ihr gemeinsames Kind auch die gemeinsame Sorge übernehmen zu wollen. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass sich die Eltern einfach miteinander verheiraten, dann haben sie die gemeinsame elterliche Sorge wieder durch das Gesetz. Die dritte Möglichkeit ist, dass das Familiengericht die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam überträgt.

Zu beachten ist allerdings, dass, wenn dies nicht vorliegt, die Mutter die elterliche Sorge zunächst einmal alleine hat.

Rechtsanwalt Bredereck: Was müssen nicht verheiratete Eltern bei solchen Sorgeerklärungen beachten?

Fachanwalt Dineiger: Beim Zeitpunkt gibt es keine Einschränkungen. Man kann eine solche Sorgeerklärung auch schon vor der Geburt des Kindes abgeben. Dann gibt es aber Wirksamkeitsvoraussetzung. Eine Sorgeerklärung können die Eltern nur selbst abgeben, man kann damit also nicht einen Anwalt beauftragen. Sind die Eltern selbst noch minderjährig, dann müssen die Sorgeerklärungen wiederum von deren eigenen Eltern abgegeben werden. Sorgeerklärung und Zustimmung zu Sorgeerklärung müssen zudem öffentlich beurkundet werden. Es gibt da also einen Formzwang.

Rechtsanwalt Bredereck: Gibt es da noch Fallstricke?

Fachanwalt Dineiger: Das Gesetz weist immerhin noch darauf hin, dass eine Sorgeerklärung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung unwirksam ist. Ich halte das zwar nicht für einen Fallstrick. Ich kann aber selbstverständlich nicht die elterliche Sorge für ein Kind nur für etwa 5 Jahre übernehmen, weil ich danach ins Ausland möchte. Ich kann eine Sorgeerklärung auch nicht unter der Bedingung abgeben, dass ich das Kind dann auch mag. Das lässt das Gesetz nicht zu.

Rechtsanwalt Bredereck: Wie wird die elterliche Sorge denn dann ausgeübt?

Fachanwalt Dineiger: Es gibt dazu eigentlich nur einen Programmsatz, der es aber tatsächlich in sich hat: Nach dem Gesetz müssen die Eltern die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes ausüben. Nach dem Gesetz müssen sie auch versuchen, sich bei Meinungsverschiedenheiten zu einigen. Diese zwei ganz harmlosen Sätze haben ja schon viele Voraussetzungen in sich.

Bedauerlicherweise – darüber reden wir noch – ist gerade beim Scheitern der Beziehung die Fähigkeit der Eltern, sich zu einigen, sehr stark eingeschränkt. Ob das dann allerdings noch zum Wohl des Kindes ist, das die Eltern ja immer beachten müssen, steht dann auf einem anderen Blatt.

16.07.2014

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