wir pflegen e.V. begrüßt den Gesetzentwurf zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, den das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) im September 2014 vorgelegt hat. Die bundesweite Interessenvertretung fordert aber in ihrem Positionspapie
Das neue Gesetz zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie soll die familiäre Pflegesituation verbessern. Ganz besonders befürwortet wir pflegen e.V. die zehntägige bezahlte Auszeit analog zur Kinderkrankenpflege, die pflegende Angehörige zukünftig einmal jährlich in Anspruch nehmen können. Auch den verbindlichen Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit und eine Möglichkeit diese und die Pflegezeit miteinander zu kombinieren, bewertet wir pflegen e.V. positiv.
Unternehmen werden zwar familienfreundlicher, Mitarbeiter mit Pflegeverantwortung aber noch wenig berücksichtigt: Die Pflege eines Angehörigen erfährt nicht den gleichen Stellenwert und die gleiche rechtliche Anerkennung wie die Erziehung eines Kindes. Obwohl es heute schon mehr pflegebedürftige Menschen als Kinder unter drei Jahren gibt. Der Gesetzentwurf ist deshalb ein wichtiger Schritt und doch kann dies nur ein Anfang sein. Die Verbindung von Pflegezeit und Familienpflegezeit hat komplexe bürokratische Abläufe mit z.B. langen Antragsfristen geschaffen, die viele pflegende Angehörige daran hindern können, diese Optionen zu nutzen.
wir pflegen e.V. vertritt die Interessen begleitender und pflegender Angehöriger und Freunde in Deutschland und hat u.a. die Arbeitsgruppe „Pflege und Beruf vereinbaren“ ins Leben gerufen. Deren Mitglieder stellten bereits in einem Positionspapier (http://www.wir-pflegen.net/dafuersetzenwirunsein/vereinbarkeit-von-beruf-und-pflege-vereinbaren/) , das sich an Vertreter der Politik, Akteure der Wirtschaft, Kostenträger und schließlich Pflegeleistungserbringer richtet, folgendes fest:
Die gesetzlichen Regelungen sind bislang unzureichend und Entlastungsangebote werden kaum genutzt. Für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf spielen aber diese Entlastungsangebote eine zentrale Rolle. „So unübersichtlich und so undurchschaubar, wie sämtliche Leistungen bislang präsentiert werden, gefährden sie die Vereinbarung von Beruf und Pflege und führen häufig dazu, dass die Betroffenen ihren Beruf schließlich aufgeben“, kritisiert die Koordinatorin der Arbeitsgruppe, Silke Niewohner. wir pflegen e.V. ruft die Gesetzgeber auf, die Regelungen zur Pflegezeit und zur Familienpflegezeit weiter zu reformieren und leicht zugänglich zu machen. Das derzeitige „Konzept“ nimmt in Kauf, dass vorhandene Möglichkeiten nur partiell genutzt werden.
Die Wirtschaft wird im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege vom Gesetzgeber weitgehend aus der finanziellen Verantwortung entlassen. Angesichts eines wachsenden Fachkräftemangels ziehen Firmen jedoch einen messbaren wirtschaftlichen Nutzen daraus, wenn es ihnen gelingt, Mitarbeiter mit Pflegeverantwortung ans Unternehmen zu binden und ihre Leistungsfähigkeit und Motivation zu erhalten. In ihrem Interesse liegt es, eigene Entlastungsangebote für betroffene Mitarbeiter zu entwickeln. Damit diese nicht ihren Beruf für die Pflege eines Angehörigen aufgeben, weil sich überfordert fühlen.
Unternehmen, die sich bereits länger aktiv mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie beschäftigen, haben oft schon viel weitergehende Lösungsansätze als die gesetzlichen Möglichkeiten. Soziale Verantwortung gegenüber Mitarbeitern mit Pflegeverantwortung zu entwickeln – eine pflegesensible Unternehmenskultur also – zahlt sich für sie bereits aus. Im Sinne einer Kultur der sozialen Verantwortung sind aber noch mehr Unternehmen aufgerufen, in ihren Konzepten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch Mitarbeiter mit Pflegeverantwortung zu berücksichtigen.
Die Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen, Unfallversicherungen, Berufsgenossenschaften und Rentenversicherungen müssen nach Überzeugung von wir pflegen e.V. bestehende Regelungen transparenter machen und den Zugang dazu vereinfachen- unter besonderer Beachtung von Beratungsneutralität und im Sinne eines begleitenden Casemanagements.
Die Akteure der Pflegewirtschaft fordert wir pflegen e.V. auf, Berufstätige mit Pflegeverantwortung als wachsende Zielgruppe wahrzunehmen und praxisnahe Betreuungs- und Entlastungsangebote zu entwickeln. Hier sind vor allem Kreativität und Kooperationsbereitschaft mit den kommunalen Akteuren gefragt.
Silke Niewohner fasst zusammen: „Die von uns empfohlenen Verbesserungen würden sich vor allem positiv für Frauen auswirken. Sie sind oft die ersten, die aufgrund wachsender Pflegeverantwortung aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden und damit wird vor allem die Altersarmut von Frauen weiter manifestiert. Die immer noch gravierenden negativen Einkommensunterschiede tragen dazu bei, dass Familien oft beschließen, dass die Person mit dem größeren Einkommen weiterhin voll beschäftigt sein soll.“
wir pflegen e.V.-Vorstandsmitglied Heinz Heck präsentierte das Positionspapier dem Pflegebeauftragten Karl-Josef Laumann Ende August 2014 in einem persönlichen Gespräch in Berlin und kommentiert dessen Reaktion so: „Das Problem ist bekannt. Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege von Angehörigen stellt für die Betroffenen eine erhebliche Belastung dar. Der Gesetzgeber hat hierzu im Pflegestärkungsgesetz erste Änderungen vorgenommen. So wird der Anspruch auf eine 10tägige Freistellung zur Regelung der Pflegesituation durch den Arbeitgeber ab 2015 nun einmal jährlich gewährt. Die Ansprüche auf Kurzzeit- und Verhinderungspflege werden ab 2015 erweitert.“ Man wisse, dass es hier noch erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt. Im Bereich der sozialen Pflegeversicherung seien die Möglichkeiten jedoch begrenzt, da es sich hierbei um eine Teilversicherung zur Absicherung des Pflegerisikos handelte und sich im Wesentlichen auf die Pflegebedürftigen konzentriere.
Umso mehr will sich die bundesweite Interessenvertretung wir pflegen e.V. im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege dafür einsetzen, den Dialog und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Akteuren zum Wohl und im Sinne des größten Pflegedienstes der Nation, der pflegenden Angehörigen, zu fördern.
wir pflegen e.V. ist die einzige Organisation in Deutschland, die krankheitsübergreifend alle pflegenden Angehörigen vertritt – 2008 gegründet von betroffenen pflegenden Angehörigen und Menschen, die sich beruflich mit Beratung, Pflege, Lehre und Forschung befassen. Der bundesweit agierende, als gemeinnützig anerkannte Verein wir pflegen hat sich zu einer von Politik und den gesellschaftlichen Kräften akzeptierten und meinungsstarken Interessenvertretung entwickelt.
wir pflegen e.V. versteht sich als Sprachrohr und Netzwerk. Der Verein setzt sich ein für die Interessen und Rechte begleitender und betreuender Angehöriger und Freunde in allen Altersgruppen, auf Bundes-, Länder- und Regionalebene und führen unterschiedliche Organisationen und Initiativen zusammen. Die Mitglieder von wir pflegen sind Experten in häuslicher Pflege, sie kennen die Sorgen Nöte pflegender Angehöriger. In diesem Sinne leisten sie untereinander Hilfe zur Selbsthilfe durch Rat und Beistand, Vernetzung und systematischen Austausch von Fachinformationen. Weitere Themenschwerpunkte sind „Armut durch Pflege“ sowie „Junge erwachsene pflegende Angehörige“.
wir pflegen e.V. ist Mitglied der BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen), Mitglied bei Eurocarers (European Association Working for Carers) und Mitglied beim „Bündnis für Gute Pflege“.
Der Verein ist außerdem Preisträger des „Transatlantischen Ideenwettbewerbs USable“ der Körber Stiftung.
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