Der VCA e.V. weist in seinem Positionspapier auf bestehende Probleme in der Versorgung mit Medizinal-Cannabis hin und erläutert seine diesbezüglichen Forderungen an die Politik.
OPTIMIERUNGSPOTENTIALE IN DER VERSORGUNG MIT MEDIZINAL-CANNABIS
Zentrale Forderungen des VCA e.V.:
1. Abschaffung des Genehmigungsvorbehalts zur Kostenübernahme
2. Stärkung der Therapiehoheit
3. Therapiefreiheit bei einem Wechsel der Darreichungsform
4. Gesetzliche Regelung der Verschreibungs- und Apothekenpflicht bei CBD-Zubereitungen
5. Förderung der Forschung zu Medizinal-Cannabis
6. Realistische Einschätzung und Wertschätzung der pharmazeutischen Leistungen: Prüfung – Herstellung – Beratung
1. Abschaffung des Genehmigungsvorbehalts zur Kostenübernahme
Wir fordern für Patient:innen und Ärzt:innen, den aufwändigen Genehmigungsprozess
zur Kostenübernahme aufgrund künstlicher bürokratischer Hürden abzuschaffen und die Kriterien für Behandlungen mit Medizinal-Cannabis in die therapeutische, praktische Verantwortung der Ärzteschaft zu legen.
Dies hat zum Ziel, den Zugang für Patienten:innen zu cannabisbasierten Therapien deutlich zu
vereinfachen.
Unsere Forderung ist die Abschaffung der aufwendigen Genehmigungsprozesse zur Kostenübernahme und damit ein vereinfachter Zugang zu dieser Therapieform für die Patient:innen.
2. Stärkung der Therapiehoheit
Medizinal-Cannabis kann gegenwärtig nur in Ausnahmefällen verschrieben werden und ist entsprechend begründungspflichtig. Eine Therapie mit Medizinal-Cannabis wird nur genehmigt, wenn nahezu alle alternativen Therapieoptionen ausgeschöpft sind. Selbst nach diesem Therapie-Marathon wird die vom Arzt als notwendig erachtete Therapie mit Cannabis-Arzneimitteln zu häufig von der Krankenkasse abgelehnt. Der Genehmigungsvorbehalt hinsichtlich einer Kostenerstattung durch die GKV muss angepasst werden.
Laut § 31 Abs. 6 SGB V darf eine cannabisbasierte Therapie nur in Ausnahmefällen nicht zulasten der GKV erstattet werden. An dieser Stelle müsste der Interpretationsspielraum zu “begründeten Ausnahmefällen” eingrenzt werden.
Zusätzlich kämpfen die Ärztinnen und Ärzte hinsichtlich der Verordnung mit zeitaufwendigen administrativen und fachlichen Aufgaben und Haftungsrisiken.
Jeder Arzt und jede Ärztin (ausgenommen Zahnärzt:innen und Tierärzt:innen) muss im Rahmen seiner oder ihrer Therapiefreiheit selbst entscheiden dürfen, ob Medizinal-Cannabis die Medikation der Wahl darstellt. Dies muss noch deutlicher im Gesetz festgelegt werden: -> Stärkung der Therapiehoheit
Unsere Forderungen sind eine Erleichterung der Verschreibung von Medizinal-Cannabis, Abbau der bürokratischen Hürden und Beachtung der ärztlichen Therapiehoheit.
3. Therapiefreiheit bei einem Wechsel der Darreichungsform
Freie Auswahl (und Möglichkeit des Wechsels) verschiedener Darreichungsformen durch behandelnde Ärzt:innen ohne erneuten bürokratischen Aufwand.
Bei einem Wechsel von Cannabis-Blüten zu Extrakten, Ölen, Kapseln, etc. müssen Patient:innen erneut den aufwendigen Prozeß der Antragsstellung durchlaufen. Ärzt:innen haben dadurch einen hohen bürokratischen Aufwand und können innerhalb ihrer Therapiehoheit ihre Patient:innen nicht ohne zeitliche Verzögerung oder sogar der Gefahr der Ablehnung eines erneuten Antrages therapieren. Hier sollten die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Ärzt:innen ohne Aufwand und zeitliche Verzögerung einen Wechsel der Darreichungsform oder eine Kombination
aus z. B. Cannabis-Blüten und Cannabis-Vollextrakten vornehmen können.
Unsere Forderung ist eine Erleichterung bei einem Wechsel der Darreichungsform ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand unter Beachtung der Therapiehoheit.
4. Gesetzliche Regelung der Verschreibungs- und Apothekenpflicht bei CBD-Zubereitungen
Durch eine fehlende gesetzliche Regelung der CBD-Produkte und Zubereitungen kommt es zu einem Wildwuchs von Produkten mit CBD. Diese sind über Internetplattformen, in Drogerien oder im Lebensmittelhandel frei zugänglich. Die Konzentrationen und Produktqualitäten im Kontext von CBD sind nicht klar definiert.
Deshalb fordern wir für die Apotheken eine gesetzliche Regulierung der Rahmenbedingungen zur Abgabe von CBD-Produkten im verschreibungspflichtigen und freikäuflichen Bereich.
5. Förderung der Forschung zu Medizinal-Cannabis
Forschung und Wissenschaft haben in den zurückliegenden Jahren eine Reihe von Fortschritten gemacht. Diese sind aber überwiegend im internationalen Umfeld zu verzeichnen. In Deutschland steht die medizinische Forschung hinsichtlich der therapeutischen Vielfalt von Cannabis-Arzneimitteln und Cannabinoiden aufgrund der vergangenen Gesetzgebung noch weitestgehend am Anfang. Innovative Forschungsansätze in Deutschland sind essenziell für die erfolgreiche Weiterentwicklung von medizinischen Cannabis-Produkten mit höchster Qualität und Sicherheit.
Aus diesem Grund halten wir eine staatliche Förderung der Grundlagenforschung zur Pharmakokinetik und Pharmakodynamik der wichtigsten Cannabinoide und Terpenoide für notwendig. Außerdem plädieren wir für eine staatliche Subventionierung klinischer Studien zur Förderung der Evidenz unterschiedlicher Indikationsbereiche. Weitere wichtige Forschungsansätze zielen auf alternative und innovative Darreichungsformen ab.
Die Aufnahme des Themenschwerpunkts “Medizinal-Cannabis” im Rahmenprogramm Gesundheitsforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sollte berücksichtigt werden.
Unsere Forderung ist die staatlich geförderte Unterstützung einer unabhängigen Forschung, die zur Förderung der Evidenz unterschiedlicher klinischer Indikationen und Symptomatiken und zur Grundlagenforschung im Kontext von Medizinal-Cannabis und dessen Inhaltsstoffen beiträgt.
6. Realistische Einschätzung und Wertschätzung der pharmazeutischen Leistungen: Prüfung – Herstellung – Beratung
Nach § 6 Abs. 1 ApBetrO müssen Ausgangsstoffe für die Herstellung von Arzneimitteln nach
Vorgaben des Deutschen Arzneibuchs (DAB) in Apotheken einer Qualitäts- und Identitätsprüfung unterzogen werden. Aktuell sieht das DAB hierfür eine makroskopische und mikroskopische Untersuchung sowie eine Dünnschichtchromatographie (DC) vor. Mit einem zeitlichen Aufwand von 2 – 3 Stunden sowie der notwendigen apparativen Ausstattung ist die Prüfung mit einem erheblichen Ressourceneinsatz für Apotheken verbunden. Als Folge der aufwendigen Prüfung verarbeiten schätzungsweise nur rund 5 bis 10 % der Apotheken in Deutschland cannabisbasierte Ausgangsstoffe zu Rezepturarzneimitteln, mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Versorgungslage – insbesondere in ländlichen Regionen. Zusätzlich ist die Beratung und Betreuung der Patient:innen wesentlich aufwändiger als im Vergleich zu anderen Medikationen. Patient:innen, die erstmalig eine Therapie mit Medizinal-Cannabis beginnen und solche, die eine Umstellung ihrer Cannabis-Therapie benötigen, erfordern eine besonders intensive Betreuung.
Der Prüfaufwand sollte reduziert werden, damit Apotheken entlastet werden und die
regionale Versorgung gestärkt wird. Die umfangreiche, im DAB vorgesehene Prüfung kann durch eine kürzere Identitätsfeststellung ersetzt werden, wenn Cannabis-Produkte von GxP-zertifizierten Herstellern/ Importeuren bezogen werden. Die Ausnahmeregelung in § 7 Abs. 2 ApBetrO kann dadurch geltend gemacht werden. Hier kann die Apotheke durch § 7 Abs. 2 ApBetrO mittels einer organoleptischen Prüfung und Improzesskontrollen die Qualität gewährleisten. Eine
einheitliche, unkomplizierte und sichere Identifizierung der Produkte in der abgebenden
Apotheke sollte das Ziel sein.
Unsere Forderung ist eine realistische Einschätzung, Wertschätzung und angemessene Honorierung der pharmazeutischen Leistungen:
-> Prüfung
-> Herstellung
-> Beratung
VCA-Positionspapier zum Download
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