Dennis Riehle

Worauf fußen Ihre Schreckensszenarien, Herr Pistorius?

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Zu den Einlassungen des Bundesverteidigungsministers hinsichtlich der Kriegstüchtigkeit in Deutschland erklärt der Politikberater Dennis Riehle (Konstanz) wie folgt:

Sie sprießen wie die Pilze aus dem Boden und sind hysterischer Ausdruck einer völligen Überbewertung von angeblichen Informationen über einen Angriff von Russland auf das Territorium der NATO – spätestens in sieben bis acht Jahren, wie es zunächst Bundesverteidigungsminister Pistorius als Grund für seinen Aufruf Wehrbereitschaft ausgegeben hatte. Die Rede ist von den Kriegstüchtigen. Doch viel mehr als die Mutmaßungen eines amerikanischen Think Tanks gab es zunächst nicht, worauf man sich im eiligen Bemühen der Sensibilisierung und Motivierung der deutschen Öffentlichkeit zur Abwehrbereitschaft berufen konnte. Und auch nach der Veröffentlichung der sogenannten „Taurus Leaks“ scheint die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung mit Moskau nur bedingt größer geworden zu sein.

Denn mittlerweile weiß die ganze Welt Bescheid, dass wir nicht nur mit Blick auf Transformation und Wirtschaftlichkeit dem Dilettantismus von Politikern und neuerdings auch Generälen der Bundeswehr ausgesetzt sind – welche offenbar über Dinge schwadronieren, von denen sie keine Ahnung haben. Natürlich muss man sich sorgen, dass unter diesen Bedingungen auch manch unüberlegte Entscheidung getroffen wird. Doch wer wird sich auf einen heißen und direkten Konflikt mit Putin jetzt noch einlassen, nachdem wir wissen, dass der Kreml fleißig unsere Pläne, Gedanken und Erwägungen mithört? Wir haben uns in einer vollkommenen Entblößung vor einem vermeintlichen Gegner zwar einerseits zu einer leichten, naiven und trotteligen Beute gemacht. Dennoch scheinen in Deutschland immer mehr Menschen aufzuwachen, die im Gegensatz zu Kiesewetter und seinem Dunstkreis nicht anstreben, zum dritten Mal auf diesem Globus gegen einen Feind in den Kampf zu ziehen, der aktuell überhaupt nicht gewillt ist, sich mit uns zu duellieren.

Es ist allein unsere Einmischung in einen Schlagabtausch mit der Ukraine, welche uns überhaupt in die Situation gebracht hat, nach rund 80 Jahren wieder darüber nachzudenken, was es denn konkret bedeuten könnte, wenn plötzlich Bomben in der Hauptstadt einschlagen. Die Hetzer und Treiber in unserer Politik brauchen endlich Einhalt und Widerrede. Wir lassen uns aufgrund des Narrativs der Hütung unserer Freiheit am Donbass in etwas hineinziehen, was unsere Souveränität und Integrität eigentlich gar nicht tangiert. Es ist wiederum unser eifriges Mitwirken im transatlantischen Bündnis, welches nun sogar Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf den Plan gerufen hat, der unsere Krankenhäuser schon einmal auf die vielen Verwundeten aus der Schlacht einstellen möchte. Tatsächlich trägt dieses ganze Gebaren auf den ersten Blick den Hauch von Fiktion in sich. Wir müssen uns aber ehrlicherweise fragen, wie töricht man an der Spitze unserer Armee sein kann, in einer Laxheit und Unbedarftheit Planspiele über das Attackieren der Krim-Brücke auf ungeschützten Kommunikationswegen auszutauschen. Man kann durchaus auf den Gedanken kommen, dass die Bereitschaft unseres Heeres offenbar groß ist, einen Feldzug anzuzetteln.

Doch es hat etwas von Masochismus und Lebensüberdrüssigkeit, wenn man sich gleichzeitig vor Augen führt, dass wir unsere eigene Munition, Waffen und Ausrüstung aus einer falsch verstandenen Solidarität an Selenskyj abgegeben haben – und damit im Moment einigermaßen blank dastehen würden. Dass sich zumindest der Bundeskanzler in dieser Frage auf dem Kurs der Mehrheit der Bevölkerung befindet, ist zwar kein wirklicher Grund zum Aufatmen – aber dennoch hat die aktuelle Affäre massive Auswirkungen auf die Stimmungslage im Land, vor der sich auch die Eskalatoren nicht gänzlich entziehen können. Denn während es in manchen Kasernen offenbar Bedarf gibt, endlich wieder einmal ein Abenteuer zu erleben, ist der Bürger wenig angetan vom Gedanken eines zweites Gumbinnen oder Łódź. Viel eher regt sich bei den Menschen zunehmend Zweifel und Kritik an der weitgehend bedingungslosen Unterstützung für Kiew, das die alleinige Verantwortung dafür trägt, sich bereits vor 2014 dem Reiz der Orientierung nach Westen hingegeben zu haben – und die Interessen der Einwohner vor allem im Osten des Landes unberücksichtigt zu lassen. Ich kann den Gedankengang und die Motivation von Putin durchaus nachvollziehen, die ihn zum Überfall auf das Nachbarland bewogen haben. Dennoch rechtfertigen sie keine Expansionspolitik, welche mit Gewalt Grenzen zu verschieben versucht.

Das Heranrücken der NATO und das Brechen von mündlichen Absprachen gegen eine Ausdehnung ihres Einflussbereiches bis an die Grenze von Russland heran, das waren eindeutige Fehler. Das kriegerische Vordringen von Staaten als ein Akt der Befreiung ist im Gegenzug allerdings auch ein bewusst obsessives und im 21. Jahrhundert nicht zu respektierendes Vorgehen über das eigene Staatsgebiet hinaus. Die Komplexität dieser Gemengelage dreht sich weniger um die Frage, ob eine Reaktion von Moskau legitim, erwartbar oder verständlich war. Sondern darum, dass ein Instrument der Forcierung genutzt wurde, dessen Alternativen vorab aus meinem Verständnis heraus zu wenig genutzt blieben. Und genau darin liegt auch weiterhin die Krux: Von Washington über Paris bis nach Berlin scheint niemand in der Lage und gewillt, einen Telefonhörer in die Hand zu nehmen und die gerade von hiesiger Seite immer wieder ausgeschlagenen Versuche und Möglichkeiten der Vermittlung noch einmal aufzugreifen – und der Diplomatie und Verständigung eine Chance zu geben.

Deutschland ist durch den eigens verschuldeten Abhörskandal derart geschwächt, dass jede weitere Provokation einen Akt der Kamikaze darstellen würde. Und ich bin mir sicher, dass die Öffentlichkeit so manch wildgewordenem Gewaltlüstling alsbald die Rote Karte zeigen wird. Wir erleben keinen klimatischen, durchaus aber einen gesellschaftlichen Kipppunkt, der zunächst bei den Europawahlen, spätestens dann aber auch 2025 auf Bundesebene, zu Ergebnissen führen dürfte, die eine eindeutige Sprache des Friedens aussenden. Und sollte es Scholz ein einziges Mal schaffen, nicht umzufallen – und mit Besonnenheit seinen derzeitigen Kurs mit Blick auf die Ukraine fortzusetzen, so bestehen unter Berücksichtigung der momentanen Umfragen in den USA durchaus Aussichten auf eine Entschärfung der Rhetorik, die man allein mit einer Rachsucht derjenigen begründen kann, die von ihren Minderwertigkeitskomplexen geplagt wieder einmal auf den Putz hauen möchten – in Wahrheit aber verteidigungspolitische Luftnummern sind.

Weitere Informationen auf www.riehle-news.de und www.dennis-riehle.de.

Dennis Riehle
Author: Dennis Riehle

Das ehrenamtliche Büro für Öffentlichkeitsarbeit unterstützt gemeinnützige Vereine und Initiativen in der Pressearbeit, Kommunikation und im Marketing. Es wird vom Konstanzer Journalisten, PR-Fachkraft und Coach Dennis Riehle (geb. 1985) geleitet.

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