Der Osten boomt. Die Umsatzzahlen des E-Commerce bei unseren östlichen Nachbarn zeigen fast flächendeckend steil nach oben, die Wachstumsdynamik im Onlinehandel ungebrochen. Doch auch jenseits von Sales Statistiken gibt es gute Gründe für Start-Ups, die Märkte in Polen, Tschechien und Co. zu erschließen.
Die letzte Meile als Problemzone – Nicht in der CEE-Region!
So nah und doch so fern. Dieses Paradoxon spiegelt eine der größten logistischen Herausforderungen für den E-Commerce wider. Denn gerade auf den letzten Metern zum Kunden entsteht für Online-Händler und Paketdienste ein Gros des Lieferaufwands. Nicht erst seit gestern greifen große Retailer wie Amazon und Co., aber auch viele Paketdienstleiter deshalb auf Out-Of-Home (OOH) Ansätze zurück. Ob Pick-Up und Drop-Off Stationen (PUDO) wie etwa beim Spätkauf um die Ecke oder automatisierte Locker im Wohnblock – beides senkt die Kosten für die Zustellung, ohne die Customer Experience merklich in Mitleidenschaft zu ziehen. Vor allem in Osteuropa lässt sich seit Kurzem der beeindruckende Siegeszug von OOH-Lösungen beobachten, der zudem ganz neue Gewinnmargen jenseits der konsolidierten Märkte Westeuropas eröffnet.
Im Lockerland Polen ist fast jede Lieferung erfolgreich
„Lockerland“ Polen ist bereits heute mit nahezu 30.000 APMs (Automated Parcel Machines) Spitzenreiter in Sachen Lockerzustellung auf dem europäischen Markt. Gemessen an ihrer Einwohnerzahl haben Polen und die Tschechische Republik europaweit die größte Dichte an Paketstationen. Für Start-Ups, die ihre Produkte unkompliziert zu ihren Kunden bringen wollen, ist diese Infrastruktur gleich aus mehreren Gründen ein Vorteilsbringer. Denn in vielen Städten muss der Kunde im Schnitt gerade mal 350 Meter bis zur nächsten maschinellen Abholstation zurücklegen. Das macht das Abholen einfach, was sich wiederum in einer Auslieferungsquote von fast 100% positiv für Händler niederschlägt. Die meisten Locker sind durchgängig 24/7 zu bedienen und lassen sich auch für die Retoure nutzen.
Firstmover profitieren von geringen Retourquoten und Made in Germany
À propos Retoure. Während in Deutschland zwischen 15 und 20 Prozent der Waren zurückgeschickt werden, liegt die Rücklaufquote nach unseren jüngsten Daten zum Beispiel in Tschechien gerade mal bei 12 Prozent, in anderen Ländern Osteuropas ist sie sogar noch niedriger. Firstmover profitieren zudem von dem guten Ruf, der deutschen Produkten in puncto Qualität vorauseilt. „Made in Germany“ bleibt bei unseren osteuropäischen Nachbarn ein starkes Kaufargument, mit dem man sich hervortun kann. Während viele deutsche Händler ihr Geschäft trotzdem gen Westen ausrichten und damit in einen hartem Wettbewerb um Kunden einsteigen, gibt es in der CEE-Region weniger Konkurrenz und folglich mehr Spielraum bei der Preisgestaltung.
E-Commerce in Osteuropa holt auf
Schließlich sind da noch makroökonomische Trends, die für ein Engagement jenseits der Oder sprechen. Anders als hierzulande, wo bereits mehr als 75% der Verbraucher online shoppen, sind es in Polen nicht mal zwei Drittel der Bevölkerung. Fragt sich nur, wie lange noch. Denn das Land holt auf. Statt sich auf einen gesättigten deutschen Markt profilieren zu müssen, können Händler im Osten dank des rasanten Aufwärtstrends im Onlinehandel schneller Marktanteile erschließen. Bis zum Jahr 2026 soll der E-Commerce in Osteuropa nach Prognosen von pwc um 60% zulegen. Die Marktchancen des zu erwartenden Hochlaufs dürften in vielen Fällen die Risiken einer Expansion überwiegen.
Must Do’s vor dem Markteinstieg
Nichtsdestotrotz ist es ratsam vor dem Einstieg, die Besonderheiten auf den einzelnen nationalen Märkten zu sondieren. So ist der Onlinehandel im europäischen Osten kein starrer Monolith, sondern in eine Vielzahl von verschiedenen Sprachen, Zustellern und Währungen fragmentiert. Gemeinsam ist den Kunden nur die prominente Vorliebe für die Zahlung per Nachnahme, die als Option im Bestellprozess nicht fehlen darf. Herausfordernd bleibt auch das große Sammelsurium an verschiedenen Logistikdienstleistern. Online-Retailer tun gut daran, mit einem lokal vernetzten Paketdienst zusammenzuarbeiten, der die kleinteiligen Zulieferstrukturen vor Ort bündeln kann. Auf den national stark diversifizierten Market Places schaffen Testläufe für einzelne Produkte eine gute Datengrundlage bei der Vorbereitung auf den Markteinstieg wie zum Beispiel auf Allegro in Polen oder mall.cz in Tschechien.
Über die Autorin: Sara Piacquadio
Sara Piacquadio ist Marketing- und Projekt-Managerin beim Leipziger Logistikdienstleister Packeta, der als Teil der Packeta Group Lösungen für den weltweiten Transport von Sendungen anbietet und speziell die Märkte Osteuropas im Blick hat. Zuvor war Piacquadio in verschiedenen Positionen beim Telekommunikationsunternehmen Vodafone beschäftigt.
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