Chinesische Metropole Jieyang will Flüsse nach deutschem Vorbild säubern – das Experten-Interview

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Chinesische Metropole Jieyang will Flüsse nach deutschem Vorbild säubern - das Experten-Interview
Vertragsunterzeichnung: Chen Dong, Jieyangs Oberbürgermeister , Dr. Andreas Cerbe, IAWR-Präsident. (Bildquelle: Zhongde Metal Group GmbH)

Stuttgart, 13. Juli 2016 – Die Flüsse in Jieyang sollen sauber werden und damit die Qualität des Trinkwassers steigen – die süd-chinesische Millionen-Metropole setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke im Rheineinzugsgebiet (IAWR). Vorbild ist der Rhein. Noch vor wenigen Jahrzehnten war Europas wichtigste Binnenwasserstraße in Folge eines Chemieunglücks ökologisch verödet. Die IAWR setzt sich seit 1970 für die Verbesserung der Wasserqualität im Rhein ein – so dass bis heute wieder ein intaktes Ökosystem aufgebaut werden konnte. Dr. Andreas Cerbe, Präsident der IAWR und Vorstand der RheinEnergie AG, war vor Ort in Jieyang. Im Interview zeigt er auf, warum China auf der Suche nach Lösungen nach Deutschland blickt, welche Akteure beim Flusswasser-Projekt zusammenarbeiten müssen und wie die ersten Maßnahmen in Jieyang aussehen können.

Das Wasser aus einem Drittel der chinesischen Seen und Flüsse ist nicht mehr für die menschliche Nutzung geeignet. Die chinesische Regierung hat das Problem erkannt. Mehr Umweltschutz und reines Trinkwasser ist Teil der Gesamtstrategie „Made in China 2025“. Bei der Suche nach Lösungen blickt man nach Deutschland – warum?

Dr. Andreas Cerbe: Ich sehe dafür drei Gründe – Deutschland hat im Bereich Umweltschutz über viele Jahre sehr viel getan, das wird weltweit beobachtet und respektiert. Auch das mutige Vorgehen Deutschlands mit der Energiewende und dem Ausstieg aus der Kernenergie zu Gunsten alternativer Energien wird genau verfolgt. Die führende Rolle Deutschlands in Umweltfragen wird in China wahrgenommen. Auch ist es in Deutschland gelungen, die Bevölkerung für ökologische Fragen zu begeistern. Die Bevölkerung hat den Umweltgedanken angenommen und ist heute ein Teil des ökologischen Wandels. In den 70er Jahren war das noch nicht so, da haben die Menschen ihren Müll einfach mal im Wald oder am Straßenrand entsorgt. Heute ist Deutschland ein sauberes Land – man hat hier ein viel höheres Bewusstsein für die Umwelt als in vielen anderen Ländern der Welt. Der zweite Grund ist die Technologie – in Deutschland gibt es viele erfolgreiche kleinere und mittlere Unternehmen, die spezifisches Know-how in Umwelttechnologie entwickelt haben, das China nutzen kann. Der deutsche Qualitätsstandard ist in vielerlei Hinsicht heute ein Gütesiegel, welches andere Länder gerne hätten. Dafür ist allerdings ein breites gesellschaftliches Verständnis notwendig, denn Qualität hat seinen Preis. Dies muss aus der politischen und unternehmerischen Sicht verstanden werden, doch China strebt diesen Veränderungsprozess genau an. Der dritte Grund ist die strategische Partnerschaft zwischen Deutschland und China, die auf politischer Ebene verfolgt wird. Deutschland wird als strategischer Partner gesehen und es baut sich zunehmend Vertrauen zwischen chinesisch-deutschen Unternehmen auf.

Die Stadt Jieyang setzt bei der Reinigung ihrer Flüsse auf eine Kooperation mit der IAWR. Vorbild ist der Rhein. Inden 1980er-Jahren starben im Rhein die Fische. Die Trinkwasserversorgung brach in einigen Regionen zusammen. Wie ist es der IAWR gelungen, wieder ein intaktes Ökosystem aufzubauen?

Dr. Andreas Cerbe: Dass dies gelungen ist, ist vielen Akteuren zu verdanken. Die IAWR hatte in diesem Prozess eine neutrale ausgleichende Position und war als Nichtregierungsorganisation gerne gefragt. Der Rhein führt auf einer Länge von 1.240 km durch fünf Länder. Er ist ein wichtiger europäischer Fluss, mit vielfältigen Funktionen. Für viele Millionen Menschen hängt nicht nur die Trinkwasserversorgung daran. Der Rhein wird für den Schiffsverkehr genauso genutzt wie für die Kühlung von Kraftwerken, der Industrie oder etwa 20 Prozent der weltweiten Chemieproduktion. Nach dem Sandoz-Chemieunfall in der Schweiz zogen sich die Folgen der Verschmutzung durch alle Länder. Es waren viele Akteure von der Katastrophe betroffen – und alle Beteiligten waren gefordert, die Verschmutzung in den Griff zu bekommen. So resultierte aus dem Sandoz-Ereignis die wohl größte Investition entlang des Rheins. Von 1986 bis 2000 wurden insgesamt 40 Milliarden Euro in die Abwasseraufbereitung investiert. Notwendig dafür war ein perfektes Zusammenspiel aus Politik, Unternehmen und neutralen Institutionen.

Es ist also wichtig, dass viele Akteure zusammenarbeiten. Was bedeutet das für Jieyang?

Dr. Andreas Cerbe: Nur, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten, kann es gelingen. Von der Größe her und den notwendigen Investitionen sind die Flüsse in Jieyang nicht unmittelbar mit dem Rhein zu vergleichen, doch das Grundkonzept muss auch hier passen. Für das Flussprojekt in Jieyang ist es wichtig, dass ein Kreislauf geschaffen wird, an dem die Politik ebenso beteiligt ist, wie die produzierenden Unternehmen und begleitende Institutionen. Die Politik muss den Rahmen schaffen. Sie muss Grenzwerte vorgeben, an die sich die Unternehmer halten müssen. Den Unternehmern wiederum müssen auch Wege aufgezeigt werden, wie sich das umweltbewusste Produzieren auch wirtschaftlich rechnet. Darüber hinaus ist generell ein Bewusstsein für Umweltschutz notwendig. Der Oberbürgermeister von Jieyang, Chen Dong, hat den Willen durchzugreifen und will dafür sorgen, dass Grenzwerte eingehalten werden. Das hat er im Gespräch deutlich gemacht. Die IAWR kann die eigenen vielfältigen Erfahrungen gut in den Prozess einbringen. Sie diskutiert national und international – und ihr wird zugehört.

Welche konkreten ersten Maßnahmen sind in Jieyang notwendig, um die Wasserqualität der Flüsse kurzfristig zu verbessern?

Dr. Andreas Cerbe: Zunächst braucht man eine Bestandsaufnahme, um den Zustand der Flüsse beurteilen und daraus die notwendigen Maßnahmen ableiten zu können. Damit wird der Grundstein gelegt, um erste Investitionen abzuschätzen. Eine Messung von wenigen Werten – wie Sauerstoffgehalt, PH-Wert und Schwermetalle – gibt schon ein relativ gutes Bild vom ökologischen und chemischen Zustand der Flüsse. Das deutsche Technologiezentrum Wasser (TZW) in Karlsruhe hat die Erfahrung und die Kompetenz, diese Messungen durchzuführen und ist hier ja mit der Stadt Jieyang in Gesprächen. Aus den Analyseergebnissen lassen sich dann die notwendigen Maßnahmen ableiten. Erst wenn man die Ursachen kennt, kann man eingreifen. Erst dann weiß man auch, welches System für Jieyang geeignet ist. Durch die Industrie und den städtebaulichen Charakter der Stadt sind sicher unterschiedlichste Lösungsansätze vorstellbar. So wären für die Wohnstruktur mit den vielen Hochhäusern auch dezentrale statt zentrale Kläranlagen denkbar. Möglichkeiten gibt es viele. Chen Dong hat ein Zeitfenster von zehn Jahren festgesetzt – in diesem Zeitraum lässt sich schon viel erreichen.

Was ist erforderlich, um die Flüsse auch langfristig sauber zu halten? In Deutschland gilt das Verursacherprinzip. Welchen Ansatz können Sie sich in Jieyang vorstellen?

Dr. Andreas Cerbe: Die Frage der Nachhaltigkeit und der Finanzierung ist ein ganz wesentlicher Punkt bei dem gesamten Vorhaben. Wo kommt das Startkapital her und wie sieht die langfristige Refinanzierung aus? Die Kommunen, die Unternehmen – aber auch die Bevölkerung müssen an diesem wirtschaftlichen Kreislauf beteiligt werden. In Deutschland sind die Bürger an den Kosten der Wasserver- und -entsorgung beteiligt. Auch gilt in Deutschland das Verursacherprinzip, eines von drei Prinzipien des Umweltrechts. Es besagt, dass Kosten zur Vermeidung, Beseitigung und zum Ausgleich von Umweltverschmutzungen dem Verursacher zuzurechnen sind. Diesen Ansatz könnte man auch in China verfolgen. Auf jeden Fall bedeutet Langfristigkeit immer auch regelmäßige Kontrolle und Überprüfung von Zustandswerten. Die Werte der Flüsse müssen regelmäßig kontrolliert werden, um rechtzeitig Fehlentwicklungen zu erkennen und eingreifen zu können. So führt das TZW beispielsweise im Auftrag der IAWR, aber auch von Wasserversorgungsunternehmen, regelmäßige Messungen entlang des Rheins durch. So haben wir anhand der Messergebnisse eine große Transparenz und Werte, über die wir diskutieren können.

Herr Dr. Cerbe, vielen Dank für das Gespräch.

Die ZhongDe Metal Group GmbH begleitet deutsche Mittelständler bei einer Ansiedlung in der Sino-German Metal Eco City (MEC) in Jieyang. Chinesischen Unternehmen eröffnet sie den Zugang zum deutschen Markt. Die MEC befindet sich im Norden der Millionenstadt Jieyang und erstreckt sich über eine Fläche von 25 Quadratkilometer. Das Investitionsvolumen beträgt mehr als 21 Milliarden Euro. Betreiber, Entwickler und Investor ist die ZhongDe Metal Group Co., Ltd.
Hinter der MEC stehen 700 chinesische Metallunternehmen. Sie ist der erste Industriepark Chinas, der von Unternehmern initiiert wurde und von einem deutschen Management begleitet wird. Die ZhongDe Metal Group GmbH wurde Anfang 2015 als deutsche Tochtergesellschaft gegründet. Firmensitz ist Stuttgart – weitere Standorte sind Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, München und Dresden. Den Aufsichtsrat bilden Prof. Dr. Dieter Hundt (Aufsichtsratsvorsitzender), Ehrenpräsident Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dr. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, und Pierre-Enric Steiger, Präsident der Björn Steiger Stiftung. Weitere Informationen unter www.metal-eco-city.com.

Kontakt
ZhongDe Metal Group GmbH
Anja Barlen-Herbig
Königstraße 26
70173 Stuttgart
+49 711 18567233 (Sekretariat)
+49 711 18567234
kommunikation@metal-eco-city.com
http://www.metal-eco-city.com

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