Zum 10. Mal seit 1999 lockte in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel ein einzigartiges Theaterfestival Besucher der Region und zahlreiche internationale Gäste an.
Für eine Woche im kalten November machten Schauspieler verschiedenster Länder und Kulturen die Hafenstadt zum Hotspot von Monodrama und präsentierten ihre ureigenen Versionen dieser kleinen und doch so großen Form von Theater.
Einen freundlichen, gar herzlichen Empfang brachten Europa Ministerin Anke Spoorendonk und Theater Generalintendant Daniel Karasek dem Festival THESPIS und Chefin Jolanta Sutowicz in ihren Ansprachen zum Ausdruck. Das Festival sei wichtig und bedeutsam für die Landeshauptstadt Kiel und darüber hinaus! Stadtrat (für Finanzen und Kultur) Wolfgang Röttgers sagte finanzielle Unterstützung für die nächste Ausgabe bereits jetzt fest zu.
THESPIS steht für ein Theater künstlerischer Vielfalt. In Soloproduktionen werden brandaktuelle, genauso wie zeitlose Schlüsselthemen, das Leben im post-diktatorischen (post-faktischen) Zeitalter, internationale Konflikte von Reichen und Mächtigen, den Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit bearbeitet.
Frauenpower bei THESPIS 2016
Meine Eindrücke dieser Novemberwoche hallen nach: Bereits bei der Eröffnung rennt Kristien de Proost (Belgien) ON TRACK auf einem Laufband um ihr Leben oder vor demselben davon, kommt nicht voran und schwitzt alles recht offensichtlich heraus. Sie stählt den Körper als Frau, Vamp, Hure. Zum Schluss eifert sie nackt – wie ehemals CHER – als indianische Urfrau gegen die Öde, die Langeweile, das Nichts.
Pip Utton steht als Margaret Thatcher Rede und Antwort. Er gibt den Sohn eines Minenarbeiters, der Abend für Abend die Eiserne Lady spielt, der eigentlich glücklich war, dass auf Grund der Thatcher Politik sein Vater den Job tief unter der Erde verlor. Aber niemand mochte mehr den Kontakt zu ihm, dem Verräter an der Ehre der Armen, der allabendlich in diese Rolle schlüpft.
Mira, die Puppenverkäuferin (Souad Janati), ein Stück von Hichem Boussahela, Algerien, stellt mehrere Phasen ihres Lebens vor. Im Umfeld von Liebe und dem Horror von Terror und Faschismus, unterliegt sie Akten von Gewalt und deren nachhaltigen Auswirkungen. Gekonnt vermittelt von einer stimmlich breitgefassten Schauspielerin mit starker Bühnenpräsenz und Ausstrahlung.
ELISABETH I., geschrieben und interpretiert von der Engländerin Rebecca Vaughan, inszeniert von Guy Masterson, ein Stück für Historienliebhaber erforscht den Kampf der Königin, die Wünsche von Weiblichkeit mit den Pflichten eines Souveräns in Einklang zu bringen.
Unter dem Aspekt psychologischer Auseinandersetzung mit der Unzulänglichkeit des eigenen Lebens, der Bewältigung eines Seins im Wir des Alltags, verbringt die japanische Künstlerin Nozomi Satomi seit Jahren ihr “Life In A Bag”. Sie überrascht in der diesjährigen Ausgabe vor allem mit dem Verschwinden in einem überdimensionalen Briefumschlag und dem gelungen Versuch, sich daraus letztendlich unversehrt zu befreien. Mehr noch streift sie die Hüllen des Alltags ab und entsteigt der Enge des Objekts wie ein Phönix der Asche: sehr positive asiatische Lebensauffassung.
Nelli Schahnazarian aus Armenien will als “Eine unter Vielen” der bedrückenden Enge einer unverheirateten Mitdreißigerin entfliehen. Sie nahm die Ehe auf sich, vernachlässigte für ihren Mann ihre intellektuellen Bedürfnisse, was unweigerlich den Absturz in die Öde der farblosen Allgemeinheit mit sich zog; sie “verkommt” zu “Eine unter Allen”.
Eine starke ANTIGONE wartete beim Thespis Festival auf.
Die Litauerin Birute Mar verstand es, Sophocles in ein zeitgenössische Monodrame zu fassen. In fast allen Charakteren kam sie rüber, unterstützt von Video-Bildern, die zugleich den überdimensionalen Chor der antiken Tragödie ausmachten. Gut durchdachte und entwickelte handwerkliche Arbeit, die das Publikum begeisterte.
VON VORNE UND VON HINTEN nach einer polnischen Novelle wurde gekonnt in Szene gesetzt von Mateusz Nowak. Er stellte Kontraste des 18.Jahrhunderts, nicht nur in seinem überdimensionalen Kostüm, in männlich, weiblich dar. Er hob ab in Sphären des Idiotismus, Allen und Allem voran der König – oder scheint dieser etwa Platzhalter für einen anderen Oberen in Polen zu sein? Diese Idee gefiel mir prächtig und hoffentlich war ich nicht alleine damit!
SHALL WE DANCE, eine israelische Produktion, wollte uns scheinbar in die Welt von Folk- und Gruppentanz verführen. Wie einfältig wäre das geworden, wenn nicht Yoav Bartel, step-by-step, sich als Militärdienst-Pflichtiger Grenzpatrouilleur geoutet hätte, der am inneren Kampf eines jungen Soldaten in der aktuellen israelischen Gesellschaft strauchelt. Hier bedurfte es sehr langer Einfühlzeit, um hinter den vordergründig so lockeren Tänzer zu blicken, um dann bedrückt die Vorstellung zu verlassen.
Männer und Monodramen
Zwei Männer – zwei Monodramen – zwei überzeugende Charaktere – zwei grausame Wahrheiten:
Der Kieler Schauspieler Marius Borghoff überzeugte in schockierender Weise als “Dany”, ein an der Globalisierung gescheiterter Ehemann, Vater, Mittelschicht Bürger in Tim Price’s PROTEST SONG. Ein Obdachloser wähnt sich im Glauben, in einem Occupy Camp eine neue Heimat gefunden zu haben. Der Schein trügt, Zufallsereignisse lassen erneut Gewalt aufkommen, von ihm und gegen ihn, ein intelligenter Blick tief in die Realität der Occupy Bewegung. Die wirft ihn zurück auf die Straße, auf sich alleine gestellt. Wir kennen ihn, wir kennen so viele von ihnen aus allen Städten. Borhoff war schauspielerisch wohl einer der Beeindruckendsten.
Der Ire Donal O’Kelly, ein erfolgreicher Autor, Schauspieler und Regisseur, vermischte in FIONNUALA “Shell-Realität” beim Tunnelbau und irische Legenden, Mythologie und Wahrheit verschmolzen zu einem verbalen irischen Bühnenkunstwerk.
Zwei Männer, zwei Welten, zwei Geschichten, dramatisch, manchmal lustig, zwei grausame Weihnachtsmärchen, wenn sie dann gut ausgingen. … “doch die Verhältnisse, sie sind nicht so …” (B. Brecht)
Philipp Hochmair’s JEDERMANN rockte Kiel. Der Festivalhöhepunkt
Vor fast genau 105 Jahren wurde “Jedermann”, das Spiel vom Sterben des reichen Mannes von Hugo von Hofmannsthal in Berlin unter der Regie von Max Reinhardt uraufgeführt. Seit 1920 wird das Stück jedes Jahr bei den von Reinhardt und Hofmannsthal begründeten Salzburger Festspielen gespielt.
Grund genug, diesem Werk ein neues Outfit zu geben, mehr noch, es in 2015/16 zu reloaden. Dies ist Schauspieler Philipp Hochmair zusammen mit Tobias Herzz Hallbauer, Jörg Schnittkowski und Alvin Weber ausgezeichnet gelungen. Ein vielstimmiges Sprechkonzert nennen es die Vier. Wie ein Rockstar erkämpfte sich Hochmair (wie stets mit ganzem Körpereinsatz) die Geschichte vom Leben und Sterben des reichen Mannes. Geld ist für Jedermann etwas ganz Besonderes, etwas Pseudo-Göttliches. Und das brachte Hochmair bestens rüber, der die original Textsprache gelungen einbettete. Er bewegte sich gekonnt durch alle notwendigen Figuren. JEDERMANN RELOADED ist kein zersägter Hofmannsthal, er bleibt transparent und nachvollziehbar erhalten.
Getrieben von Gitarrenriffs und experimentellen Sounds der “Elektrohand Gottes” (wie sich die Truppe nennt) wird Jedermann, bei dem sich einem im November 2016 unweigerlich der Name Trump aufdrängen möchte, erkennbar in seiner unstillbaren Gier nach Geld, Liebe und Rausch. Zwischen Leben und Tod katapultiert ihn die Musik in Ekstase, mit der sich der Untote ins Grab singt.
Blick in eine mögliche Monodrama Zukunft
Hochmair rockte Kiel und die Kieler und ihre internationalen THESPIS Gäste feierten diesen besonderen Jedermann in einem ausverkauften Schauspielhaus. Hochmair spricht mit seiner Version Jung und Alt an, ein gelungener Abend im Rahmen des Monodrama-Festivals. Jolanta Sutowicz bescherte damit ihrem Festival zum 10.Jubiläum nicht nur ein absolutes Highlight. Sie hat sicher damit auch eine Richtung aufgezeigt, mit der Monodrama aus der allgemeinen Krise des nachgesagt Gestrigen und der Überalterung in eine Zukunft blicken kann. Eine win-win Situation.
Storyteller – Geschichten und ihre Erzähler
Aus arabischen Länder sind uns Geschichtenerzähler bekannt. Mit ihrer langen Tradition bereichern sie seit jeher diese Kulturkreise, lange vor schriftlicher Überlieferung. Als feste Größe spielten sie ihre Rolle auch im Monodrama, in unterschiedlichster Provenienz und Inhalt.
“Mysterious Gift” lautete eine Show des Iraners Yager Khaseb, einem non-verbalen Geschichtenerzähler in Bewegung und unter Hinzunahme einer Puppe. Puppen müssen nicht immer lieblich sein, es geht auch ganz schön aggressiv in grenzüberschreitender kunstvoller Sprache.
Drei weitere Vertreter dieser Gattung gaben ihre Stories und sich selber beim THESPIS zum Besten. Stephen Ochsner, Absolvent der Oklahoma Universität und der Moskauer KunstTheater Schule, lieferte einen frühen Text von Ivan Viripaev in rhythmisch gekonnter Maximalgeschwindigkeit, ebenso gekonnt inszeniert von seiner armenischen Ehefrau Zara Antonyan. Drei Sprachen, drei Welten. Aus der Republik Südafrika gastierte der unwiderstehliche Kurt Egelhof mit seiner Familiengeschichte. Der Film- und Theaterdarsteller, Regisseur und Produzent unterhielt damit das Publikum aufs Amüsierlichste, so wie er jeden, den er trifft, aus tiefstem Herzen anspricht, ein “24-Stunden-Akteur” eben.
Aleksandras Rubinovas aus Litauen gehörte zum Vertreter der eher leisen, gemächlichen Erzählweise. Als Koba (Stalin) und sein bester Freund malt mit düsteren Farben die Angst, die jeweils hinter Diktatoren, Tyrannen und Autokraten und ihrer verwerflichen Kriminalität steht.
Er braucht nicht mehr zurück zu kommen
Als ADOLF führte Pip Utton die Zuschauer in die Untiefen der eigenen Seele. Er spielt den Diktator im ersten Teil, im zweiten führt er das Publikum vor. Grausam förderte er tief verborgene rassistische Wünsche zu Tage. Diese werden normalerweise von der Kultur bewältigt. Doch was, wenn nicht? So aktuell wie heute im postfaktischen Zeitalter war sein Stück wohl kaum in den vergangenen 20 Jahren. Seine Conclusio halt noch lange nach: “ADOLF braucht nicht zurückzukehren, denn er war nie fort!”
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PPS-Promotion-Presse-Service berichtet seit 2005 über das Ballett der Staats- und Volksoper Wien, covert das Int. Istanbul Music Festival und die Istanbul Biennale sowie die Music Biennale Zagreb (seit 2007). Für 2008 sind das Int. Springfestival, das Herbstfestival und Fringe Festival Budapest, das Zemplén Festival im Länderdreieck Ungarn-Ukraine-Slowakei, sowie Wratislavia Cantans (PL) hinzugekommen. In 2008 wurde PPS eingeladen, für das Int. Theaterfestival Bukarest und Timisoara, sowie 2009 für das Underground Festival Arad, (RO), das Libertas Dubrovnik Summerfestival und ZFF Zurich Film Festival zu berichten. Hinzu kam eine jährliche Zusammenarbeit mit zuerich.com/Zürich Tourismus und Stadtmarketing in Zusammenarbeit mit a42. Agentur für Tourismusmarketing.
2010 berichteten wir erstmalig vom BITEI-Theaterfestival in Chisinau/Moldau unter dem Aspekt der Information über Ost-West-Theater in vorwiegend russisch sprechenden Ländern. 2011 ist das Internationale Theaterfestival Sibiu/Hermannstadt (RO) hinzugekommen; weiterhin berichtet PPS für die Philharmonie (Müpa) Palast der Künste, Budapest (HU). Anlässlich des 3. Int. Theaterfestivals Tbilisi (Tiflis, Georgien) und des 1. Festival of Puppet Theatre, Sachalin, Russland, waren wir 2011 alleinig als deutsche Pressevertreter eingeladen. 2012 wurde die Leitung von PPS als europäischer Beobachter, Berichterstatter und internationaler Juror zum 30. Fadjr Festival nach Teheran gebeten. Das Jahr endete mit der erfolgreichen PR-Kooperation für Janacek-Musikfestival, Brünn (CZ). Seit Anfang 2013 hat die Ungarische Staatsoper, Budapest, unsere Agentur zur regelmäßigen Berichterstattung gebeten. 2015 hat die Kooperation mit dem Staatlichen Akademietheater Opereta Kyiv , 2016 mit Int. Monodrama Festival Fujairah (UAE)und Int. Scientific Conference of The Academy of Arts, Kairo.
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