Ein Beitrag von Toni Ivanov und Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, zum Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 20. Mai 2014 – 2 Sa 17/14.
Ausgangslage:
Verstößt eine Partei gegen die durch das Arbeitsverhältnis begründeten Pflichten, könnte dies einen Grund für eine Kündigung darstellen. Davor muss aber normalerweise eine Abmahnung erteilt werden, die der schuldigen Partei die Möglichkeit einräumt, das abgemahnte Verhalten zu unterlassen. Will der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen, so muss er das abzumahnende Verhalten möglichst genau beschreiben, es als Vertragsverstoß bewerten und klar machen, dass der abgemahnte Arbeitnehmer beim wiederholten Verstoß mit einer Kündigung rechnen muss. Mahnt der Arbeitgeber an, ohne dass der Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung begeht, liegt eine unrechtmäßig ausgesprochene Abmahnung vor, die wiederum eine Vertragsverletzung des Arbeitgebers darstellt. In diesem Fall kann der zu Unrecht abgemahnte Arbeitnehmer die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte verlangen.
Fall:
Der Kläger war als Ausbildungsberater eingesetzt. Auf die E-Mail-Anfrage eines Lehrgangsteilnehmers betreffend eine Prüfung antwortete er, es dürfte „eigentlich selbstverständlich sein, dass man sich dort anmeldet wo man sich auch zur schriftlichen Prüfung angemeldet hat. Dass Anmeldungen nicht auf Zuruf erfolgen können, sollte ebenfalls klar sein.“ Als der Kunde die Antwort als unfreundlich beanstandete, antwortete ihm der Kläger unter anderem: „Nach heute mittlerweile ca. 20 Anrufen von angehenden Meistern bleibt die Freundlichkeit einfach aus.“ Der Arbeitgeber beurteilte die bei der Korrespondenz geäußerte Unhöflichkeit als einen Vertragsverstoß und erteilte eine Abmahnung.
Entscheidung des LAG:
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein wies, ebenso wie das Arbeitsgericht, die Klage des Arbeitnehmers ab. Laut der Entscheidung ist eine Abmahnung unberechtigt, wenn das abgemahnte Verhalten entweder nicht genau beschrieben ist, die Abmahnung unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder unverhältnismäßig ist. Im vorliegenden Fall war keines dieser Merkmale gegeben. Vielmehr hat der Kläger seine Hauptaufgabe, die Kommunikation mit Lehrgangsteilnehmern, nicht ordnungsgemäß erfüllt, indem er mehrmals unfreundliche Emails rausgeschickt hat.
Fachanwaltstipp für Arbeitnehmer:
Bei Jobs mit Kundenkontakt sollen Sie als Arbeitnehmer höflich und freundlich gegenüber den Kunden bleiben. Rechtlich gesehen unterliegen Sie in diesem Fall einer arbeitsvertraglichen Pflicht, die auch durch rauen Ton oder unhöflichen, nicht unbedingt beleidigenden Schriftverkehr verletzt werden kann. Verhält sich ein Arbeitnehmer gegenüber Kunden unfreundlich und damit arbeitsvertragswidrig, dann darf ihn der Arbeitgeber abmahnen. Eine fristlose Kündigung ist jedoch nicht vor der Abmahnung zu befürchten.
15.09.2014
Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.
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