Alzheimer: Neue Technik ermöglicht frühe Erkennung

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Nuklearmedizinische Bildgebung deckt frühzeitig zerstörerische Ablagerungen auf

(Wien, 26. Juli 2016) Neue nukleare Bildgebungsverfahren helfen, ein Schlüsselelement der Alzheimer-Krankheit viel früher und zielgenauer aufzuspüren als bisher. Kürzlich entwickelte Tracer (Spürsubstanzen), die in der Positronen-Emissions-tomographie (PET) eingesetzt werden, machen Tau-Fibrillen im Gehirn sichtbar. Erstmals lassen sich diese Ablagerungen, die schwere neuronale Fehlfunktionen verursachen, in den Gehirnen von Alzheimer-Patienten „live“ feststellen und untersuchen – und zwar lange bevor geistige Einschränkungen sich bemerkbar machen. „Dies ist ein wichtiger Schritt zu unserem Ziel, wirksame Medikamente für die Bekämpfung und Heilung von Alzheimer zu entwickeln“, sagt Dr. Silvia Morbelli, Expertin der Europäischen Gesellschaft für Nuklearmedizin (European Association of Nuclear Medicine / EANM).
Hinsichtlich der Ursachen und des Fortschreitens von Alzheimer sind viele wichtige Details noch ungeklärt. Aber aktuelle Forschungen im Bereich der nuklearen Bildgebung haben jetzt einen bedeutsamen Durchbruch bei der Diagnose gebracht. Das weckt Hoffnungen auf eine frühzeitige Entdeckung der Erkrankung und gezielte Therapieansätze. In den letzten Jahren war es dank PET-Bildgebung bereits möglich, Beta-amyloid-Plaques (eines der Kennzeichen von Alzheimer) in den Bereichen zwischen den Nervenzellen aufzuspüren. Jetzt erlauben neu entwickelte PET-Tracer, auch Tau-Ablagerungen in den Gehirnen von Alzheimer-Patienten festzustellen. Das Tau-Protein ist ein wichtiger Baustein im sogenannten Zytoskelett, das für das einwandfreie Funktionieren der Nervenzellen im Gehirn entscheidend ist. Bei Alzheimer-Patienten durchläuft dieses Protein Veränderungen, die zum Zusammenbruch des Zytoskeletts führen. Zugleich verklumpen ungebundene Tau-Proteine und bilden Neurofibrillen-Bündel. Die schädlichen Auswirkungen dieser Tau-Fibrillen auf die Hirnfunktionen sind sogar eindeutiger nachgewiesen als die des Beta-amyloids, was diese Tau-Ablagerungen zu Hauptverdächtigen bei der Entstehung von Neurodegenerationen machen. Vor diesem Forschungserfolg konnte man die Tau-Fibrillen nur in den Gehirnen Verstorbener untersuchen.

Das Zerstörungspotential von Tau wird durchleuchtet
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse konnte nun eine im Bereich der neuronalen Bildgebung aktive Forschergruppe des Universitätskrankenhauses Köln Tau-Fibrillen bei Alzheimer-Patienten exakt verorten, messen und den entsprechenden neuronalen Fehlfunktionen zuordnen. Während die neuen Tracer speziell der Messung der Tau-Fibrillen dienten, setzte man gleichzeitig bei denselben Testpersonen noch Amyloid-Tracer ein, um die Plaques zu messen sowie radioaktiv markierten Traubenzucker für die Untersuchung neuronaler Fehlfunktionen. Eine Verknüpfung zwischen Hirnablagerungen und neuronalen Defekten ließ sich nur für die Tau-Fibrillen, nicht aber für die Amyloid-Plaques feststellen. Das unterstreicht die Rolle des Tau-Proteins für die Alzheimer-Entstehung. „Dass die bestehende Amyloid-Bildgebung nun in Verbindung mit der Tau-Bildgebung eingesetzt werden kann, versetzt uns in die Lage, diese Prozesse bei Patienten viel umfassender zu untersuchen“, sagt Dr Silvia Morbelli.

Neue Behandlungswege eröffnen
Während es bei bildgebenden Verfahren rasante Fortschritte gibt, hinkt die Entwicklung wirksamer Therapien noch hinterher. Vor diesem Hintergrund hat sich die Amyloid-Bildgebung bereits bewährt, denn mit ihr lassen sich Plaques 10 bis 15 Jahre vor dem Einsetzen kognitiver Symptome identifizieren. Nun gibt es dieselbe Möglichkeit um Tau-Fibrillen nachzuweisen. Auch wenn sich Alzheimer bislang nicht heilen lässt, so können bestimmte Medikamente doch die Symptome verringern und auf diese Weise die geistigen Fähigkeiten des Patienten bis zu einem gewissen Grad und für eine begrenzte Zeitspanne erhalten. „Die nun verfügbaren Tau-PET-Liganden erlauben es Pharmaunternehmen, die neue Arzneimittel entwickeln, mit denen Alzheimer gestoppt oder rückgängig gemacht werden soll, ihre Präparate bereits in einem frühen Stadium der Krankheitsentwicklung zu testen und zu überwachen. Je eher eine Behandlung beginnt, desto größer sind die Chancen auf Wirksamkeit“, sagt Prof. Antony Gee, Vorsitzender des Komittees für Arzneimittelentwicklung der EANM. Viele klinische Studien, die das krankheitslindernde Potential von Medikamenten testen, stehen zurzeit nur solchen Alzheimer-Patienten offen, bei denen Amyloid-Plaques mittels PET sichtbar wurden. Dank der Entdeckung von Tau-PET-Tracern kommen nun für die Erprobung neuer Alzheimer-Medikamente auch Aufnahmekriterien in Frage, die sich auf Tau-Fibrillen erstrecken. „Wenn wir die klinischen Folgen der gegen Tau und der gegen Amyloid gerichteten Wirkungen genauer unterscheiden, wird das dazu beitragen, klinische Studien effektiver zu machen und zu beschleunigen“, erklärt Dr. Silvia Morbelli.
Mehr noch: Es steht zu erwarten, dass die neuartigen Tau-Tracer auch die Erforschung und Diagnose von neurodegenerativen Erkrankungen voranzubringen helfen, die nicht mit Alzheimer verwandt sind, bei denen aber Tau-Ablagerungen eine ähnlich zentrale Rolle spielen. Dazu gehören andere Formen von Demenz ebenso wie Parkinson.
Was ist Nuklearmedizin? Ein kurzes Erklär-Video finden Sie hier.
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