Was in sozialen Netzwerken häufig als gegeben akzeptiert wird und ungeahndet bleibt, kann im Arbeitsleben böse arbeitsrechtliche Folgen haben. Ein rechtskräftiges Urteil und wie es dazu kam.
Das Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein wies in einem Urteil (Az: 3 Sa 244/16), die Klage eines fristlos gekündigten Arbeitnehmers eines Handwerksbetriebes zurück, der seinen Chef nach einem Streit ein „soziales Arschloch“ genannt hatte.
Die Härte des Urteils wird vor allem mit Aspekten der Uneinsichtigkeit des Klägers begründet:
Der 62 Jahre alte Kläger war in der Nähe von Hamburg bei einem kleinen Installateurbetrieb mit 6 Mitarbeitern – davon 3 Mitgliedern der Inhaberfamilie – beschäftigt. Am 15. Februar 2016 kam es zu einem Wortwechsel zwischen dem Kläger und dem Vater des Geschäftsführers, der früher den Betrieb geführt hatte. Der Kläger verließ grußlos den Raum. Dabei hörte er, wie der eine Geschäftsführer das sinngemäß mit den Worten kommentierte: „Kinderkram/Sind wir hier im Kindergarten?“ Am nächsten Morgen kehrte der Kläger in das Büro zurück. Er äußerte in einem gereizten Wortwechsel mit den Geschäftsführern, dass der Geschäftsführ gerne den Chef raushängen lasse und dass sich dessen Vater ihm gegenüber wie ein „Arsch“ benommen habe. Der Geschäftsführer sei auf dem besten Wege, seinem Vater den Rang abzulaufen. Auf die Worte des Klägers: „Dann kündigt mich doch.“ erwiderte der Geschäftsführer: „Damit wir dann als soziale Arschlöcher dastehen.“ Der Kläger gab zur Antwort, dass die Firma dies sowieso schon sei. Nach dem Gespräch arbeitete der Kläger zunächst noch weiter und wurde abends für drei Tage von der Arbeit freigestellt. Als sich der Kläger auch dann noch nicht entschuldigt hatte, kündigte der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich.
Der Kläger wendete sich mit seiner Kündigungsschutzklage gegen diese Kündigung. Seine Äußerungen seien durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Er habe aus einem Affekt heraus gehandelt und sei durch den Geschäftsführer sowie dessen Vater provoziert worden.
Die Klage blieb sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Bei groben Beleidigungen kann sich ein Arbeitnehmer nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen. Die Äußerungen des Geschäftsführers und des Vaters stellen keine Provokationen dar. Von besonderem Gewicht ist die 16-stündige Zeitspanne zwischen den beiden Gesprächen, die eine Affekthandlung ausschließt. Einer Abmahnung bedurfte es hier gerade wegen der fehlenden Entschuldigung und der auch noch in der Berufungsverhandlung fehlenden Einsicht des Klägers, sich gegenüber dem Arbeitgeber falsch verhalten zu haben, nicht. Es war der Beklagten als kleinem Familienbetrieb nicht zuzumuten, das über 23 Jahre andauernde Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (30. September 2016) fortzusetzen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Autorin in Rechtsanwältin Johanna Steinle. Sie ist Anwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei der Rechtanwälte Reissner, Ernst & Kollegen in Augsburg und Starnberg.
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