Was der Europäische Gerichtshof angestoßen hat, scheint die Kirche nun in Bewegung zu bringen.
Wird das kirchliche Arbeitsrecht neu ausgerichtet?
Im Auftrag der deutschen Bischofskonferenz bemüht sich derzeit eine Arbeitsgruppe, das kirchliche Arbeitsrecht neu zu konzipieren. Die Kirche kann und will es sich womöglich nicht länger leisten, Arbeitnehmern zu kündigen, weil deren persönliche Lebensführung nicht dem entspricht, was von der Kirche lange Zeit verlangt wurde (keine Homosexualität, keine Ehescheidung, usw.).
Klare Ansagen aus Luxemburg
Eine gewisse Öffnung entspräche dem, was der EuGH im vergangenen Jahr zum kirchlichen Arbeitsrecht entschieden hat.
So stellte der EuGH mit Urteil vom 17.04.2018, Az.: C-414/16, fest, dass die Kirchen nicht frei sind in der Festlegung von Stellenprofilen für Bewerber. Das Verlangen einer Kirchenzugehörigkeit sei bei Stellenausschreibungen nur erlaubt, wenn dies für die Ausübung der Tätigkeit eine „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung“ darstelle.
Erhebliche Praxisrelevanz kommt einem weiteren Urteil der Luxemburger Richter mit dem Az.: C-68/17 zu. Es ging in dem zugrunde liegenden Rechtsstreit um die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus, weil dieser eine zweite Ehe eingegangen war.
Kirchliche Kriterien versus berufliche Anforderungen
Nach der Rechtsprechung des EuGH muss die Entscheidung einer Kirche, an Ihre leitenden Mitarbeiter bestimmte Anforderungen im Sinne der kirchlichen Vorgaben zu stellen, Gegenstand einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle sein. Die nationalen Gerichte müssten bei dieser Kontrolle prüfen, ob die Religion im Hinblick auf die Art der betreffenden Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.
Einen Wink mit dem Zaunpfahl gab der EuGH den nationalen Gerichten gleich mit: Es erscheine „zweifelhaft, ob die Akzeptanz des von der katholischen Kirche befürworteten Eheverständnisses für die ärztliche Tätigkeit eines Chefarztes wirklich eine wesentliche berufliche Anforderung darstellt“.
Autorin ist die im Arbeitsrecht tätige Anwältin Johanna Steinle in der überregional aktiven Kanzlei der Rechtsanwälte Reissner Ernst & Kollegen, Augsburg / Starnberg.
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