Autor und Komiker Robert Wringham definiert Menschen nicht nur über ihren Beruf
Von Ansgar Lange +++ Arbeit und Konsum bestimmen das Leben der Menschen in der westlichen Welt. Viele fühlen sich dabei wie in einem Hamsterrad. Auch wenn die beiden Ersatzreligionen der modernen Welt viele nicht glücklich machen, sehen diese doch kein Entrinnen. Der britische Autor und Komiker Robert Wringham schlägt in seinem Buch “Ich bin raus” einen anderen Weg vor: Man solle lieber das tun, wozu man wirklich Lust habe, als 40 Stunden in der Woche in einen Job eingezwängt zu sein, den man hasse. Der Verzicht aufs Handy, auf den Fernseher und das Auto machten frei. “Meine Frau und ich lesen uns im Bett Geschichten vor oder haben Sex, anstatt eine Serie zu schauen”, hat Wringham der “Süddeutschen Zeitung” http://www.sueddeutsche.de gesagt. Und er finde es verkehrt, Menschen nur über ihren Beruf zu definieren. Arbeit sei nicht alles. Daher antworte er auf die typische Smalltalk-Frage, womit er seinen Lebensunterhalt verdiene: “Mit nichts”.
Sein Buch “Ich bin raus” (Heyne) will Wege aus der Arbeit, dem Konsum und der Verzweiflung weisen, so der Untertitel. Kritiker haben Wringham jedoch vorgeworfen, sein “eskapologisches Programm” sei nur etwas für eine qualifizierte Minderheit, gleichsam ein elitäres Projekt. Wringham hingegen betont, dass Angst ein schlechter Ratgeber sei und sich viele Menschen, die in ihrem Angestelltenjob todunglücklich seien, sich aus einem falschen Sicherheits- und Rentendenken heraus gar nicht trauten, etwas anderes auszuprobieren. Mindestens 40 Stunden in der Woche einer entfremdeten Tätigkeit nachzugehen, nur um das verdiente Geld anschließend in einer Art Konsumrausch für alle möglichen Dinge auszugeben, die man eigentlich nicht braucht, findet der frühere Bibliothekar unsinnig. 2007 gründete er daher auch das Magazin New Escapologist, welches sich Auswegen aus der Arbeitsfron widmet.
Angst ist ein schlechter Ratgeber
Michael Zondler, Geschäftsführer des Personalberatungsunternehmens CENTOMO http://www.centomo.de+, hält Wringhams Denkansatz grundsätzlich für interessant. “In Stuttgart, dem Standort unseres Unternehmens, gilt ja eher die Devise “Schaffe, schaffe, Häusle baue”. Ich weiß nicht, ob Robert Wringhams Ideen viele Freunde in der hiesigen Wirtschaftswelt fänden. Aber man erreicht ja oft nur Aufmerksamkeit, wenn man überzeichnet. Generell glaube ich nicht, dass alle Menschen das Lebens- und Arbeitsideal von Wringham umsetzen könnten. Manche Menschen lieben schlicht ihre Arbeit, andere frönen dem Konsum, weil dieser für sie Lebensgenuss bedeutet.”
Zondler ist der Ansicht, dass sich einige Denkanstöße von “Ich bin raus” durchaus umsetzen ließen. “Es stimmt, Angst ist ein schlechter Ratgeber fürs Leben. Das bedeutet, dass man die eigene Unzufriedenheit im Job nicht einfach über Jahrzehnte passiv und klaglos hinnehmen sollte. Wringhams Vorschlag, eine Art Lebensbilanz zu ziehen und Buch zu führen, ist richtig. Auf Basis dieser regelmäßigen Bilanz sollte man dann eigenverantwortlich Veränderungen anstreben. Es ist auch richtig, dass man sich wie eine Art Mini-Unternehmer betrachten und Fixkosten reduzieren sollte. Sich von dem zu trennen, was man nicht wirklich braucht, bringt persönliche Freiheit und im besten Fall auch finanzielle Ressourcen. Teilzeitarbeit wäre auch ein praktikabler Ansatz für Menschen, die sich nicht genügend mit ihrem Beruf identifizieren. Wer an einem oder zwei Werktagen in der Woche das tun kann, wozu er Lust hat und die finanziellen Einbußen dabei einkalkuliert, kann ein glücklicherer und produktiverer Mensch sein. Und auch Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern mehr Lebenszeit schenken und ihre Arbeitszufriedenheit steigern. Immer mehr Menschen pendeln. Sie verbringen oft zwei Stunden und mehr im Auto oder in der Bahn. Das kann auf Dauer krank und unglücklich machen. Wer zum Beispiel seinem Angestellten die Möglichkeit gibt, freitags von zu Haus aus zu arbeiten, reduziert dessen Stress oft ganz gewaltig.”
Automatisierung und Outsourcing, da ist sich Wringham sicher, seien eine gute Gelegenheit, dass zumindest Teile seiner Arbeitswelt-Utopie Wirklichkeit werden.
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