Der Frankfurter Flughafen hält durchaus einen Vergleich mit einer mittelgroßen Stadt wie z.B. Ingolstadt stand – zwar nicht flächenmäßig, aber hinsichtlich des Stromverbrauches. Um einen reibungslosen Betrieb des Flughafens zu gewährleisten, betreibt die Fraport AG vier Umspannwerke und 478 Transformatoren mit einer Transformatorleistung von ca. 370 MVA, wovon 55 MVA als Notstrombedarf abgedeckt werden kann. Dazu sind Leittechniken mit einer Gesamtpunktzahl von 44.000 im Einsatz.
2008 wurde entschieden, die Trafoanlagen im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens zu modernisieren. Die Anschlussmöglichkeiten für die Sicherheitsstromversorgung waren ausgereizt. Das traf vor allem auf die Trenner für zukünftige Erweiterungen in den Abgangsfeldern zu, die nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung standen. Für die druckluftbetriebenen Leistungsschalter gab es kaum noch Ersatzteile. Aufgrund der Überarbeitung der Leitungsanlagenrichtlinie (LAR) Anfang der 2000er Jahre, die nun eine technische und bauliche Trennung von Allgemeinstromversorgung (AV) und Sicherheitsstromversorgung (SV) vorschreibt, sahen sich die Fraport Ingenieure insgesamt mit einem hohen technischen Sanierungsbedarf konfrontiert. Insgesamt mussten die Niederspannungshauptverteilungen von 14 Trafostationen im Terminal 1 bei laufendem Betrieb saniert bzw. ausgetauscht werden.
Für die fachgerechte Umsetzung der neuen Sicherheitsanforderung griffen die Fraport-Verantwortlichen für die Modernisierung der Stromversorgung im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens auf einen langjährigen und bewährten Partner zurück: die Striewisch Ingenieurgesellschaft mbH aus Essen. Sie war für Projektüberwachung und -koordination sowohl im Bereich der Technischen Gebäude Ausrüstung als auch für die Elektrotechnik verantwortlich. Für die Striewisch Ingenieure kam bei aller Komplexität der Planungs- und Koordinierungsarbeiten noch erschwerend hinzu, dass sämtliche Umbaumaßnahmen, vor allem die Eingriffe in den Kern der Energieversorgung, bei laufendem Terminal-Betrieb erfolgen mussten.
Das heißt, Brandmeldeanlagen, Brandschutzklappen, Sprinklerpumpen, CO2-Löschanlagen, Entrauchungsanlagen und die Sicherheitsbeleuchtung mussten während der Umschwenkarbeiten ebenso unterbrechungsfrei mit Strom versorgt werden wie die publikumssensiblen Gepäckförderanlagen und die Frühgepäckspeicher sowie der Late-Night-Check-in.
Aufgrund der bauaufsichtlichen Vorgaben mussten aber erst noch komplexe Baumaßnahmen vorgenommen werden, bevor man mit der Sanierung und Modernisierung der Elektrotechnik beginnen konnte. Denn die vorhandenen Schaltanlagen bzw. -Unterverteilungen der AV und der SV teilten sich bis dahin die Schaltanlagenräume. Entsprechend der Leitungsanlagenrichtlinien mussten aber die vorhandenen Abgangstrenner zu den SV-Verbrauchern räumlich und technisch getrennt sein. Zu diesem Zweck mussten die Räume durch Brandschutzwände abgetrennt und die SV gekapselt sowie Lüftungs-, MSR-, Löschanlagen und Brandschutzklappen installiert werden. Die nicht zur NSHV gehörenden Schaltschränke, wie Panikverteiler, USV-Anlagen, Beleuchtungssteuerungen mussten in separaten Räumen untergebracht werden.
Vor der eigentlichen Sanierung der Flughafen-Elektrik im Terminal 1 stand für die Striewisch Ingenieure eine umfassende Aufnahme aller Bestandsdaten auf der Agenda. Ein zeitaufwendiges Unterfangen, da es bis in die 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts nicht immer die Regel war, derartige Daten strukturiert zu erfassen und zu dokumentieren. So wurde vorsichtshalber jeder einzelne Stromkreis, der umgeschwenkt werden musste, mit Hilfe des Fraport-Betriebes daraufhin überprüft, welcher Verbraucher an der betreffenden Stromleitung hing, um sicher zustellen, dass auch der richtige Verbraucher abgeschaltet wurde. Sodann wurden in enger Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen des Fraport die Abschaltpläne entwickelt. Im Detail war zu klären, ob die Schaltanlage kritische Wirkbereiche versorgt, womit die Trenner belegt sind, wann abgeschaltet werden kann – tagsüber oder besser nachts – und ob Ersatzmaßnahmen nötig sind.
In regelmäßigen Abschaltkoordinationsrunden wurden die Abschaltpläne besprochen und genehmigt. Abschließend mussten die Striewisch Ingenieure noch eine sogenannte Baufreigabe für die entsprechenden Abschaltbereiche einholen. Erst dann wurden die Schaltaufträge zur Erlangung der Schaltfreigabe geschrieben und Ersatzmaßnahmen für eine optionale Noteinspeisung vorbereitet. Vor und nach allen Abschaltungen wurden die Sicherheitsstelle, die Feuerwehr und die haustechnische Leitwarte darüber informiert, wo im Brandfall kein Strom zur Verfügung stand.
Um eine unterbrechungsfreie Stromversorgung während des Umschwenkens zu garantieren, hat man Sonderbauteile, so genannte „Dummies“ zur provisorischen Einspeisung der SV-Abgangskabel vor der Trennung entwickeln lassen, die in einem Hochspannungslabor auf Kurzschlusssicherheit aufwendig getestet wurden. Die Dummies wurden nach Abschalten des Lasttrennschalters sowie zur Prüfung auf Spannungsfreiheit vom zuständigen Monteur eingebaut, angeschlossen und zugeschaltet, um die SV der kritischen bzw. publikumssensiblen Bereiche im Terminal 1 sicherzustellen und die Funktionsfähigkeit der entsprechenden Bereiche zu garantieren, obwohl die SV-Einspeisung an den alten NSHV Anlagen getrennt worden war. Insgesamt wurden 1.200 Abgänge zu Unterverteilern umgeschwenkt.
Um den Flughafenbetrieb nicht unnötig zu belasten, gingen die Errichtung der SV-Zuleitungen von den neuen Schaltanlagen und das Umschwenken vorwiegend nachts vonstatten. Deshalb waren bei den nächtlichen Umschwenkarbeiten stets zwei sogenannte Abschaltkoordinatoren für eventuelle Störfälle während der gesamten Projektlaufzeit vor Ort. Insgesamt arbeiteten im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung und der Elektrik während der Projektlaufzeit ständig acht Striewisch-Ingenieure im Wechsel im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens.
Heute verfügt der Terminal 1 des Frankfurter Flughafens über zwei baulich und technisch getrennte AV/SV-Stromversorgungen, die die Sicherheit, Leistung und Abgangskapazitäten in den betreffenden Funktionsbereichen am Terminal 1 erhöhen. Die Trafostationen verfügen jetzt über eine 4.000-A-Kuppelschiene für die AV und eine separate 1.600-A-Schiene für die SV-Versorgung.
Über Striewisch
Die Ingenieurgesellschaft Striewisch, 1965 in Essen gegründet, beschäftigt heute 18 Ingenieure an den Standorten Essen, Berlin und Frankfurt. Die ersten Jahre befasste sich das Ingenieurbüro mit der Erstellung von Brand- und Objektschutzkonzepten und deren Umsetzung im Verwaltungs-, Flughafen- und Industriebereich. Im Jahr 1985 wurde der Leistungsumfang um die technische Gebäudeausrüstung mit den Fachgebieten Elektro, Heizung, Klima, Sanitär und nutzungsspezifische Anlagen, wie,z. B. Aufzüge erweitert. Die Kundenliste umfasst namhafte Unternehmen, von Amprion über Allianz, Aral, Bayer, Citibank, Deutsche Bahn, Commerzbank, Haniel, Fraport, Flughafen Düsseldorf, HELABA, Kraftwerk Biblis, Louis Vuitton, ÖRAG Rechtschutz, R + V Versicherung bis zur West LB.
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