Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) erfreut die Fahrradwelt:
Deutschlands oberstes Gericht hat am 17. Juni 2014 entschieden, dass der Verzicht auf den Fahrradhelm nicht automatisch zu einem Mitverschulden führt, wenn ein Radfahrer Opfer eines Verkehrsunfalls wird. Mit diesem Urteil bleibt die Wahlfreiheit zum Tragen eines Fahrradhelms erhalten.
[pd-f / cg] Das Urteil der Karlsruher Richter zum Radfahren ohne Helm ist letztinstanzlich und hebt damit ein gegenläufiges Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig vom Juni 2013 auf: Damals wurde einer Radfahrerin, die gegen eine plötzlich geöffnete Autotür gefahren war und sich beim Sturz schwere Kopfverletzungen zugezogen hatte, eine Mitschuld von 20 Prozent an der Schwere ihrer Verletzung zugesprochen, sei doch davon auszugehen, dass „ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird“. Dieser Mitschuld ohne eigenes Verschulden, die letztlich eine „Helmpflicht durch die Hintertür“ bedeutete, hat das BGH nun eine klare Absage erteilt. „Die Verbände der Fahrradbranche begrüßen diese Entscheidung“, weiß Gunnar Fehlau vom pressedienst-fahrrad. Das Gros der Fahrradwelt ist nämlich der Ansicht, so Fehlau, dass die Reduzierung von Verkehrsunfällen Vorrang vor der Vermeidung von Unfallfolgen haben sollte. Der Radverkehr muss insgesamt sicherer gemacht werden; eine Helmpflicht dagegen würde bedeuten, dem einzelnen Radfahrer die alleinige Verantwortung für seine Sicherheit wie auch für das Fehlverhalten anderer aufzubürden.
Auch wenn immer noch vergleichsweise wenige Radfahrer im Alltag mit Helm unterwegs sind: „Die Helmtragequote steigt beständig und nähert sich bei Erwachsenen der 20-Prozent-Marke an; Grundschulkinder sind sogar schon zu drei Vierteln mit Helm unterwegs“, so Fehlau.
„Sportliche Rennradfahrer und Mountainbiker ohne Helm sieht man fast gar nicht mehr – ein Signal dafür, dass Radfahrer ihr Risiko realistisch einschätzen und den Helm durchaus situationsbedingt einsetzen“, erläutert Dieter Schreiber vom Importeur Grofa, der mehrere Fahrradhelm-Marken im Programm hat.
Verkehrsexperten, die rein statistisch gegen die Helmpflicht argumentieren, sei an dieser Stelle übrigens klar gesagt: Was zählt, ist letztlich das individuelle Verletzungsrisiko, nicht die Frage, ob das Tragen von Fahrradhelmen die Radnutzung im Allgemeinen verringert oder gefährlicher macht. „Niemand sollte sich dazu verpflichtet fühlen, für bestimmte Verkehrskonzepte und -philosophien den Kopf hinzuhalten“. Wer mit Helm fährt, ist weder ängstlich noch vor dem Autoverkehr eingeknickt – er hat im Zweifelsfalle nur die bessere Wahl getroffen“, erläutert Stephanie Müllmann von Sport Import, dem Importeur des „Airbag-Helms“ Hövding, gegenüber dem pressedienst-fahrrad. „Doch diese Wahlfreiheit muss erhalten bleiben – und das Urteil des BGH ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung“, bringt Fahrradexperte Fehlau den Tenor der Branche auf den Punkt.
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