Rechtswissenschaftler kritisieren die Ausführungen zum neuen Stellvertretungsrecht für Ehepartner wegen Mitwirkungs- und Aufklärungspflicht für Ärzte bei der Erstellung der Vertretungsbestätigung
Nach Ansicht der Rechtsexperten der Kester-Haeusler-Stiftung geht das im Bundestag beschlossene neue Vertretungsrecht für Ehegatten in der nun bestehenden Fassung zu Lasten der Ärzte, die das Ehegattenvertretungsrecht im Einzelfall beurteilen müssen.
Die Absicht des Gesetzgebers ist es die vorhandene Lücke im deutschen Stellvertretungsrecht zu schließen, indem den Ehepartnern unter anderem ein zeitlich befristetes und sich auf einen 4-Punkte Katalog der Gesundheitssorge beziehendes Vertretungsrecht ermöglicht wird. Im Rahmen dieses engen Kataloges darf der vertretungsberechtigte Ehepartner z.B. Behandlungsverträge abschließen und Maßnahmen zu Rehabilitation bestimmen. Voraussetzung ist jedoch die Prüfung und Bestätigung der wirksamen Vertretung durch einen Arzt.
Die Bestimmungen des neuen § 1358 BGB regeln die wechselseitige Mitwirkung zwischen Arzt und des zu bevollmächtigenden Ehegatten, siehe § 1358 Absatz 1 und 2 des Entwurfes.
Keine Berechtigung zur Vertretung besteht gem. § 1358 Abs. 3 z.B., wenn die Ehegatten getrennt leben oder dem zur Vertretung berechtigten Ehegatten oder dem Arzt bekannt ist, dass der erkrankte, handlungsunfähige Ehegatte eine Vertretung ablehnt. Der zur Vertretung berechtigte Ehegatte muss gegenüber dem Arzt auch bestätigen, dass keine weiteren Ausschlussgründe für eine Vertretung vorliegen.
Hieraus ergibt sich für die Ärzte eine Erläuterungspflicht des Gesetzestextes und der rechtlichen Regelung z.B. über die Ausschlussgründe gegenüber dem Ehepartner. “Es fragt sich, ob in solchen Notsituationen realistischerweise die Ärzte dazu überhaupt Zeit haben. Das Gleiche gilt für Klinikmitarbeiter, wobei sich natürlich auch noch die Frage des vorausgesetzten Fachwissens stellt. Hier sehen wir generell ein großes Potenzial für eventuelle Haftungsprobleme der Ärzte, so Prof. Dr. Volker Thieler, Leiter des Forschungsinstituts für Betreuungsrecht und Vorstandsvorsitzender der Kester-Haeusler-Stiftung.
Am 5. März 2021 wurde im Deutschen Bundestag das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen. Die zweite Lesung im Bundesrat soll am 26. März stattfinden. Bei Zustimmung wird das Gesetz voraussichtlich zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.
Die Kester-Haeusler-Stiftung betreibt seit über 30 Jahren empirische Forschung. Ihre Forschungsergebnisse werden frei zugänglich im Internet dargestellt. Unzählige Anfragen und Zuschriften von Betroffenen erreichen täglich das Institut. Die Auswertung der Anfragen durch Rechtsexperten gewährleistet eine Forschung mit konkretem Praxisbezug. Damit ist das Institut für Betreuungsrecht einmalig in Deutschland.
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