Integrationsgenossenschaften und Entwicklungsgenossenschaften Jetzt übernehmen Zuwanderer Verantwortung für ihre Herkunftsländer.
(NL/1030335825) Der Marshall-Plan mit Afrika ist wichtig und nachvollziehbar. Es geht dabei darum, recht zeitnah und nachvollziehbar, positive Ergebnisse zu erzielen. Wo? Natürlich in den sog. Entwicklungsländern selbst, dort wo die Problemauslöser sind, weshalb sich Menschen überhaupt auf den Weg machen, ihr Herkunftsland zu verlassen. Damit stellen sich zwei wichtige Fragen: A. Wie soll sich aber dort etwas zeitnah verändern? Und B. Wer und was soll diese Veränderung und in welche Richtung nachhaltig bewirken?
Der Ansatz der Entwicklungspolitik war bisher eher darauf ausgerichtet, etwas für diese Länder zu tun. Natürlich gab es den Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe. Aber er scheint nicht das erhoffte Ergebnis gebracht zu haben. Es liegt uns fern, das Bemühen der vielen Entwicklungsorganisationen zu kritisieren. Sie haben einen guten Job gemacht, im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen. Nein, es geht nicht um Kritik, es geht um die Schaffung einer Verantwortungsgemeinschaft, es geht um eine Erweiterung des bisherigen Entwicklungs-Paradigmas, vielleicht um eine Art entwicklungspolitischen Quantensprung. Und in diesem neuen Verständnis wird es nicht anders gehen, als die Menschen in oder aus Entwicklungsländern an ihre Verantwortung für die Menschen ihres (Herkunfts-) Landes zu erinnern.
Die Zeit drängt, denn durchaus ernstzunehmende Kenner der afrikanischen Verhältnisse prognostizieren, dass in nicht ferner Zukunft eine neue Welle von Zuwanderern nach Europa und damit auch ganz sicherlich nach Deutschland, sich auf den Weg begeben wird, um den für sie unerträglichen Verhältnissen in ihren Herkunftsländern zu entfliehen. Es ist müßig, einen Thesenstreit darüber zu führen, ob es sich wirklich immer um Asylsituationen handelt. Statt über rechtliche oder gar polizeiliche Ma0nahmen der Abwehr nachzudenken, sollten wir jetzt wichtigere und richtigere Fragen stellen. Es sind die Fragen nach Humanität, Verantwortung und die Veränderung der oftmals menschenunwürdigen Lebensverhältnisse in Afrika. Genau dafür kann der Marshall-Plan dienen. Das dazu passende Konzept heißt: Vorbehaltlose, intelligente und faire Kooperation. Die Umsetzungsform ist genossenschaftlich unternehmerisch. CoopGo Afrika will in diesem Kontext – im Rahmen des Marshall-Planes mit Afrika – Genossenschaften entstehen lassen, die von Menschen aus den Herkunftsländern geführt und verantwortet werden und auf Technik zurückgreifen, die dem wirtschaftlichen Aufbau in den Herkunftsländern dauerhaft nützen.
Der MMW Bundesverband der Cooperationswirtschaft hat dazu in Verbindung mit Kooperations-Experten das Konzept CoopGo Afrika entwickelt. Gerd K. Schaumann (Vorstand bei MMW) stellte nunmehr der Öffentlichkeit, Rahmen und erste Inhalte dieses Konzeptes vor. .
MMW präferiert grundsätzlich Entwicklungs-Partnerschaften in kooperativen Formen, vor allem Genossenschaften. CoopGo Afrika ist sozusagen eine logische Fortsetzung der Konzeptionen Integrationsgenossenschaften und Migrationsgenossenschaften. In beiden Konzepten ist der Kerngedanke enthalten, dass die Menschen aus den Herkunftsländern, ihre Verantwortung für die Menschen in ihren Herkunftsländern nicht ablegen, sondern gezielt ausbauen.
Untersuchungen zeigen durchaus Tendenzen, aus denen abgeleitet werden kann, dass ein großer Teil der Zuwanderer der letzten Jahre nach Europa und Deutschland, einen weiteren Aderlass an Entwicklungsfähigkeit für die Herkunftsländer bedeutete.
Um dem entgegenzuwirken, gehen wir bei MMW davon aus, genossenschaftliche Firmen aufzubauen, die mit den Herkunftsländern eng verknüpft sind. Zahlreiche Zuwanderer der letzten Jahre haben bereits gezeigt, dass sie fähig und willens sind, vor allem in Handwerksbereichen, sich gezielt auf eine Selbständigkeit vorzubereiten. Die Frage ist nur, ob sie danach noch hinreichend bereit sind außer dem gewiss wichtigen Geldtransfer – auch einen verstetigten unternehmerischen Entwicklungstransfer zugunsten ihrer Herkunftsländer zu leisten?
Im Konzept Integrationsgenossenschaften ist der Ansatz Verantwortung für das Herkunftsland zu übernehmen, bereits enthalten, jedoch eher als Idee oder weitere Option. Der Schwerpunkt der Integrationsgenossenschaften liegt zunächst vor allem darin, Bereitschaft und Fähigkeit zum kooperativ eigenständigen unternehmerischen Handeln als Alternative zur Arbeitslosigkeit oder geringwertiger Beschäftigung zu sehen.
Das Konzept Entwicklungsgenossenschaften geht über diesen Ansatz erheblich hinaus. Zwar geht es auch um Integration, denn die Kooperationsunternehmer sollen bzw. können durchaus ihren Wohnsitz in Deutschland haben, aber sie sollen und müssen, zugleich bereit sein, wirtschaftlich aktiv an der Entwicklung ihres Herkunftslandes mitzuwirken.
Im MMW-Konzept werden z.B. folgende Besonderheiten für Entwicklungsgenossenschaften (E-Genos) genannt:
A. Soweit sich nicht aus dem Kreis der derzeitigen Zuwanderer in Deutschland, hinreichend Personen anbieten, um im Konzept Entwicklungsgenossenschaften mitzuwirken, können durchaus auch aktiv Menschen in potenziell schwierigen Herkunftsländern zwecks MitMachen angesprochen werden. Wohl gemerkt, es geht nicht darum, mehr oder weniger Zuwanderer im Land zu haben, sondern Probleme in den potenziellen Herkunftsländern zu lösen, um Wanderungsbewegungen tendenziell zu mindern oder ganz zu vermeiden.
B. Für jedes potenzielle Herkunftsland werden sogenannte Entwicklungs-Profile erstellt, die ermitteln und festlegen, welche Art von Technik – und mit welchen Eigenschaften -, erforderlich sind, um nachhaltig positive Entwicklungstrends zu gewährleisten.
C. In sogenannten Qualifizierungs- und Entwicklungszentren werden in Deutschland gezielt technische Lösungen – für diese Herkunftsländer entwickelt, weiterentwickelt und erprobt. Außerdem übernehmen diese Q E-Zentren die Qualifizierung der potenziellen Anwender/Nutzer und unterstützen bei der Umsetzung in den Herkunftsländern.
D. Parallel oder integriert in die Q E-Zentren erfolgt sowohl eine fachliche, sowie zusätzlich eine kooperativ-unternehmerische Qualifizierung. Handwerkskammern in Verbindung mit Handwerksbetrieben wären für die fachbezogene Qualifizierung zuständig, während Genossenschaftsverbände in Verbindung mit Handwerksbetrieben (vorzugsweise Genossenschaften des Handwerks) für die kooperativ-unternehmerische Qualifizierung verantwortlich sein sollten.
E. Eine Gesamtkoordination im Rahmen des Marshall-Planes – könnte bei einer AG Entwicklungsgenossenschaften liegen, die an das BMZ angebunden wäre.
Wir bewegen uns mit dem MMW-Konzept CoopGo Afrika auf Neuland, so der MMW Vorstand. Aber es lohnt sich, neue Wege zu gehen. Die Menschen in unserem Land erwarten politische Antworten, die wirkliche Problemlösungen erkennen lassen. Weder eine unbedingte Integration vermag zu überzeugen, noch vermag man den Menschen erklären, dass die Ursachen der Zuwanderungen konsequent genug behandelt werden. Sie sehen allerdings auch in polizeistaatlichen oder gar militärischen Maßnahmen keine Lösungen.
Und immer mehr wird deutlich, dass ein großer Anteil der Zuwanderer genau zu der Personengruppe zählt, die dringend in den Herkunftsländern für deren Wirtschaftsaufbau benötigt werden. Man könnte fast sagen, dass Zuwanderung nach hier dazu führt, dass der Problemdruck in den Herkunftsländern eher noch ansteigt. Trägt unbedingte Integration sogar zur Problemverschärfung in den Herkunftsländern bei und erzeugt quasi neue Wanderungsbewegungen? Es gibt durchaus ernst zunehmende Meinungen die das recht nachvollziehbar bestätigen.
Wir haben zu einem Konzept der Einforderung von Herkunftsländer-Verantwortung eigentlich keine Alternative. Aber so etwas macht auch nur Sinn, wenn in entsprechenden Projekten diese Verantwortung eingefordert werden kann. Wir sind sogar sicher, dass die Mehrzahl der eingewanderten Menschen gern bereit sind, ihre Herkunftsland-Verantwortung aufzugreifen und sie wahrzunehmen. Aber sie haben bisher keine Chance zu zeigen, wie ernst sie das meinen.
Entwicklungsgenossenschaften, die konsequent und kooperativ Menschen zum unternehmerischen Handeln für ihr Herkunftsland befähigen, könnten Wegweiser für einen Paradigmenwechsel der Entwicklungspolitik werden. In diesem Konzept werden die Menschen, die ihrem Land fehlen, sozusagen unternehmerisch qualifiziert, um selbst als die wahren Entwicklungshelfer für ihr Land tätig zu sein. Dafür werden sie hier qualifiziert und egal ob Asylanspruch oder nicht sie erhalten einen Rechtsstatus, der ihnen auch garantiert, in ihr Herkunftsland einzureisen, ohne ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland einzubüßen. Wir nennen das SmartCoop-Development, die intelligente Form, um lösungsorientiert, Menschen, Wirtschaft und Länder miteinander zu verbinden.
Willy Brandt sprach bereits vor Jahrzehnten von Interdependenzen (wechselseitige Abhängigkeiten) und warb bisher eher ohne wirksame Resonanz für intelligente Nord-Süd-Lösungen. Auch aus Eigeninteresse sollten wir es jetzt und rechtzeitig schaffen, Vorsorge zu treffen, bevor neue Zuwanderer diesmal aus großer Existenznot an den Grenzen Europas erscheinen. Noch haben wir die Chance, die Herkunftsland-Verantwortung einzufordern. Wenn größere Hungersnöte Wanderungsbewegungen auslösen, kann man wohl kaum an eine Herkunftsland-Verantwortung erinnern.
Entwicklungsgenossenschaften sind sicherlich nicht der einzige Weg zur Problemlösung, aber der einzige Weg, der uns die Möglichkeit einräumt, Zuwanderer mit der Frage nach ihrer Herkunftsland-Verantwortung legitim anzusprechen.
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