Es kann Situationen geben, in denen es den Wohnungseigentümern nicht zuzumuten ist, die Gemeinschaft mit einem bestimmten Miteigentümer fortzusetzen.
Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich in diesem Jahr mit dem Entzug von Wohnungseigentum bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen durch einen Miteigentümer (AZ: V ZR 71/17)
Es kann Situationen geben, in denen es den Wohnungseigentümern nicht zuzumuten ist, die Gemeinschaft mit einem bestimmten Miteigentümer fortzusetzen.
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Entzug als letztes Mittel
Wenn eine Störung durch einen Miteigentümer nicht auf andere Weise behoben werden kann, sieht das Gesetz, als letztes Mittel die Möglichkeit vor, einem solchen Miteigentümer unter bestimmten Voraussetzungen das Eigentum zu entziehen.
Mit dem Begriff “Entziehung” ist gemeint, dass die Eigentümer von einem störenden Miteigentümer verlangen können, sein Wohnungseigentum zu verkaufen. Kommt er diesem Verlangen nicht nach, kann die Eigentümergemeinschaft ihr Verlangen per Zwangsvollstreckung durchsetzen.
Verfahrenstechnisch muss die Gemeinschaft zunächst einen Entziehungsbeschluss fassen. Laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss dem Beschluss eine Abmahnung vorausgehen. Danach kann eine Entziehungsklage (Klage auf Veräußerung des Wohnungseigentums) eingereicht werden.
Gesetzliche Entziehungsgründe
Im § 18 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) sind folgende Entziehungsgründe genannt:
o Schwere Verletzung der den anderen Eigentümern gegenüber obliegenden Pflichten, so dass diesen nicht zumutbar ist, die Gemeinschaft fortzuführen
o wiederholter gröblicher Verstoß gegen die Pflichten aus § 14 WEG trotz Abmahnung
o Rückstand mit den Hausgeldern in Höhe von mehr als 3 Prozent des Einheitswertes der Wohnung für mehr als 3 Monate
Nach § 18 Abs. 1 können die Wohnungseigentümer von einem Miteigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen, wenn er sich einer so schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, dass den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann.
Von der Rechtsprechung anerkannte Entziehungsgründe
Die Rechtsprechung erkennt beispielhaft folgende Entziehungsgründe an:
o Schmähungen eines anderen Wohnungseigentümers gegenüber Dritten
o Dauernde und grundlose Widersprüche gegen Maßnahmen des Verwalters
o Dauernde Misstrauensbekundungen, Tätlichkeiten und/oder Beleidigungen gegenüber anderen Wohnungseigentümern und dem Verwalter
Der konkrete Fall
In der Eigentümerversammlung fassten die Wohnungseigentümer den Beschluss, gegen die beiden Beklagten wegen etlicher Übergriffe auf Eigentümer und Hausverwaltung, die Ausdruck krimineller Energie seien, Klage auf Veräußerung ihres Wohnungseigentums zu erheben. Die anschließend erhobene Klage stützte die Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Behauptung schwerwiegender Pflichtverletzungen der Beklagten und auf einen Zahlungsrückstand aus der Jahresabrechnung und dem Wirtschaftsplan. Wegen des Zahlungsrückstandes hat das Amtsgericht die Beklagten verurteilt, ihr Wohnungseigentum zu veräußern.
Den Beklagten war die Klage offensichtlich gleichgültig, denn sie machten auch nach deren Einreichung weiter, indem sie beispielsweise einen Müllsack vor dem Hausmeister leerten und diesen dann aufforderten, den Müll zu beseitigen. Außerdem würgte einer der Beklagten den Hausmeister.
Das Landgericht hatte als Berufungsgericht die Klage jedoch abgewiesen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es an der für eine Entziehung des Wohnungseigentums erforderlichen Abmahnung der Beklagten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass offenbar über Jahre das beanstandete Verhalten der Beklagten – jedenfalls ohne durch Abmahnungen tätig zu werden – geduldet worden sei, wäre es zwingend erforderlich gewesen, ihnen vor der Beschlussfassung deutlich vor Augen zu führen, dass sie bei einer Fortsetzung des Verhaltens mit einem Entzug des Wohnungseigentums zu rechnen hätten.
Der Bundesgerichtshof teilt die Meinung des Landgerichts nicht
Setzt ein Wohnungseigentümer, gegen den ein gerichtliches Verfahren auf Entziehung des Wohnungseigentums anhängig ist, die in der Klage beanstandeten gemeinschaftswidrigen Verhaltensweisen fort, ist hinsichtlich des fortgesetzten Verhaltens eine Abmahnung grundsätzlich entbehrlich.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Eigentümergemeinschaft rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht das Vorbringen in der Berufungserwiderung vom 18. Januar 2017 nicht berücksichtigt habe. Darin hat die Klägerin vorgetragen, dass sich nach der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom August 2016 im Oktober und Dezember 2016 sowie im Januar 2017 weitere Vorfälle ereignet hätten. Einer der Beklagten habe den Hausmeister unter Androhung von Gewalt gezwungen, den Hof zu verlassen. Anlässlich einer Besprechung zwischen dem Verwalter und dem Umweltamt in den Kellerräumen des Anwesens habe er dem Verwalter mit erhobenem Zeigefinger und Gebärden gedroht und aufgefordert, den Mund zu halten, weil er nichts zu sagen habe. Bei einer weiteren Auseinandersetzung habe einer der Beklagten einen Müllsack vor den Füßen des Hausmeisters ausgeleert und ihn aufgefordert, den Müll wegzuräumen. Dabei habe er ihn geschubst und versucht, ihn zu würgen. Bei einem weiteren Vorfall habe er dem Hausmeister gedroht, er werde ihn fertig machen und “die Eier abschneiden”.
Ausnahmsweiser Verzicht auf die Abmahnung
Grundsätzlich setzt eine Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 Abs. 1 WEG eine Abmahnung voraus. Der Gesetzgeber hat die Entziehungsklage als letztes Mittel zur Wiederherstellung des Gemeinschaftsfriedens gegenüber einem von ihm so genannten “Störenfried” eingeführt. Als Störenfried hat er einen Wohnungseigentümer angesehen, der nicht nur seine Pflichten grob verletzt, sondern böswillig ist. Das lässt sich, von Ausnahmefällen abgesehen, nur feststellen, wenn der Wohnungseigentümer zunächst zur Einhaltung seiner Pflichten angehalten wird, also eine Abmahnung erfolgt. Nur so kann den aus dem Grundrecht auf Eigentum folgenden Anforderungen an die Vorschrift Rechnung getragen werden. Die Entziehung von Wohnungseigentum darf nur als letztes Mittel gegen einen gemeinschaftsschädigenden Wohnungseigentümer eingesetzt werden. Die anderen Wohnungseigentümer haben daher die bestehenden und ihnen zumutbaren Möglichkeiten zur Unterbindung störenden Verhaltens auszuschöpfen, wozu auch die Abmahnung des betroffenen Wohnungseigentümers gehört.
Auf sie kann nur ausnahmsweise verzichtet werden, etwa dann, wenn diese der Gemeinschaft unzumutbar ist oder offenkundig keine Aussicht auf Erfolg bietet. Setzt allerdings ein Wohnungseigentümer, gegen den bereits ein gerichtliches Verfahren auf Entziehung des Wohnungseigentums anhängig ist, die in der Klage beanstandeten gemeinschaftswidrigen Verhaltensweisen in gleichartiger oder ähnlicher Weise fort, ist hinsichtlich des – in den anhängigen Rechtsstreit eingeführten – fortgesetzten Verhaltens eine Abmahnung grundsätzlich entbehrlich. Angesichts der gegen ihn erhobenen Klage ist dem beklagten Wohnungseigentümer klar, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft das beanstandete Verhalten nicht länger hinnehmen will und zum Anlass für eine Entziehung des Wohnungseigentums nimmt. Sieht er sich trotz des anhängigen Entziehungsverfahrens nicht veranlasst, das gemeinschaftswidrige Verhalten zu ändern, sondern setzt es – von der Klage unbeeindruckt – fort, bringt er damit zum Ausdruck, dass er nicht gewillt ist, sein Verhalten zu ändern. Eine Abmahnung, deren Zweck es ist, dem Wohnungseigentümer sein Fehlverhalten vor Augen zu führen und ihm Gelegenheit zu einer Verhaltensänderung zu geben, hat in so einem Fall regelmäßig keine Aussicht darauf, das störende Verhalten des Wohnungseigentümers künftig zu unterbinden.
Deshalb hat der Bundesgerichtshof hat die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Fazit
Im Wesentlichen ging es um die Feststellung, dass in bestimmten “hoffnungslosen” Fällen der Eigentumsentzug auch ohne Abmahnung erfolgen kann. Die Beklagten werden sich wohl nach einer anderen Wohnung umsehen müssen. Wichtige Informationen für Käufer von Eigentumswohnungen gibt es zusätzlich hier
Verantwortlicher für diese Pressemitteilung:
Thomas Trepnau SAS
Herr Daniel Treuseel
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Frankreich
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