Der Bund Contergangeschädigter und Grünenthalopfer e.V. wirft dem über die Conterganstiftung aufsichtsführenden Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) vor, selbst ein Verflechtungsproblem mit Grünenthal zu haben. Der am 5.12.2018 vom Stiftungsrat gewählte Vorstandsvorsitzende, Dieter Hackler, ein langjähriger hoher Beamter des Ministeriums, habe jahrelang bei der Grünenthal-Stiftung zur Unterstützung von Thalidomidbetroffenen mitgearbeitet.
Erst 2018 hat das Oberlandesgericht Köln in einem rechtskräftigen Urteil über 30 Jahre lang fortwirkende, enge Verflechtungen zwischen Grünenthal und der Conterganstiftung festgestellt. Nun stellt sich heraus, dass Dieter Hackler nach seinem Eintritt in den Ruhestand (2014) sogar vom Grünenthalgesellschafter und Ex-Grünenthal-Chef Michael Wirtz gebeten wurde, im Stiftungsrat der Grünenthal-Stiftung mitzuwirken.
Die contergangeschädigten Betroffenenvertretern im Stiftungsrat wussten bei der Wahl Hacklers von alledem nichts. Auch der Stiftungsratsvorsitzende Christoph Linzbach (BMFSFJ) verschwieg dies bei der Wahl Hacklers. Für die Opfer ist es ein Skandal, dass das BMFSFJ eine von Michael Wirtz zuvor für seine Zwecke auserwählte Person an die Spitze der Conterganstiftung bestellt. „Warum bestellt das Ministerium nicht gleich Michael Wirtz?“ kritisiert Opfervertreter und Stiftungsratsmitglied Andreas Meyer. „Jede Amtssekunde dieses Mannes ist eine Zumutung.“
Hackler war von 2008-2014 Stiftungsratsvorsitzender der Conterganstiftung, dem Entscheidungs- und Kontrollorgan der Stiftung. Nach eigenen Angaben war er fast gleichzeitig von 2006-2014 Leiter der Abteilung „Ältere Menschen“ im BMFSFJ. Von 1991-2006 war Hackler Leiter des dem BMFSFJ unterstellten Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.
Im Vorfeld der Stiftungsratssitzung der Conterganstiftung am 5. Juni in Berlin befürchtet der Bund Contergangeschädigter und Grünenthalopfer nun, dass dort gegen die Minderheit der Betroffenenvertreter ein Beschluss durchgesetzt werden soll, mit dem die Conterganstiftung finanzielle Mittel Grünenthals bei Vorgängen annehmen kann, die in direktem Zusammenhang mit dem Unternehmen stehen. „Damit werden die Conterganopfer nun auch vom Bundesfamilienministerium zu Almosenempfängern Grünenthals herabgewürdigt“, kritisiert Meyer.
Grünenthal habe 2013 in einer Stellungnahme zum Schadensersatzprozess die Geschädigten aus Spanien an die Grünenthal-Stiftung und die bundesdeutsche Conterganstiftung verwiesen, so Meyer. „Auf diese Weise verklärt sich Grünenthal vom Täter zum Wohltäter!“ Es sei ja auch billiger über die Grünenthal-Stiftung Almosen wie elektrische Zahnbürsten, Hörgeräte oder Pkw-Umbauten zu bezahlen als drohende Schadenersatzansprüche in Millionenhöhe zu erfüllen.
Die 109. Stiftungsratssitzung der Conterganstiftung findet am 5.6.2019 um 11h im
dbb forum berlin, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin statt. Anmeldung: 0221/3673-3312. Andreas Meyer ist bei der Stiftungsratssitzung anwesend.
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