Der Mindestlohn ist da – was muss ich als Arbeitnehmer beachten? (Serie – Teil 4)

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Ein Interview von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck mit Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Dineiger, Berlin und Essen.

Bundestag und Bundesrat haben den sogenannten flächendeckenden Mindestlohn beschlossen. In dieser Serie von Interviews erklären die Fachanwälte für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Volker Dineiger, was der Gesetzgeber hier in die Welt gesetzt hat, für wen das Gesetz gilt und welche Auswirkungen dieses Gesetz hat. Teil 4 dieses Interviews beschäftigt sich mit der Frage, was ein Arbeitnehmer im Hinblick auf den gesetzlichen Mindestlohn beachten muss.

Fachanwalt Bredereck: Wir haben ja in den letzten Teilen über Anwendungsbereich und Inhalt des Gesetzes gesprochen. Auch die Vergütungsfragen haben wir behandelt. Was muss ich denn jetzt als einzelner Arbeitnehmer beachten?

Fachanwalt Dineiger: Das Mindestlohngesetz legt einen Mindestlohn von 8,50 € brutto je Zeitstunde Arbeitsleistung fest. In erster Linie bedeutet das, dass kein fester Monatslohn durch den Gesetzgeber bestimmt worden ist, sondern nur ein Stundenlohn. Ich muss mir also als Arbeitnehmer für jedes Monat im Klaren sein, wie viele Stunden ich gearbeitet habe.

Fachanwalt Bredereck: Aber warum ist das ein Problem?

Fachanwalt Dineiger: In vielen Arbeitsverträgen wird ein sogenanntes Bruttomonatsgehalt festgelegt. Für diese Arbeitsverträge ist es dann egal, wie viele Stunden im einzelnen jedes Monat gearbeitet werden. Derartige Verträge gehen nämlich meistens davon aus, dass für beispielsweise eine 40-Stunden-Arbeitswoche ein Bruttomonatsgehalt von beispielsweise 1.500,00 € gezahlt wird. Wenn der Arbeitnehmer tatsächlich 40 Stunden je Woche, bezogen auf eine Arbeitswoche mit 5 Arbeitstagen, arbeiten muss, dann arbeitet er tatsächlich nicht jeden Monat die gleiche Anzahl von Stunden. Je nachdem, wie die Wochenenden liegen und wie viele Feiertage in einem Monat anfallen, gibt es Monate mit 19 Arbeitstagen, 20 Arbeitstagen und Monate, die sogar 23 Arbeitstage haben. Nicht jeder Monat hat nämlich genau 4 Wochen. Bei der vom Gesetz vorgesehenen Berechnung des Mindestlohnes macht es also sehr wohl nach dem Gesetzeswortlaut einen Unterschied, wie viele Arbeitstage der jeweilige Monat konkret hat. Das Mindestlohngesetz gibt nämlich nicht vor, wie dann weiter beispielsweise auf einen Monatslohn umzurechnen ist.

Fachanwalt Bredereck: Heißt das, ich sollte als Arbeitnehmer eine Stundenaufzeichnung führen?

Fachanwalt Dineiger: Das schadet grundsätzlich nie. Ich kann dann als Arbeitnehmer nämlich zumindest nachvollziehen, wie viel ich gearbeitet habe. Nehmen wir als Beispiel den September 2014 und tun einmal so, als würde der Mindestlohn schon gelten. Der September 2014 hat 22 Arbeitstage. Schulde ich 40 Stunden Arbeitsleistung je Woche, dann muss ich rechnerisch 8 Zeitstunden je Tag arbeiten. Bezogen auf 22 Arbeitstage schulde ich dann für den gesamten Monat eine Arbeitsleistung von 176 Zeitstunden. Würde ich dann Mindestlohn verdienen, könnte ich ein Bruttogehalt für September 2014 von 1.496,00 € beanspruchen. Der August 2014 hingegen – wir blenden jetzt das Problem der Feiertagsvergütung zur Vereinfachung einmal aus – hätte nur 21 Arbeitstage. Hier würde ich also nur 168 Stunden Arbeit ableisten müssen und könnte demzufolge auch nur 1.428,00 € brutto beanspruchen. Es kommt also dann tatsächlich zunächst einmal darauf an, was ich tatsächlich gearbeitet habe. Hierfür dient mein Stundennachweis.

Fachanwalt Bredereck: Ich nehme also die Stundenaufzeichnung und sage dann zu meinem Arbeitgeber, hier hast du sie, jetzt rechne mal ab?

Fachanwalt Dineiger: Ganz so einfach ist es nicht. Verbindlich werden solche Stundenaufzeichnungen nämlich tatsächlich als Beweismittel vor Gericht nur dann, wenn es entweder ein betriebseinheitliches Stundenerfassungssystem gibt, oder der Vorgesetzte bzw. der Chef diese Stundenaufzeichnung wöchentlich oder alle zwei Wochen als in Ordnung abzeichnet. Dieses Problem taucht auch ganz häufig bei Auseinandersetzungen über Überstunden auf. Hierzu haben wir aber einen eigenen Beitrag.

Fachanwalt Bredereck: Was muss ich denn als Arbeitnehmer noch beachten?

Fachanwalt Dineiger: Das Mindestlohngesetz ist ein Schutzgesetz für Arbeitnehmer. Ein Selbstläufer ist es deswegen aber nicht. In vielen Arbeitsverträgen oder in Tarifverträgen, auf die dann ein Arbeitsvertrag Bezug nimmt, gibt es Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen. Die muss ich als Arbeitnehmer auch beim Mindestlohn beachten.

Fachanwalt Bredereck: In der Berichterstattung hieß es aber, dass der Mindestlohn nicht unterlaufen werden kann oder sonst eingeschränkt werden kann. Was heißt denn das jetzt?

Fachanwalt Dineiger: Das Mindestlohngesetz selbst legt fest, dass keine Vereinbarungen getroffen werden können, die den Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen. Auch kann ein Arbeitnehmer auf den Mindestlohnanspruch nur durch einen gerichtlichen Vergleich verzichten; der Anspruch kann zudem auch nicht verwirken. Bei den Ausschlussfristen ist das aber anders. Eine Ausschlussfrist bedeutet, dass der Arbeitnehmer nur eine bestimmte Zeit zur Verfügung hat, seinen Anspruch geltend zu machen. Die kürzestmögliche Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag liegt bei 3 Monaten, in Tarifverträgen kann sie auch noch kürzer sein. Die Vereinbarung einer solchen Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag ist aber keine Vereinbarung, die den Mindestlohn als solchen beschränkt oder ausschließt. Aus diesem Grunde verbietet das Gesetz dem Wortlaut nach Ausschlussfristen nicht. Versäumt der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist aber, dann ist sein Anspruch auf den Mindestlohn trotzdem verfallen. Hier ist also Achtung geboten.

Fachanwalt Bredereck: Was muss ich also in einem solchen Fall machen?

Fachanwalt Dineiger: Es gibt einstufige und zweistufige Ausschlussfristen. Für beide ist erforderlich, dass fristgerecht der Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht wird. Das muss in der Regel schriftlich geschehen. Auch wenn das in der Regelung über die Ausschlussfrist so nicht ausdrücklich festgehalten ist, ist es immer sinnvoll, die Geltendmachung schriftlich vorzunehmen. Nur dann kann man nämlich auch beweisen, dass man den Anspruch fristgerecht geltend gemacht hat. Bei einer zweistufigen Ausschlussfrist muss man danach noch fristgerecht Klage beim Arbeitsgericht einreichen. In jedem Fall ist aber entscheidend, dass die Ausschlussfrist bzw. die Ausschlussfristen eingehalten werden.

Fachanwalt Bredereck: Wann ist denn mein Mindestlohn fällig?

Fachanwalt Dineiger: Wenn im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine Regelung steht, zu wann der Lohn oder das Gehalt fällig sein soll, dann bleibt es dabei. Ansonsten ist nach dem Gesetz spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, auch der Mindestlohn fällig. Geht es also um den Mindestlohn beispielsweise für den Monat September 2014, dann wäre hier nach dieser Mindestlohn spätestens zum 30.10.2014 fällig.

02.09.2014

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Dineiger, Berlin und Essen.

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