Selbsthilfeinitiative zum Post-Vac-Syndrom fordert eine abgewogenere Einzelfallentscheidung
Der Leiter der Selbsthilfeinitiative zu Impfkomplikationen und Impfschäden, Dennis Riehle (Konstanz), erklärt in einer aktuellen Stellungnahme zur Empfehlung einer Corona-Auffrischungsimpfung:
Prof. Lauterbach scheint aus der Welle an Post-Vac-Erkrankungen recht wenig gelernt zu haben. Natürlich sind Impfschäden kein neues Phänomen. Deshalb war es auch zu erwarten, dass bei der enormen Zahl an Immunisierungen eine extrem große Herausforderung durch Nebenwirkungen und Komplikationen auf uns zukommt. Allerdings hätte man durchaus erwarten können, dass angesichts der Summe an Betroffenen einer über die übliche Impfreaktion hinausgehenden Symptomatik zumindest ein wenig selbstreflektierter, abgewogener und differenzierter gesprochen wird. Denn die erneute pauschale Ermutigungen aller über 60-Jährigen zur Inanspruchnahme einer Auffrischungsimpfung zeigt wenig von Einsicht. Gerade bei der Aufforderung an die Vorerkrankten wird weiterhin sträflich vernachlässigt, dass es eine bedeutende Zahl an Menschen mit bestimmten Grundleiden gibt, die besonders anfällig für eine überschießende Immunantwort sind – und deren bestehendes Beschwerdebild sich durch den erneuten Piks wiederum verschlechtern kann. Dies haben wir auch bei den Erst-, Zweit- und Drittimpfungen häufig erlebt. Nach rund 11 000 Beratungskontakten, die unsere Selbsthilfeinitiative bisher zu Betroffenen einer Impfschädigung durchgeführt hat, wissen wir, dass vor allem Patienten mit bestimmten neurologischen, immunologischen und internistischen Vorerkrankungen sehr heftig reagieren können. Insofern wäre es wünschenswert gewesen, dass eine sehr viel abgestuftere Aussage des Gesundheitsministers auch darauf hingewiesen hätte, dass wir dringend eine selbstbestimmte Impfentscheidung benötigen – und dafür eine umfassende Aufklärung notwendig ist, die eben auch nicht davor zurückschreckt, Risiken und mögliche langfristige Gesundheitsstörungen als eine etwaige Folge der Immunisierung deutlich zu machen.
Denn nur durch Ehrlichkeit und Authentizität erlangen wir Vertrauen zurück, das durch die nahezu massenhaft und im Akkord stattfindende Impfung aus den vergangenen Jahren – die angesichts des Ausmaßes der Pandemie zwar nachvollziehbar, aber an vielen Stellen eben doch in der Hektik und Eile unverantwortlich war -, schlichtweg bei nicht unerheblichen Bevölkerungsteilen verloren haben. Ein wesentliches Problem ist gewesen, dass wir die Injektion nahezu im Vorbeigehen gesetzt haben. Unterrichtung und Information der Patienten kamen aufgrund des Zeitdrucks oftmals zu kurz. Ein unbeeinflusster und ohne externe Moralisierung stattfindender, aus eigenen Stücken überzeugter Einschluss der Patienten fand oftmals nicht statt. Viel eher war man dem sozialen und medialen Druck unterworfen und ließ sich impfen, obwohl man eigentlich von der nahezu quartalsweise empfohlenen Immunisierung nicht überzeugt war. Wir haben vergessen, dass es sich bei diesem Prozedere um einen Eingriff in den Organismus handelt, auf den dieser entsprechend Rückmeldung gibt. Das ist der Sinn der Impfung. Und das sollte man nicht als Lappalie abtun oder stolz seinen Impfpass mit jedem neuen Eintrag präsentieren. Natürlich ist die Immunisierung ein wesentlicher Schritt hin zu Normalität. Allerdings sollten wir uns nicht schon wieder durch manch aufgeregte Experten zu einer Maßnahme drängen lassen. Es braucht im Einzelfall ein Gegenüberstellen der Nutzen und der Notwendigkeit mit potenziellen Nachteilen, die resultieren können. Schlussendlich gibt es nicht wenige Virologen, die die derzeitige Lage relativ gelassen einschätzen und damit auch Lauterbach widersprechen. Covid-19 mag keine Erkältung sein, aber wir können sie mittlerweile aufgrund einer Herdenimmunität durchaus in die Reihe anderer Viruserkrankungen einordnen. Entsprechend umsichtig und vernünftig sollten wir auch einen sehr partiellen Aufruf zur Immunisierung starten. Der aktuelle Appell aus dem Gesundheitsministerium war dagegen wieder einmal mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Die Beratung der Selbsthilfeinitiative kann überregional kostenlos unter www.selbsthilfe-riehle.de erreicht werden.