Zentrale Aussagen des E-Rechnungs-Gipfel 2016 auf Schloss Biebrich
Kreuzlingen, Schweiz, 19. Mai 2016 – Die E-Rechnung ist derzeit in nahezu allen Bereichen der deutschen Wirtschaft Ausgangspunkt für Prozessoptimierungen im Finanz-, Rechnungs-, und Bestellwesen. Daher bieten der Verband elektronische Rechnung (VeR) und das Bundesministerium des Innern (BMI) gemeinsam mit dem Veranstalter Vereon eine regelmäßige Austausch- und Networkingplattform zu diesen Themen an. Am E-Rechnungs-Gipfel diskutieren Praktiker und Experten wichtige Punkte rund um die Einführung und den Betrieb in der Öffentlichen Verwaltung und der Privatwirtschaft.
Am 10. und 11. Mai kamen etwa 150 Experten auf Schloss Biebrich in Wiesbaden zusammen, um die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen zu erörtern. Staatssekretär Klaus Vitt (BMI) eröffnete mit seinen Ausführungen zum Entwurf der Bundesregierung für ein E-Rechnungsgesetz die Tagung. Er machte hiermit den hohen Stellenwert der E-Rechnung von Beginn an deutlich.
Marktanalyst Bruno Koch (Billentis) ermöglichte durch seine aktuellen Zahlen und Einschätzungen zur Marktlage und -entwicklung eine Standortbestimmung im internationalen Kontext. Eine zentrale Erkenntnis seiner Untersuchungen ist, dass Deutschland bereits von zahlreichen Ländern bei der Einführung der E-Rechnung überholt wurde. Weiterhin mahnte er, die E-Rechnung nicht als isolierten Prozess zu betrachten, sondern mit einer Automatisierung und Digitalisierung in der gesamten Financial Supply Chain zu kombinieren. Nebst dem E-Procurement und dem E-Ordering gesteht er auch dem E-Payment eine wachsende Bedeutung zu.
In weiteren Beiträgen von Experten und Praktikern aus der Öffentlichen Verwaltung und Unternehmen wurden Erfolgsfaktoren bei der Einführung und dem Betrieb der E-Rechnung erörtert. Nebst steuerrechtlichen Aspekten wurden auch die prozessualen Lösungswege näher beleuchtet. Den Prozessen in der Bundesverwaltung kam hierbei aufgrund der dort bereits beschlossenen Einführung der E-Rechnung und der damit verbundenen Signalwirkung für die Öffentliche Verwaltung und für die Privatwirtschaft eine besondere Bedeutung zu. Aus Sicht der Rechnungssteller dürfte die Aussicht auf eine schnellere Bezahlung der Rechnungen der größte Motivator zum Einsatz der E-Rechnung sein.
Zum Abschluss dieses sehr themenfokussierten ersten Tages öffnete Prof. Dr. Key Pousttchi von der Universität Potsdam die Horizonte mit seinen Ausführungen zum allgegenwärtigen Megatrend Digitalisierung. Er machte anschaulich klar, warum nicht nur für die Rechnungsprozesse sondern für alle Geschäftsprozesse und die gesamte Gesellschaft tiefgreifende Änderungen bevorstehen.
Ein Highlight am zweiten Tag des E-Rechnungs-Gipfels 2016 bildete die hochkarätig besetze Diskussionsrunde zu den Umsetzungsmaßnahmen für Bund, Länder und Kommunen. Ministerialdirektorin Beate Lohmann (BMI), Dr. Marianne Wulff (Vitako) und Dr. Lars Meyer-Pries (DATEV) erörterten konkrete Maßnahmen, wie die Vorteile der E-Rechnung in die Breite und bis zum Kleinstbetrieb überzeugend transportiert und kommuniziert werden können. Allerdings ist eine aktive Bewerbung der E-Rechnung derzeit noch erschwert, da Fragen zu den zu verwendenden Standards
noch nicht abschließend beantwortet werden können. So ist beispielweise eine eindeutige Aussage, ob und wie ZUGFeRD ein Bestandteil des europäischen CEN E-Rechnungsstandards sein wird, erst bis
spätestens Mai 2017 zu erwarten. Ob ein Zögern mit der aktiven Bewerbung und der Einführung der E-Rechnung bis dahin die richtige Strategie ist, wurde kontrovers diskutiert. Letztlich wird es Aufgabe des IT-Planungsrates sein, einen Standard in der Öffentlichen Verwaltung rasch umzusetzen.
Hierbei könnten auch die Erfahrungen des Nachbarn Österreich nützlich sein. Im Beitrag der österreichischen Bundesverwaltung wurden zahlreiche Erfolgsfaktoren in dem bislang 2-jährigen Betrieb aufgezeigt. Besonders bemerkenswert sind hierbei eine frühzeitige und partnerschaftliche Kommunikation, damit die Rechnungssteller frühzeitig mit ins Boot geholt werden, der ausschließliche und verpflichtende Einsatz eines zentralen Portals zur Einreichung der E-Rechnungen, XML als einzig akzeptiertes Einreichungsformat und öffentlich verfügbare Testsysteme. Ein Erfolgsmodell mit Modellcharakter für Deutschland?
Eine in vielen Ländern bereits stark verbreitete neue Finanzierungsquelle vor allem für kleine und mittlere Unternehmen stellte Prof. Dr. Rolf Henke, Institutsleiter beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund zum Abschluss der Tagung vor. Mit wachsender Bedeutung der E-Rechnung eröffnet sich mit dem Supply Chain Financing vor allem für die KMUs als Motor der Wirtschaft eine neue und flexible Finanzierungsform. Aber auch in diesem Aspekt sind die europäischen Nachbarländer, z. B. die Niederlande, bereits weiter fortgeschritten als Deutschland.
Die Beiträge und Diskussionen im Rahmen des E-Rechnungs-Gipfels 2016 machten klar, dass nicht primär technologische Hürden die Herausforderung sind. Vielmehr bedarf es einer klaren Kommunikation und damit verbundener Aufklärung und Begleitung im Change Management aller im Rechnungswesen beteiligten Personen und Organisationen. Auf dieser Basis können diverse Digitalisierungsprojekte in der Öffentlichen Verwaltung und in der Privatwirtschaft erfolgreich angestoßen und durchgeführt werden. Dies ist ein unbedingtes Muss, denn die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt lösen sich unaufhaltbar und zügig auf. Man darf bereits jetzt auf die Fortschritte gespannt sein, die am 27. und 28. Juni 2017 im Rahmen des nächsten E-Rechnungs-Gipfels zu verkünden sind.
Die zentralen Aussagen des E-Rechnungs-Gipfels 2016 und die damit relevanten Prozesse rund um die E-Rechnung wurden in einem Graphic Recording zusammengefasst. Dieses Bild steht kostenfrei zum Download zur Verfügung: www.e-rechnungsgipfel.de
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