Lang galt sie als eine Verlegenheitsdiagnose und als Sammelbecken für alle nicht medizinisch erklärbaren Schmerzsyndrome.
Mittlerweile ist die Fibromyalgie ein über weite Teile der Wissenschaft anerkanntes Krankheitsbild, das nicht nur die Forschung und die Ärzteschaft herausfordert. Vor allem die Betroffenen sind mit vielen Unwägbarkeiten im Alltag konfrontiert, die nicht nur die körperlichen Beschwerden umfassen. Viel eher geht mit der komplexen Erkrankung auch zahlreiche psychische und soziale Herausforderung einher, wie der Leiter der bundesweit tätigen Selbsthilfeinitiative Erschöpfung und Fibromyalgie, Dennis Riehle (Konstanz), in einer aktuellen Aussendung deutlich macht: “Die Auswirkungen auf verschiedenste Bereiche des Lebens der Patienten stellen sie vor immense Hürden, zumal die Ausprägung der Fibromyalgie sehr unterschiedlich sein kann und wesentlich vom subjektiven Leidensdruck der Betroffenen abhängt”, sagt der 37-Jährige, der selbst seit 2014 erkrankt und deshalb davon überzeugt ist, dass ihre Betreuung individuell und multimodal erfolgen muss: “Neben einer adäquaten Schmerztherapie gehört zu einem umfassenden Konzept auch psychologische Unterstützung, um die chronisch verlaufende Krankheit annehmen und sie in die eigene Biografie einbauen zu können”, so der Sozialberater, der bisher mehrere hundert Patienten ergänzend begleitet hat und daher weiß: “Auch das Einbeziehen von Angehörigen, die Aufklärung über das Syndrom und sein facettenreiches Gesicht, eine Ernährungsberatung und die Anleitung zur Stressreduktion sind Teil der Herangehensweise, um Betroffene angemessen in der Krankheitsbewältigung fördern und eine Verschlimmerung der Symptomatik verhindern zu können”, erläutert der Psychologische Berater – und fügt an: “Daneben braucht es Tipps zur besseren Schlafhygiene und Hinweise für ein geeignetes Energiemanagement des Einzelnen”.
Denn Fibromyalgie bedeutet nicht nur einen Sehnen-Faser-Schmerz, der sich über die gesamte Skelettmuskulatur vor allem an den besonders sensiblen Triggerpunkten ausbildet, sondern sie umfasst einen ganzen “Blumenstrauß an klinischen Erscheinungen”, befindet Dennis Riehle. “Beginnend von einer niederdrückenden Erschöpfung, die belastungsabhängig ist und sich meist auch nicht durch Ausruhen, Pausen oder Erholung nachhaltig verringern lässt, über Konzentrationsstörungen bis hin zu Beeinträchtigungen des Magen-Darm-Traktes sind die möglichen Symptome mannigfaltig und bedürfen deshalb einer ganzheitlichen Betrachtungsweise”, meint der Ernährungsberater, der feststellt: “Zwar wird die Fibromyalgie oftmals noch heute als alleinige Ausschlussdiagnose bei organisch fehlendem Befund gehandhabt. Allerdings ist erkennbar, dass viele Ärzte die modernen Kriterien zur Feststellung des Syndroms anwenden und daher nicht mehr ,im Nebel stochern'”. Gleichsam sei es für die Betroffenen weiterhin sehr schwierig, Ämtern, Behörden und Versicherungen die Vielschichtigkeit und Dramatik des Krankheitsbildes deutlich machen zu können: “Letztendlich werden ihnen dadurch vielfach soziale Leistungen verwehrt, obwohl sie eigentlich einen Anspruch darauf hätten. Nachdem die Verläufe aber sehr voneinander divergierten, bleibe es am Ende tatsächlich kompliziert, das jeweils persönliche Ausmaß der Erkrankung und die daraus resultierenden Funktionsstörungen objektiv und Gerecht zu bewerten, gibt Dennis Riehle zu bedenken. “Natürlich ist es verständlich, dass wir zunächst darauf blicken, wie intensiv sich die Fibromyalgie bei meiner Person bemerkbar macht. Schlussendlich ist sie bei der Prüfung einer möglichen Schwerbehinderung, Erwerbsminderungsrente oder Pflegebedürftigkeit aber auch stets in Relation zu schwereren Ausprägungen und anderen Krankheitsbildern zu setzen”, so der Berater abschließend.
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