Angesichts der Affäre um den bayerischen Minister Hubert Aiwanger erklärt der Politik- und Kommunikationsberater Dennis Riehle:
Wie tendenziös und handwerklich fragwürdig die Arbeit der Süddeutschen Zeitung ist, entscheidet sich nicht an der Fragestellung, inwieweit die Vorwürfe gegen Hubert Aiwanger am Ende zutreffen. Stattdessen ist es gemäß der publizistischen Grundsätze und der Prinzipien des Rechtsstaates notwendig, dass Journalisten ihre Berichterstattung – insbesondere im investigativen Bereich – auf eine solide und belastbare Grundlage stellen, bevor sie sie entsprechend veröffentlichen. Die fehlende Unschuldsvermutung im Ausgangsartikel ist ebenso zu bemängeln wie die darin enthaltene Wortwahl, die auf Konjunktiven und Möglichkeiten basierte – und damit bereits zum Ausdruck brachte, dass die Redaktion offenbar selbst unsicher war über die Anschuldigungen, die sie sodann bezüglich des FW-Vorsitzenden verbreitete. Und tatsächlich wäre deutlich mehr kritischer Sachverstand nötig gewesen, um von einem vorverurteilenden Charakter des Textes wegzukommen. Es fehlte dem Blatt an der notwendigen Sorgfalt, auch Entlastendes zu Aiwanger aufzutun.
Es hätten Überlegungen und Abklärungen angestellt werden müssen, die zunächst die Unterstellungen erhärten oder entkräften können. Warum fragte keiner der Verantwortlichen nach der Motivation eines offenbar in seinen politischen Gefühlen verletzten Lehrers, der es einem unliebsamen Ex-Schüler heimzahlen wollte, statt den linksgrünen den konservativen Weg eingeschlagen zu haben? Weshalb war man gegenüber Zeugen nicht skeptischer, die nach über 30 Jahren und ausgerechnet im Wahlkampf auftauchen? Wieso wurde man angesichts des Belastungseifers nicht stutzig? Und auch jetzt, in der weiteren Folge der Affäre, gibt es grobe Defizite in der Arbeit der Medien: Weshalb wird weitgehend unter den Tisch fallen gelassen, dass es nicht wenige Mitschüler gibt, die die Aussagen Einzelner über den angeblichen Hitlergruß im Klassenzimmer nicht bestätigen können? Warum wird der Erklärung so unzureichend nachgegangen, dass der heutige Minister damals eher deeskalieren und das Flugblatt einsammeln statt es austeilen wollte? Wieso haben sich offenbar ehemalige Schulkollegen Aiwangers zu ihren jetzigen, denunzierenden Aussagen hinreißen und überreden lassen – statt sie aus Überzeugung und aus freien Stücken schon früher zu tätigen? Nicht zuletzt bleibt die scheibchenweise Herausgabe von Details schwierig.
Wenn ein Presseorgan eine an sie herangetragene Behauptung ohne das Anlegen solch hinterfragender und skeptischer Überlegungen weitgehend naiv und ungeprüft zur weiteren Publikation freigibt, muss durchaus von einem absichtlich gewollten Versuch der Beeinflussung des Wahlkampfes und der Zerstörungsabsicht einer Politikerkarriere ausgegangen werden, was einer seriösen Zeitung noch bis vor allzu langer Zeit nicht zuzutrauen gewesen wäre. Doch seit längerem ist das Diffamieren und Bloßstellen zu einem Hobby geworden, das nicht mehr nur von Klatschblättern betrieben wird. Auch einstige Qualitätsmedien sind dem Reiz amerikanischer Manier verfallen.
Nähere Informationen auf www.dennis-riehle.de.