Ein Kulturosoziologe über Roboter, Cyborgs, Androiden und Frankensteins Monster.
Frankenstein, Cyborgs, Roboter, Androiden; kaum ein Genre kommt ohne diese Wesen aus. Es ist ein altes Motiv das man bereits aus der griechischen Antike kannte, dass künstliche Wesen erschaffen werden und zu leben beginnen. Der Mensch setzt sich an die Stelle des Schöpfers. In letzter Zeit – so hat man den Eindruck – kommen jedes Quartal neue Filme auf den Markt, bei denen künstliche Wesen die Hauptrolle spielen. Wir sprachen mit dem Freiburger Soziologen Dr. Sacha Szabo (http://www.sacha-szabo.de/) , der für das Institut für Theoriekultur (http://institut-theoriekultur.de/) Alltagskulturen erforscht über diese Faszination des technisch machbaren.
Fangen wir damit an, was fasziniert Menschen so an der Figur von Frankensteins Monster?
Sacha Szabo: Seit der Aufklärung wurde der Mensch als eine Art Maschine gedacht. Es beginnt bei La Mettrie und Descartes. Der Mensch ist eine Art Apparatur, etwas komplizierter und kann nun wie eine Uhr repariert werden. Nicht umsonst waren die ersten Prothesenhersteller auch Feinmechaniker. Wenn ich nun Stück für Stück austauschen kann, warum kann ich nicht, wie in einem Baukasten, alle Teile zusammensetzen und bekomme etwas Neues. Was damit aber nicht beantwortet ist, ist warum dieses Ding dann anfangen soll zu leben. Bei Frankenstein sind echt Chemikalien, bei Frank-N-Furter ist es ein Blitz. Dieser selbstgeschaffene Organismus, lässt den Menschen an die Stelle Gottes treten. Er macht sich die Erde untertan in einem radikalen Akt der Naturbeherrschung an sich selbst.
Aber diese Wesen leben ja nicht lange.
Sacha Szabo: Nun, Prometheus hat den Menschen aus Lehm geformt; wir leben immer noch. Aber ernsthaft. Was nicht beantwortet wurde und was nun bei all diesen medialen Ikonen problematisiert wird ist, dass einfach nur funktionieren nicht leben bedeutet. Biologisch könnte man leben als Wachsen und Fortpflanzen beantworten. Aber in diesen Filmen spielt auch immer der Sitz der Moral eine große Rolle. Die Sittlichkeit des Menschen. Und das ist auch etwas, was die Transplantationsmedizin berührt. So gibt es Filme, bei denen ein transplantiertes Organ den Empfänger verändert, ihn zu Verbrecher werden lässt oder gar ein Eigenleben führt. Der Körper ist das Haus des Ichs, das Heim und dieses Heim kann eben auch sehr schnell unheimlich werden.
Wie ist das bei Robotern?
Sacha Szabo: Wirkliche Roboter oder Androiden oder rein künstliche Figuren wie Data haben eben häufig das Dilemma, dass ihnen menschliche Regungen verborgen bleiben. Die menschliche Emotion wird in Zusammenhang mit seiner Sittlichkeit gebracht. Und der Terminator beispielsweise, wird erst durch seine Emotionen, die er durch seine menschliche Hülle vermittelt, dem rein technischen T-1000 überlegen.
Wie ist das bei Blade Runner?
Sacha Szabo: Bei Blade Runner geht es auch um die Sittlichkeit und darum, dass der Lebensfunke etwas ist das jenseits von technischen Hervorbringungen existiert. Es gibt einen Willen, einen Lebenswillen. Selbst im Alltag erleben wir diesen Konflikt, wenn wir plötzlich mit einem technischen Gerät wie einem Auto eine persönliche Beziehung eingehen, glauben es hat eine Seele, oder traurig sind wenn wir es weggeben. Was natürlich nicht heißen soll, dass Autos leben. Die Vorstellung dass aber Autos leben, die ist gerade in den Transformer-Filmen hochaktuell.
Was sind die historischen Vorbilder?
Sacha Szabo: Nun die Idee der künstlichen Menschen scheint uralt. Der Pygmalion-Mythos, die Golem Sage, die Homunculi. Der Mensch als neugieriges Wesen will auch hinter das Geheimnis des Lebens kommen und das immer mit den technischen Mitteln, die ihm seine jeweilige Zeit zur Verfügung stellt. Bei den Griechen war das der Marmor, im Mittelalter Alchemie, in der Neuzeit Ingenieurswissenschaften und heutzutage Genetik und Nanotechnologien.
Vielen Dank für das Gespräch.
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