Ein Interview von Maximilian Renger mit Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck.
Seit dem 1.6.2015 gilt die Mietpreisbremse in Deutschland. Dort, wo die Mietpreisbremse eingeführt wurde, sind die Mietpreise allerdings Statistiken zufolge stärker angestiegen, als dort, wo sie nicht gilt. Woran liegt das? Dazu ein Interview von Maximilian Renger mit Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck.
Maximilian Renger: Vorab mal eine grundsätzliche Frage: Was hältst du von derartiger staatlicher Regulierung, wie zum Beispiel der Mietpreisbremse?
Fachanwalt Alexander Bredereck: Ich glaube eher nicht an die Sinnhaftigkeit einer gesetzlichen Bewirtschaftung von Mangellagen. Letztendlich lassen sich die erhöhte Nachfrage nach Wohnungen in den Ballungszentren und damit einhergehende Preissteigerungen nur über den Bau neuer Wohnungen lösen.
Maximilian Renger: Das ist aber auch nicht so einfach. Viele Neubauprojekte in Berlin scheitern gerade am Widerstand der Bevölkerung.
Fachanwalt Alexander Bredereck: Dann soll die Politik das aber auch ehrlich zugeben und nicht Augenwischerei mit wirkungslosen Instrumenten betreiben. Außerdem glaube ich, dass gerade im Bereich der Bürokratie noch einiges getan werden kann. Wozu brauchen wir zum Beispiel in jedem Bundesland eine eigene Bauordnung? Mein Problem ist aber hauptsächlich, dass die Politik mogelt, wenn sie gesetzlichen Käse, an dessen Wirksamkeit kein Mensch ernsthaft glaubt, als „Mietpreisbremse“ verkauft, um dann nach über einem Jahr angeblich überraschend festzustellen, dass das Instrument nicht gewirkt hat.
Maximilian Renger: Dann wurden auch noch die Mieter beschuldigt, sich nicht genug zur Wehr zu setzen.
Fachanwalt Alexander Bredereck: Ja, kein Dutzend Klagen im ganzen Bundesgebiet. Das kann doch aber nicht der Ernst unser Politiker sein. Gesetze sind dazu da, Rechtsfrieden zu schaffen und nicht Mieter gegen Vermieter aufzuhetzen. Die Gesetze müssen so beschaffen sein, dass sie auch Wirksamkeit erlangen, wenn keine großen Klagewellen losbrechen. Daran fehlt es den Regelungen zur Mietpreisbremse überwiegend.
Maximilian Renger: Es ist ja nicht alles schlecht. Das Bestellerprinzip im Maklerrecht hat funktioniert.
Fachanwalt Alexander Bredereck: Das ist zutreffend. Im Bereich der Wohnungsmakler zahlt heute der, der den Makler beauftragt. Soweit von mir beobachtet, funktioniert dieser Teil der Mietpreisbremse gut. Allerdings wird dadurch der Anstieg der Mieten nicht gebremst. Es werden auf Mieterseite lediglich Zusatzkosten gespart. Es darf getrost vermutet werden, dass die Vermieter zusätzliche Kosten, die ihnen hierdurch entstehen, langfristig auf die Miete aufschlagen werden.
Maximilian Renger: Was regelt die Mietpreisbremse denn sonst noch?
Fachanwalt Alexander Bredereck: Seit dem 1.6.2015 gilt in verschiedenen Städten (unter anderem Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg und München) die so genannte Mietpreisbremse. Anders als früher darf der Vermieter auch bei einer Neuvermietung nicht mehr unbegrenzt die Miete erhöhen. Die Miete darf nur noch auf maximal 10 % über dem aktuellen Mietspiegelwert erhöht werden.
Maximilian Renger: Hört sich doch erstmal gut an. Warum funktioniert die Mietpreisbremse trotzdem nicht?
Fachanwalt Alexander Bredereck: Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum die Mietpreisbremse in der Praxis nicht funktioniert. Da sind zunächst einmal die vielen Ausnahmen: Der Vermieter darf immer die zuletzt mit dem Vormieter vereinbarte Miete verlangen.
Maximilian Renger: Alles andere wäre ja wahrscheinlich auch verfassungswidrig.
Fachanwalt Alexander Bredereck: Wahrscheinlich. Allerdings ist in der Praxis das Problem, dass der Mieter ja nicht weiß, welche Miete der Vormieter zuletzt gezahlt hat. Es gibt aber auch noch weitere Ausnahmen. Ausgenommen von der Mietpreisbremse sind auch alle Neubauten. Das sind solche Wohnungen, die nach dem 1.10.2014 erstmals vermietet wurden.
Maximilian Renger: Diese Ausnahme ist doch sinnvoll, damit weiter Wohnungsbau stattfindet. Gibt es nicht auch noch bei Modernisierungen Ausnahmen?
Fachanwalt Alexander Bredereck: Ausgenommen von der Mietpreisbremse sind auch Wohnungen, die vom Vermieter vor Neuvermietung umfassend modernisiert werden. Hierbei müssen die Investitionen in Höhe eines Drittels der Neubaukosten oder höher liegen. Der Vermieter darf auch bei Modernisierungen, die diesem Umfang nicht erreichen, die tatsächlichen Modernisierungskosten auf die neu zu berechnende Miete aufschlagen. Es können also 11 % der Modernisierungskosten auf die jährliche Miete umgelegt werden. Das gilt auch dann, wenn die Grenze von 10 % über dem Mietspiegel damit überschritten wird.
Maximilian Renger: Welche Sanktionen gibt es eigentlich bei Verstößen des Vermieters gegen die Mietpreisbremse?
Fachanwalt Alexander Bredereck: Die bisherigen gesetzlichen Regelungen enthalten keine strafrechtlichen oder ordnungsrechtlichen Sanktionen für den Vermieter bei Verstößen. Schlimmstenfalls muss der Vermieter die überzahlte Miete zurückzahlen. Das bedeutet, dass der Vermieter es, ohne Schaden befürchten zu müssen, einfach mal probieren kann. Wie viel Steuern würden eigentlich noch gezahlt werden, wenn man im schlimmsten Fall befürchten müsste, die Steuern nachzahlen zu müssen?
Maximilian Renger: Was müsste passieren, damit die Mietpreisbremse Wirkung zeigt?
Fachanwalt Alexander Bredereck: Statt Fälle umfassender Modernisierung von der Mietpreisbremse vollständig auszunehmen, sollte lediglich eine Umlage der gesetzlich anerkannten Modernisierungen entsprechend einer Modernisierungsmieterhöhung auf die Miete zulässig sein. Das ist ausreichend, um die Wohnungen auf modernen Stand zu erhalten und verhindert unnötige Luxusmodernisierungen. Der Vermieter sollte außerdem verpflichtet werden im Mietvertrag die Miete des Vormieters zu dokumentieren und außerdem etwaige Ausnahmen von der Mietpreisbremse zu berechnen. Der neue Mieter kann dann von Anfang an nachvollziehen, ob der Vermieter sich an die Mietpreisbremse gehalten hat. Vermietern müssen empfindliche Sanktionen für Verstöße gegen die Mietpreisbremse angedroht werden. Der Verstoß darf sich wirtschaftlich nicht mehr rechnen. Das betrifft sowohl Verstöße gegen die oben angeregte Dokumentationspflicht, als auch Verstöße gegen die Mietpreisbremse an sich.
Maximilian Renger: Ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber hiervon etwas umsetzt?
Fachanwalt Alexander Bredereck: Soweit mir bekannt hat die jetzige Regierung das Thema erstmal auf Eis gelegt. Ich nehme aber an, dass die Mietpreisbremse wieder zum Gegenstand verschiedener Wahlkampfversprechen wird. Die spätere Umsetzung ist dann allerdings wieder eine andere Frage.
9.11.2016
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