100 Jahre Frauenwahlrecht: Internationaler Frauentag offenbart viele noch bestehende Ungerechtigkeiten
BADEN-BADEN. Weltfrauentag am 8. März: Seit 1911 wird an diesem Tag die Gleichheit zwischen Mann und Frau angemahnt. Seit 100 Jahren dürfen Frau wählen. Keine Frage – die Rolle der Frau in der Gesellschaft hat sich in den zurückliegenden zehn Dekaden stark verändert. Wenn man jedoch bedenkt, dass Frauen bis 1958 ohne die Einwilligung ihres Ehemanns kein Bankkonto eröffnen durften, bis 1977 ohne die Genehmigung des Ehepartners nicht arbeiten durften, dann wird deutlich, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau sehr langsam vorangeht. Auch heute müssen sich die Frauen jeden Millimeter erkämpfen. „Gewalt gegen Frauen ist auf der Tagesordnung: Vergewaltigungen, Genitalverstümmelungen, Zwangsheirat, Frauenhandel, Ehrenmorde – letztlich steht auch der Hashtag #MeToo für diese tägliche Unterdrückung. In Deutschland ist Gewalt in Form von häuslicher Gewalt nach wie vor ein weit verbreitetes Problem.
Auch im Berufsleben sind Frauen nach wie vor benachteiligt, obwohl sie seit vielen Jahren durchschnittlich höhere allgemeinschulische und berufliche Abschlüsse erlangen als Männer. Selbst in der Politik, die eigentlich gesellschaftlicher Vorreiter und Vorbild sein sollte, spielt sich ein Trauerspiel ab. Im gerade gewählten Deutschen Bundestag beträgt der Frauenanteil rund 30 Prozent. Schlusslicht unter den Landesparlamenten in Deutschland ist schon fast traditionell der Landtag von Baden-Württemberg. Nur knapp ein Viertel der Landtagsabgeordneten sind weiblich. Unterrepräsentiert sind Frauen auch in den Kommunalparlamenten und in den Leitungsbereichen der Rathäuser. „Ich meine, dass sich hier in den kommenden Jahren für Frauen bessere Möglichkeiten bieten müssen. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist kein Sonderrecht, sondern ein Menschenrecht. Die Frauenrechtlerin Clara Zetkin wurde nicht müde darauf hinzuweisen. Kein Wunder, dass viele Frauen nicht zur Wahl gehen – viele fühlen sich nicht repräsentiert. In Baden-Württemberg stellen Frauen 51 Prozent der Bevölkerung. Dieser Mehrheit wird Politik nicht gerecht“, so Dr. Anemone Bippes.
Im Focus der öffentlichen Diskussion steht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau“, meint Dr. Anemone Bippes. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Mit die größten Lohnunterschiede in Europa gibt es in Deutschland. Wie das europäische Statistikamt Eurostat ermittelte, verdienen Frauen in Deutschland rund 21,5 Prozent weniger als Männer. Gleichzeitig sind Frauen stärker von Armut bedroht. Waren 2006 noch 5,4 Millionen Frauen in Deutschland von Armut gefährdet, waren es zehn Jahre später 7,3 Millionen. Besonders betroffen sind Seniorinnen. Rund jede fünfte Frau im Alter von 65 Jahren und älter war im Jahr 2016 armutsgefährdet. Als von Armut bedroht gilt, wer bei unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt, 2016 waren dies 1063,75 Euro pro Monat.
Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau sollen in Frankreich künftig bestraft werden. In Frankreich ist der durchschnittliche Lohnunterschied zwischen Mann und Frau nur etwa halb so groß wie in Deutschland. Im Durchschnitt verdienen Männer in Frankreich neun Prozent mehr als Frauen, obwohl laut dem Gesetz seit 45 Jahren Frauen und Männer für die gleiche Arbeit das gleiche Gehalt bekommen sollten. „Deutschland hält sich mit Initiativen, um die Situation der Frauen zu verbessern, fein zurück. Das ist bedauerlich“, meint Dr. Anemone Bippes.
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