Ein Interview von Maximilian Renger, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin und Essen.
Maximilian Renger: Eine aktuelle Nachfrage eines Zuschauers auf YouTube dreht sich um das Kündigungsrecht von Arbeitnehmern und die Frage, ob man seinen Arbeitsvertrag eigentlich schon vor Arbeitsbeginn wieder fristlos kündigen kann, auch wenn der Arbeitsvertrag ein solches Recht vor dem ersten Arbeitstag ausschließt. Was sagst du dazu?
Fachanwalt Bredereck: Zunächst einmal muss ich sagen, dass mir auf Arbeitgeberseite der Sinn einer Klausel nicht ganz klar ist, die ein Kündigungsrecht des Arbeitnehmers vor Arbeitsbeginn ausschließt. Welches Interesse hat man daran, einen Arbeitnehmer zu halten, der schon vor seinem ersten Arbeitstag eigentlich wieder wegwill? Das ist eigentlich nur dann sinnvoll, wenn für den Fall des Verstoßes eine Vertragsstrafe fällig wird und der Arbeitgeber auf diesem Wege dann zumindest noch Geld erhält.
Maximilian Renger: Verstehe. Aber wenn nun eine solche Klausel besteht? Können Arbeitnehmer trotzdem fristlos kündigen?
Fachanwalt Bredereck: Das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers kann grundsätzlich auf diese Weise wirksam ausgeschlossen werden. Ist auch eine Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes vereinbart, gilt es zu prüfen, ob diese möglicherweise unwirksam ist. Die Vertragsstrafe darf z. B. nicht unangemessen hoch sein. Sie darf maximal ein Bruttomonatsgehalt umfassen und muss auf den konkreten Fall Bezug nehmen, für den sie gilt. Hier würde ich Arbeitnehmern aber empfehlen, im Zweifel einen Anwalt um Rat zu fragen, wie es sich in ihrem konkreten Fall verhält. Es sollte kein Verstoß dagegen durch eine voreilige Kündigung riskiert werden.
Maximilian Renger: Was gilt für den Fall, dass das Kündigungsrecht nicht ausgeschlossen ist?
Fachanwalt Bredereck: Dann kommt natürlich grundsätzlich eine Kündigung für den Arbeitnehmer in Betracht. Für eine fristlose Kündigung braucht er aber auch einen entsprechenden Kündigungsgrund. Der dürfte aber in den seltensten Fällen vorliegen, wenn die Arbeit noch gar nicht aufgenommen wurde. Rein rechtlich gesehen dürfte das also schwierig werden.
Maximilian Renger: Und rein praktisch betrachtet?
Fachanwalt Bredereck: Hat der Arbeitnehmer wenig zu befürchten, wenn er trotzdem einfach kündigt. Sofern keine Vertragsstrafe vereinbar ist, wird es der Arbeitgeber schwer haben, Ansprüche gegen ihn geltend zu machen. Schadensersatzansprüche scheitern in der Praxis zumeist daran, dass es dem Arbeitgeber nicht gelingt, einen Schaden zu beweisen. Der Arbeitnehmer hätte schließlich in der entsprechenden Zeit auch krank werden können, dann hätte der Arbeitgeber auch eine Ersatzkraft engagieren müssen. Schöner ist es natürlich, sich beim Arbeitgeber zu melden und entsprechend zu einigen. Allerdings dürfte auch andernfalls das Risiko einer Inanspruchnahme für Arbeitnehmer gering sein.
Maximilian Renger: Alles klar, vielen Dank.
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14.8.2017
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