3 Dinge, die Vorgesetzte von Trainern im Leistungssport lernen können
Top-Leistung, den ganzen Tag – so sieht die Idealvorstellung vieler Menschen von Ihrer eigenen Arbeit und Leistungsfähigkeit bzw. der ihrer Mitarbeiter aus. Oft habe ich Anfragen in meiner Beratungspraxis, in der es darum geht, die eigene Leistungsfähigkeit auf ein vermeintliches Optimalniveau zu erhöhen und z.B. zu lernen, die eigene Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Die Betroffenen stellen fest, dass sie sich im Laufe des Tages oder zu bestimmten Tageszeiten als abgelenkt empfinden und damit hinter ihren eigenen Vorstellungen bleiben, was das Resultat ihrer Arbeit angeht. In früheren Jahren der wurde versucht, dem Thema mit Zeitmanagement-Seminaren Herr zu werden. Heute wird eher im Bereich der Psychologie nach Lösungen für individuell empfundene Motivations- und Leistungskrisen gesucht.
Dahinter steht das mechanistische Verständnis von Arbeitsleistung, die Zeit müsse einen gleichförmigen Arbeitsertrag liefern. Genau das ist nicht korrekt: Bereits aus frühen Untersuchungen der Arbeits- und Organisationspsychologie und aus viel älteren Kulturtechniken wie Yoga ist bekannt, dass Phasen der Anspannung (Leistung) mit Phasen der Entspannung (Regeneration) gekoppelt werden müssen, um zu Spitzenleistungen zu kommen oder überhaupt über einen nennenswerten Zeitraum Leistung aufrecht zu erhalten. Wird ohne Pausen gearbeitet, sinkt bei den meisten Menschen spätestens nach 90 Minuten die Konzentration, so dass die Fehlerwahrscheinlichkeit die positiven Erträge der geleisteten Arbeit auffrisst.
Das Ergebnis eines solchen pausenlosen Arbeitsumfeldes sind frustrierend fehlerhafte Arbeitsergebnisse und eine ständige Überspannung – eine Tendenz, die im Extremfall direkt in den Burn Out führt. Letzteres trifft vor allem zu, wenn der Betroffene sich das Erkennen der eigenen Erschöpfung erfolgreich abtrainiert hat und nach Ende des Arbeitstages nicht mehr entspannen kann.
Der Autor Peter Solc stellt in seinem lesenswerten Buch “Die Time-out-Taktik” (siehe Amazon ) ausführlich dar, was Mitarbeiter und Vorgesetzte aus einem anderen Bereich, in dem es um die Erbringungen von Höchstleistungen geht, lernen können – aus dem Leistungssport bzw. den Trainingswissenschaften. Die nach meiner Erfahrung in der Beratung von Coachees und Klienten wichtigsten Aspekte davon sind die folgenden drei Regeln:
1. Bilden Sie kleine Arbeitspakete, die ein konkretes Ziel haben
Das Bilden von kleinen, überschaubaren Arbeitspaketen, die in der Phase Ihrer Konzentration abgearbeitet werden, unterstützt effektiv, dass Sie sich zwischen diesen Arbeitspaketen die benötigten Pausen nehmen. Zum anderen sollten für diese Arbeitspakete Ziele benennbar sein: Sportler setzen sich für einen Wettkampf in der Regel ein Minimal- und ein Maximalziel. Ziele wirken motivierend und sorgen, richtig gesetzt, dafür, dass Sie am Tag mehrere kleine Erfolgserlebnisse haben, die Sie zur weiteren Leistung anspornen.
2. Nehmen Sie sich Zeit für Vor- und Nachbereitung
Vor der Phase der eigentlichen Leistung ist es wichtig, über das Ziel des Arbeitspaketes nachzudenken und Minimal- und Maximalziel fest zu legen – klar zu definieren, wann die Aufgabe erfolgreich erledigt ist. Analog der Technik des Mentaltrainings, in der Sportler sich Bewegungsabläufe vorstellen oder das Erreichen des Ziels visualisieren, stimmt eine sinnvolle Vorbereitung Sie auf das Umsetzen der gesteckten Ziele ein und macht Ihren Erfolg wahrscheinlicher. Gleichzeit ist die Vorbereitung der Umsetzung eine Entspannungsphase: Indem Sie nicht gleich “los legen”, gönnen Sie sich eine – in diesem Fall höchst produktive – Pause.
Genauso wichtig wie die Vorbereitung der Leistung ist deren Nachbereitung. Bei Erreichung Ihrer Ziele haben Sie einen Erfolg erzielt und sollten diesen feiern bzw. sich belohnen – auf jeden Fall Ihren Erfolg bewusst wahrnehmen. Erreichte Ziele und wahrgenommene Selbstwirksamkeit der eigenen Arbeit wirken motivierend. Ist nicht alles gelaufen wie geplant, ist es um so wichtiger zu verstehen, was schief gegangen ist, um den Fehler in der Umsetzung oder in der Einschätzung der Aufgabe beim nächsten Mal zu vermeiden. Auch die Nachbereitung der Leistung ist eine wichtige Entspannungsphase, in der Sie sich für die nächste Arbeitsleistung regenerieren.
3. Achten Sie auf Ihre Erschöpfungssignale
Spätestens die genannten Vor- und Nachbereitungsphasen sollten Sie nutzen sich zu fragen, wie es aktuell mit Ihrer Konzentration bestellt ist. Haben Sie Hunger oder Durst, ohne es zu merken? Sind Sie in einen Tunnelblick gegangen, in dem Sie sich nur noch an einem bestimmten Problem verbeißen, aber nicht mehr effektiv weiter kommen? Gerade dann, wenn Sie merken, dass die Arbeit nicht so läuft, wie Sie das geplant haben, kann das ein wichtiges Signal sein, eine kurze Auszeit zu nehmen, um z.B. einen Kaffee zu holen oder spazieren zu gehen, je nachdem, was Ihre Arbeitsumgebung zulässt. Gerade weil in den meisten Jobs anders als im Sport nachlassende Leistung nicht direkt zu bemerken ist, ist es verführerisch, Arbeit mit Leistung zu verwechseln und zu glauben, man müsse jetzt an diesem oder jenem “dran bleiben”. Schon kurze Regenerationsphasen bringen hier den Knoten zum Platzen, so dass die Zeit in die Pause effektiv besser investiert ist als in stures Weiterarbeiten.
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