Dr. Esther Omlin informiert über Urkundenfälschung und Falschbeurkundung.
Dokumente bestimmen das Leben eines jeden Menschen, verrät Dr. Esther Omlin. Dazu gehören die Schulzeugnisse, Ausweisdokumente, Verträge und vieles mehr. Kurz gesagt: Urkunden bescheinigen den beruflichen Werdegang, die Staatsangehörigkeit, den Versicherungsschutz und so ziemlich alles, was einen Menschen ausmacht. Jeder verlässt sich darauf, dass die ausgehändigten oder auch vorgelegten Dokumente richtig sind und auf korrektem Wege erstellt wurden. Doch was passiert, wenn das nicht der Fall ist?
Wir haben Staatsanwältin Esther Omlin zum Thema Urkundenfälschung gefragt:
o Was ist Urkundenfälschung?
o Wann ist Urkundenfälschung strafbar?
o Wie wird Urkundenfälschung bestraft?
o Wie unterscheiden sich Urkundenfälschung und Falschbeurkundung?
o Was passiert beim Gebrauch einer gefälschten Urkunde?
o Kann Urkundenfälschung verjähren?
WAS IST URKUNDENFÄLSCHUNG?
Unter den Begriff Urkundenfälschung fallen alle Handlungen, die den Beweiswert von Urkunden durch manipulative Eingriffe verändern. Hierzu gehören die Herstellung, die Veränderung einer bestehenden Urkunde oder die offensichtliche Verwendung einer falschen oder veränderten Urkunde, berichtet Dr. Esther Omlin. Demnach kann eine Urkundenfälschung auf drei Arten erfolgen.
o Die ganze Urkunde wird von einer anderen Person angefertigt. Das bedeutet, dass dieses Dokument nicht von der vermerkten ausstellenden Behörde stammt. In diesem Fall spricht die Justiz von einer Totalfälschung.
o Die Urkunde wird verfälscht, indem Textpassagen oder Titelbezeichnungen hinzugefügt werden. Beispiele hierfür sind Doktortitel (Falschbeurkundung).
o Es wird eine Blankettfälschung angefertigt. In diesem Fall wird die echte Unterschrift einer anderen Person mit einem Text zusammengefügt, der nicht dem Willen dieser Person entspricht.
Bei allen drei Varianten stellt der Täter oder die Täterin eine unechte Urkunde her.
Das Vertrauen in Urkunden ist aber ein schützenswertes Rechtsgut. Daher kann auch die Abänderung einer E-Mail unter die Urkundenfälschung fallen. Eng verwandt mit der Urkundenfälschung ist das Erschleichen einer falschen Beurkundung unter Vortäuschung falscher Tatsachen. Alle Varianten der Urkundenfälschung sind Bestandteil des Strafgesetzbuches ab Art. 251, weiß Dr. Esther Omlin.
WANN IST URKUNDENFÄLSCHUNG STRAFBAR?
Wurde die Urkunde vorsätzlich gefälscht, geht die Justiz von einer strafbaren Handlung aus. Der Fälscher oder die Fälscherin muss wissentlich und willentlich vorgehen und die wesentlichen Bestandteile der Urkunde kennen und wiedergeben. Zusätzlich zum Vorsatz muss zudem auch die Absicht nachgewiesen sein, dass die Urkunde verwendet werden soll. Zur Verwendung kommt die Absicht, mit dem gefälschten Dokument zu gewissen Vorteilen (Vorteilsabsicht) zu gelangen. Auch der Plan, mit einer falschen Urkunde eine dritte Person zu schädigen oder um das Vermögen zu bringen (Schädigungsabsicht) fällt darunter. Das Vorliegen der bloßen Absicht ist aber ausreichend. Für die Straftat ist es unerheblich, ob der Getäuschte tatsächlich geschädigt wurde oder tatsächlich ein Vorteil erreicht wurde, schildert Dr. Esther Omlin.
WIE WIRD URKUNDENFÄLSCHUNG BESTRAFT?
Das genaue Strafmaß orientiert sich bei der Urkundenfälschung an den Folgen der Täuschung, so Dr. Esther Omlin. Generell handelt es sich aber bei der Fälschung von Dokumenten und Urkunden immer um ein Verbrechen und nicht um ein Kavaliersdelikt. Die Folgen können eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre sein. In leichten Fällen liegt diese auch bei drei Jahren. Bei sehr leichten Fällen wird die Fälschung als Bagatellfall eingestuft. In diesen Fällen kann von Gesetzes wegen eine Strafmilderung erfolgen. Die Kriterien für einen Bagatellfall sind sehr hoch. Aber nur so ist eine Abgrenzung von schweren Urkundenfälschungen möglich. Die Kriterien sind:
o Die Bedeutung der gefälschten Urkunde im Rechtsverkehr?
o Wie weit weicht die Fälschung von der wahren Sachlage ab?
o Welche Vorteile sollten mit dem gefälschten Dokument erschlichen werden?
o Wie hoch sollte die beabsichtigte Schädigung ausfallen (Erschleichung von Geld beispielsweise)?
o Was sind die Tatmotive?
So ist die Erschleichung einer Freistunde eines minderjährigen Schülers durch die Unterschriftsfälschung der Eltern bestimmt keine schwere Urkundenfälschung, verrät Dr. Esther Omlin.
Bagatellfälle können sein:
o Fälschung einer bestehenden Vollmacht aus Bequemlichkeit (KGer GR, 25.08.1970).
o Fälschung einer Unterschrift zum Erhalt eines Feriengeldanspruchs vor dem Fälligkeitstag (OGer BE, 28.06.1956, ZBJV 1957, 116).
Zusätzlich kann Urkundenfälschung auch als Betrug eingestuft werden. Vor allem dann, wenn jemand geschädigt wurde. Dies tritt beispielsweise beim Immobilienverkauf gelegentlich zutage. Wird ein Grundstück überteuert verkauft wegen eines zugrunde liegenden gefälschten Wertgutachtens, ist dies nicht nur Urkundenfälschung, sondern auch Betrug.
WIE UNTERSCHEIDEN SICH URKUNDENFÄLSCHUNG UND FALSCHBEURKUNDUNG?
Bei der Falschbeurkundung wird eine echte Urkunde um einen unwahren Inhalt erweitert oder ergänzt. Jedoch ist die Abgrenzung der einfachen schriftlichen Lüge bei einer Falschbeurkundung schwer nachzuweisen, erläutert Dr. Esther Omlin. Damit auch die Frage, ob es sich um eine strafbare Handlung handelte oder eben nicht. Daher muss die Urkunde im Verhältnis zur normalen schriftlichen Lüge eine erhöhte Glaubwürdigkeit vorweisen. Eine Urkunde gilt als erhöht glaubwürdig, wenn allgemeine tatsächliche Garantien die Richtigkeit der Erklärung verbriefen und daher einer Urkunde generell ein gewisses Vertrauen zugutekommt (BGE 126 IV 65). Solche Garantien ergeben sich:
o Durch die Prüfungspflicht einer beurkundenden Person, die den Beweis für die Wahrheit der Erklärung oder des Tatbestandes in der Urkunde bringt.
o Aus den gesetzlichen Vorschriften, zum Beispiel den Bilanzvorschriften (OR 958 ff). Darin werden der Aufbau und die wesentlichen Inhalte genau benannter Schriftstücke exakt gesetzlich vorgegeben.
Allgemein unterscheidet sich eine Falschbeurkundung von einer Urkundenfälschung in einem wesentlichen Punkt, erklärt Dr. Esther Omlin: Der Aussteller der Falschurkunde ist mit dem Aussteller der Urkunde identisch. Bei einer Urkundenfälschung ist der tatsächliche Aussteller der Urkunde mit dem Aussteller nicht identisch. Wie auch die Urkundenfälschung ist die Falschbeurkundung ein Verbrechen und kann mit dem gleichen Strafmaß geahndet werden.
WAS PASSIERT BEIM GEBRAUCH EINER GEFÄLSCHTEN URKUNDE?
Die strafbare Handlung ergibt sich durch den Gebrauch der Urkundenfälschung oder Falschbeurkundung im Rechtsverkehr mit Dritten, schildert Dr. Esther Omlin. Die Bestrafung entspricht den allgemeinen Vorgaben der Urkundenfälschung. Dabei ist es auch beim Gebrauch gefälschter Dokumente unerheblich, ob die Täuschung zum Erfolg führt oder nicht. Die dritte Person muss die Urkunde nicht einmal wissentlich zur Kenntnis nehmen. Der Tatbestand gilt bereits als gegeben, wenn die Urkunde der zu täuschenden Drittperson zugänglich gemacht wird. Beispiele hierfür sind:
o Publikation und Erläuterung inhaltlich falscher Bilanz für eine Generalversammlung einer AG.
o Einreichen gefälschter Urkunden zum Erhalt einer Berufsausübungsbewilligung.
o Vorlegen gefälschter Bankauszüge für den Erhalt vermögenswirksamer Vorteile.
o Abgabe gefälschter Studienzeugnisse oder Hochschulabschlüsse bei Bewerbungen.
Auch bei der Benutzung gefälschter Dokumente muss der Täter oder die Täterin vorsätzlich handeln und die wichtigsten Umstände kennen. Ebenso muss die Absicht einer Schädigung oder Vorteilsnahme vorliegen.
KANN URKUNDENFÄLSCHUNG VERJÄHREN?
Eine allgemeingültige Verjährungsfrist ist beim Strafbestand der Urkundenfälschung nicht gegeben. Dies liegt unter anderem an den verschiedenen Formen der Urkundenfälschung und an der unterschiedlich eingestuften Schwere der Tat. Generell verjähren aber leichte Fälle und das Fälschen von Ausweisen nach sieben Jahren. Die meisten Varianten, wie das Erschleichen einer falschen Beurkundung und Urkundenfälschung im Amt, verjähren aber erst nach Ablauf von 15 Jahren. Die Aufnahme ins Strafregister erfolgt bei Bagatellfällen (Übertretungen) mit einer Busse von unter 5000 Franken oder unter 180 Stunden gemeinnütziger Arbeit nicht. Einträge zu Geldstrafen, Freiheitsstrafen auf Bewährung und Freiheitsstrafen unter einem Jahr bleiben 10 Jahre bestehen. Erst dann erfolgt deren Löschung. Eine Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren bleibt bis zu 15 Jahre im Strafregister stehen und damit auch im Auszug, berichtet Esther Omlin abschließend.
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Omlin Strafrecht: Untersuchungen & Expertisen
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