Ein spannender moderner Roman aus weiblicher Feder, der kein Blatt vor den Mund nimmt!
Flaschendrehen – ein harmloses Spiel verändert auf einen Schlag Cindys Leben. Die 16-Jährige gerät in einen verhängnisvollen Strudel von skrupellosen Machenschaften. Das Internet wird plötzlich zur Bedrohung. Und die Austauschschülerin entpuppt sich als…
Leseprobe:
Die Wette
»Hätte es gestern nur nicht mich getroffen«, flucht Cindy vor sich hin,
während sie fast splitternackt an der Hauptstraße steht.
Wie jeden Freitag hat sich unsere Clique abends zum Quatschen und
Musikhören bei jemandem aus meiner Klasse getroffen. Gestern waren
wir bei Anna. Sie ging mit mir in die zehnte Klasse. Wir saßen die letzten
drei Jahre zusammen in einer Bank. Zum Glück verstehen wir uns
gut. Ich ließ sie immer bei mir abschreiben, da sie oft keine Lust zum
Lernen hatte.
Gerade sind ihre Eltern in einem Klassik-Konzert mit anschließendem
Abendessen. So können wir uns heute alle ungestört bei Anna treffen.
Sie bereitet lecker dampfende Fertigpizza mit Ananas und Salami zu.
Dazu gibt es Wodka-Cola und andere Mixgetränke nach Wunsch.
Sobald die erste Flasche leer, ist wird es immer spannend. Dann geht es
los, unser Spiel: Flaschendrehen! Das ist meistens schon sehr spät am
Abend. Irgendwann hatte jemand die Idee dazu. Wir saßen alle im
Kreis, die leere Colaflasche wurde gedreht. Auf wen die Öffnung zeigt,
der muss ein Kleidungsstück ablegen. Wer als erstes nichts mehr an hat,
ist der Verlierer. Er muss eine Aufgabe einlösen, die vorher festgelegt
wird.
Am Anfang ging es um ganz harmlose Sachen wie einen fremden Jungen
oder ein besonders hübsches Mädchen zu küssen oder im Laden an
der Ecke bei dem verbiesterten grauhaarigen Verkäufer eine Packung
Kaugummi zu klauen. Im Laufe der Zeit wurden die Aufgaben immer
riskanter und gefährlicher.
Freitag zuvor traf es Susi. Sie ist von uns allen die Verklemmteste. Sie
ist etwas schüchtern, eher so der Typ graues Mäuschen. Niemand hat
ihr zugetraut, dass sie ihre Aufgabe wirklich erfüllt! Susi sollte zur Feuerwehr
rennen, sich dort nackt ausziehen und dabei rufen: »Mir ist so
heiß, ich verbrenne!« Sie hat es ohne zu Zögern gemacht! Wir alle waren
darüber erstaunt, fanden es super cool. Seitdem sehe ich sie mit
ganz anderen Augen. Irgendwie wollte sie wohl beweisen, dass sie keine
Langweilerin ist und von uns akzeptiert werden möchte.
Die irritierten »Kameraden« in der Feuerwache sahen sich ratlos um,
wollten die Polizei rufen. Susi konnte sich sozusagen in letzter Minute
retten, indem sie flugs davonrannte. Nackt! In der Eile kam sie erst mitentsprechendem Abstand dazu, sich wieder notdürftig anzuziehen.
Na ja, und heute hat es leider mich getroffen. Ich hatte mir vorher keinerlei
Gedanken über meine Kleiderordnung gemacht. Der Abend ist
ziemlich heiß, die Luft steht förmlich. Ich habe deshalb lediglich ein
dünnes Sommerkleidchen und einen Slip an. Es war ja dann fast klar,
dass ich heute beim Flaschendrehen verliere.
Die Wetteinlösung ist jedenfalls mehr als peinlich. Ich hoffe, dass nicht
gerade meine Eltern oder Bekannte hier vorbei kommen. Wir wohnen
im Berliner Stadtteil Köpenick, etwas außerhalb, aber da ist um diese
Uhrzeit in lauen Sommernächten noch einiges los. Gerade dann gibt es
viele, die in der Gegend mit dem reizvollen Spreeufer und dem Müggelsee
bummeln. Für Verliebte bieten sich lauschige Ecken in den
Parks. Die zahlreichen Cafés haben Tische und Stühle ins Freie gestellt.
Es gibt sogar eine eigene Brauerei, die auf eine Terrasse mit frischem
Bier und Essen am Seeufer einlädt. Also Romantik pur mit einer guten
Portion Mittelmeer-Urlaubs-Ambiente.
Bei diesem regen Nachtleben soll ich jetzt eine halbe Stunde lang hüllenlos,
nur mit meinem Höschen bekleidet, etwas abseits der Hauptstraße
stehen! Zum Glück habe ich wenigstens einen ziemlich neuen
Slip an, der sogar ein bisschen sexy ist. Was würden die anderen sagen,
wenn ich mit einem meiner ausgewaschenen Modelle auftreten würde!
Da hätten die sofort Gesprächsstoff, würden sich über mich unendlich
lustig machen!
So stehe ich hier nun mit meinem knallrot-pinken Slip. Mittlerweile ist
es schon fast dunkel, das Thermometer zeigte vorhin beim Strandbad
noch 25 Grad an. Da ist es wohl nicht so ungewöhnlich, wenn man
nicht so viel an hat. Schließlich gibt es am Müggelsee sogar einen FKKStrand,
also sollte ich eventuell gar nicht besonders auffallen.
Trotzdem komme ich mir schrecklich peinlich vor. Ich weiß, dass die
anderen da hinten neben der Hausecke beim Laden stehen, sich kranklachen
und darauf gespannt warten, was passieren wird. Ich hoffe, es
wird gar nichts passieren. Irgendwie werde ich die halbe Stunde schon
ohne Katastrophen durchhalten.
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