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Ernährungsideologien schaden der Seele

Frei von Genuss
Foto: Fotolia / guukaa (No. 5911)

sup.- Ein gefährlicher Trend, der psychisch krank machen kann: „Ernährung soll kein Zuckerschlecken mehr sein, sondern je nach Ideologie frei von Fett, Kohlenhydraten, Gluten, Laktose, Fleisch – aber vor allem frei von Genuss!“, warnt der Gesellschaftskritiker Detlef Brendel, bekannt als Autor des Buches “ Die Zucker-Lüge„. Die Zielgruppe der so genannten „Worried Well“, also der besorgten Gesunden, wächst seit Jahren kontinuierlich. Der Boom der „frei-von“-Produkte ist hierfür ein eindrucksvoller Beleg. Immer mehr Konsumenten greifen bevorzugt beispielsweise zu laktose- oder glutenfreien Lebensmitteln, obgleich sie weder eine Unverträglichkeit gegen Milchzucker noch gegen Getreideeiweiß haben. Aber es entspricht dem Zeitgeist, ein besseres Gefühl zu haben, wenn der Einkaufskorb gezielt mit „frei-von“-Ware gefüllt wird. Gesund ist das aber nicht!

Erste Studien belegen, dass diese Verzichtsmentalität zu organischen Problemen führen kann. Eigentlich nicht erstaunlich: Dass für gesunde Menschen eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung am förderlichsten ist, gehört zu den Grunderkenntnissen der Ernährungswissenschaft, die keineswegs an Gültigkeit verloren haben.

Aber nicht nur für das physische Wohlbefinden sind die Auswirkungen von einseitigen Ernährungsideologien risikoreich. Mindestens ebenso bedenklich ist der Schaden für die Psyche. Menschen, die sich mit der Priorität ernähren, ihrem Körper damit vermeintlich möglichst wenig zu schaden, vernachlässigen den Genuss-Aspekt meist nahezu komplett. Diese Einstellung ist für die seelische Gesundheit äußerst gefährlich. Wer verlernt hat zu genießen, wird psychisch krank, denn genießen zu können, ist ein wichtiger Bestandteil der Selbstfürsorge. In der Psychologie werden Genuss und Genießen dem Bereich des euthymen Erlebens und Verhaltens zugeordnet. Euthym bedeutet: Was der Seele gut tut! „Momente des Genießens helfen, uns gegen den alltäglichen Stress zu schützen und stellen den negativen Gefühlen positive entgegen“, erklärt der Psychologe Dr. Rainer Lutz (Marburg/Dreihausen), der das erlebenswerte Portal www.genuss-tut-gut.de mitgestaltet hat.

Genuss muss laut Dr. Lutz gewollt und akzeptiert sein. Und der täglichen Ernährung sollte in diesem Zusammenhang ein wichtiger Stellenwert eingeräumt werden. Wobei Genuss natürlich nichts mit Völlerei zu tun hat, denn zum Wohlfühl-Charakter des Genießens gehört immer auch das Wohlbefinden des Körpers. Nahezu allen Ernährungsideologien ist jedoch gemeinsam, dass das existenzielle Genuss-Bedürfnis von Menschen nicht nur keine Beachtung findet, sondern im Gegenteil als verwerflich und unmoralisch bewertet wird. Das Leben soll eben kein Zuckerschlecken mehr sein. Fragt sich nur, wem man mit dieser Gesinnung etwas Gutes tut.

Supress
Redaktion Ilona Kruchen

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