Die Digitalisierung fordert Antworten von den Autobauern
Von Ansgar Lange +++ Die Automobilindustrie steht vor einem Gezeitenwechsel. „100 Jahre lang propagierte die Autoindustrie die „Freude am Fahren“. Jetzt sollen die Bordcomputer übernehmen. Die Branche fragt sich: Will der Kunde das wirklich?“, fragt die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) und dreht den alten Derrick-Spruch um: „Wagen, hol schon mal den Harry“. SZ-Autor Thomas Fromm sieht die Branche von Angst getrieben. Der Motor dieser Angst sei die Digitalisierung. Aufgegeben werde dafür der Markenkern von BMW und Co.: Die Freude am Fahren.
„Ohne eine stärkere kommunikative Einbindung der Kunden wird diese Veränderung nicht funktionieren. Angst ist prinzipiell immer ein schlechter Ratgeber. Allerdings hat die deutsche Autoindustrie keine andere Chance, als auf den Zug hin zum automatisierten Fahren aufzuspringen und ihn maßgeblich mit zu gestalten. Sonst würde die Branche das Schicksal des Paderborner Computer-Pioniers Heinz Nixdorf erleiden. Dessen Unternehmen geriet zu dem Zeitpunkt auf Talfahrt, als es den Aufstieg des Personal-Computers ignorierte. Wer sich dem Wandel verschließt, gefährdet Wohlstand und Arbeitsplätze“, sagt Michael Zondler, Geschäftsführer des Stuttgarter Beratungsunternehmens CENTOMO http://www.centomo.de
Zondler plädiert für eine Mischung aus Optimismus und Gelassenheit bei der Gestaltung des digitalen Wandels in der Automobilbranche; „Noch immer sind es die klassischen Autobauer, die unsere Autos bauen. Das sichert viele hochwertige Arbeitsplätze in Deutschland und ist ein Rückgrat unserer Wirtschaft. Keiner kann in die Kristallkugel blicken. Aber es wird über eine längere Zeit ein Mit- und Nebeneinander von autonomen Fahrzeugen und auch 20 Jahre alten VW-Golfs geben, wie es die SZ so schön ausgedrückt hat. Dafür muss es pragmatische Lösungen geben.“
Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt, bangen auch die Taxi- und Uber-Chauffeure um ihre berufliche Existenz, wenn die Kunden von selbstfahrenden Fahrzeugen durch die Stadt kutschiert werden. Zondler hält diese Existenzangst der Taxi-Fahrer für verständlich: „Die Sorgen um den eigenen Job muss man ernst nehmen. Aber da die Entwicklung ja nicht von heute auf morgen eintreten wird, gibt es genug Zeit, sich auf die Entwicklungen einzustellen. In der Regel ist es so, dass durch neue technische Entwicklungen auch neue Jobs entstehen. Daher ist es wichtig, dass zum Beispiel Taxifahrer umgeschult werden und sich anderweitig weiterbilden lassen. Als Personalberater, der viel mit der Autoindustrie zu tun hat, kann ich nur sagen: Die Digitalisierung der Branche ist eine wahre Jobmaschine für Hochqualifizierte.“
Aber auch die Autobranche an sich müsse Antworten liefern, warum sich der Besitz eines eigenen Autos noch lohnt. „Uber und Co. arbeiten daran, in Zukunft eine preisgünstige, immer verfügbare und bequeme Alternative zum Besitz eigener Autos zu bieten. Wenn die Freude am Fahren irgendwann ganz wegfallen sollte, dann muss der Mehrwert in Form einer Freude am Gefahrenwerden für die Kunden sehr überzeugend ausfallen“, meint der CENTOMO-Chef.
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