Gaszylinder reiste von Berlin via Sachsen-Anhalt nach Kanada
(Mynewsdesk) Ungewöhnliche Luftfracht brachte es auf 141 Tonnen Gewicht.In Zentimeterschritten bewegt sich ein 141 Tonnen schwerer Metallzylinder über eine lange Rampe in den Bauch des größten Transportflugzeugs der Welt. Für die Besatzung der Antonov AN 225 auf dem Flughafen Leipzig/Halle gehört eine solche Aufgabe fast zum Alltag -sie ist ungewöhnliche Ladungen gewohnt. 30 Spezialisten haben neun Stunden zu tun, bis der schwere Brocken exakt ausgerichtet und gut gesichert seinen Platz im Frachtraum gefunden hat. Kurz vor Mitternacht hebt die sechsstrahlige Maschine von der Piste ab. Ihr Ziel ist Kanada, eine Zwischenlandung auf dem isländischen Flughafen Keflavík eingeschlossen. „Erst wenn der Zylinder beim Kunden in Edmonton angekommen ist, können wir unsere im April begonnene Arbeit als abgeschlossen ansehen“, sagt Stephan Wrobel, Manager bei DB Schenker Logistics. In der Nähe der Hauptstadt der kanadischen Provinz Alberta wird das Bauelement in einem Gasfeld dringend benötigt, um künftig bei der Verflüssigung von Gas seine Aufgabe zu übernehmen. Mit Hilfe des Zylinders wird es von 1.200 auf 600 Grad Celsius heruntergekühlt. Zentraler Schauplatz des besonderen Transports war Sachsen-Anhalt. Das Bundesland erweist sich bei Schenker nicht zum ersten Mal als Drehpunkt von Schwerlastfrachten. „Der Hafen Aken ist für uns so etwas wie ein Glücksfall, er dient oft als Umschlagplatz“, versichert Karl Hammerschmidt, Leiter für Spezialtransporte bei DB Schenker Logistics. Dort gebe es die Fachleute für das Verladen vom Schiff auf ein Straßenfahrzeug oder die Schiene und umgekehrt. Die Technik ist darauf ausgerichtet und die stationären Kräne leisten Erstaunliches. Vor allem für Kunden aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hat der Platz Bedeutung, wenn „schwere Brocken“ zum Hamburger Überseehafen gebracht werden müssen oder von dort kommen. Wie zum Beweis zeigt Hammerschmidt auf die Freiflächen im Hafen, auf denen weitere riesige Teile für eine Verladung stehen. Der Hafen am Stromkilometer 277,5 ist bereits seit 1889 in Betrieb. Seine Trimodalität, die Verbindung zwischen Straße, Schiene und Wasser als Transportwege, macht ihn so interessant. Allein das Schwergutterminal mit der hubstärksten stationären Krantechnik an der Elbe zwischen Hamburg und Tschechien kann punkten, denn hier werden 270 Tonnen spielend bewältigt. Dass der Gaszylinder der Firma Borsig für Kanada nicht in Berlin von der Antonov übernommen werden konnte, hat logistische Gründe. „Wir haben viele Varianten untersucht und haben uns dann für den Weg über Aken und den Flughafen Leipzig/Halle entscheiden“, sagt Hammerschmidt. Er erwies sich letztendlich als der effektivste. Selbst eine Variante über Hannover bestand die Prüfungen nicht. Ein Problempunkt beim Transport sei das komplette Gewicht des Schwerguttransportes gewesen. Er brachte es auf stolze 293 Tonnen. 20 Achsen waren notwendig, um den Zylinder die 80 Kilometer zwischen Hafen und Flugplatz zu bewegen. Mit den zwei Zugmaschinen, eine zum Ziehen und eine zum Schieben, brachte es das Fahrzeug auf eine Länge von 51 Metern. Diese Ausmaße hatten einen einfachen Grund. Nur so konnte sich die Masse des 16 Meter langen Behälters optimal verteilen, erläutert Carsten Markwart von DB Schenker. In Berlin wäre das Projekt bereits an den vielen Brücken gescheitert, die teilweise marode und für solche Lasten nicht geeignet sind. Zwischen Aken und dem Flughafen Leipzig/Halle gibt es nur zwei solcher Bauwerke, die vor dem Transport exakt vermessen und untersucht wurden. Allein das Gutachten für die Brücke über die A 9 bei Quetzdölsdorf umfasst 84 Seiten. Vor dem Nachttransport über Landstraßen hatten die Fachleute von DB Schenker die Strecke mehrfach abgefahren und ausgemessen. Am Computer erfolgten Simulationen für die Brückenpassagen und Straßenkurven. Doch der Teufel steckt manchmal im Detail. Eine Baustelle machte Sorgen, doch wenige Tage vor der spektakulären Aktion war die Straße wieder frei. „Uns fiel ein Stein vom Herzen“, sagt Carsten Markwart. Wie bei den anderen am Projekt Beteiligten fiel nach drei Tagen der Hochspannung bei ihm ein weiterer mit dem Bilderbuchstart der Antonov . Autor: Klaus-Peter Voigt
Fotos: Ralf Lehmann
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