Lang, anstrengend und nur für Schwindelfreie
Von Mario Friso: Gratwanderung Harder Kulm vorwärts
Lang, anstrengend und nur für Schwindelfreie geeignet ist die Gratwanderung vom Gipfel des Brienzer Rothorns über die ganze Rothornkette bis zum Harder oberhalb von Interlaken.
Doch die Mühe lohnt sich! Die Tour trägt nicht umsonst das Prädikat: Schönste Panorama- bzw. Gratwanderung in den Berner Alpen. Neben einer schönen Grat- und Schroffenkletterei hat die Wanderung faszinierende Tiefblicke zum Brienzersee, auf das Bödeli (Schwemmland der Region Interlaken), ins Tal der jungen Emme und sogar auf Eiger, Mönch und Jungfrau zu bieten und ist deshalb nur schwer zu topen.
Ausgangspunkt der Tour ist die Bahnstation Rothorn Kulm (2.244 m). Beim Verlassen des Gebäudes folgt man den Wegweisern nach links. Über die grasige, nur von wenigen Felsen durchsetzte Südflanke des Schongütsch (2.320 m) wandert man gemächlich, bis man kurz danach das erste Mal den Grat berührt und schliesslich mit dem schmalen Pfad auf die Nordseite wechselt.
Auf dem Rücken der Lanzizähne steigt man über eine zementierte Treppe durch das Lättgässli empor. Dann geht es eine steile Rinne herab und man traversiert herüber zum Chruterepass (2.053 m). An der Scharte beginnt die eigentliche Gratwanderung. Leicht aufwärts steigend führt der schmale Pfad zu einer Kuppe und zieht sich dann, grösstenteils links der Schneide, am Briefengrat entlang, bis man auf 2.165 m den Gipfel des Briefenhorns erreicht.
Leicht absteigend gelangt man auf den Wannepass (2.071 m). Die felsigen Kanten des Balmi (2.141 m) umgeht der unmarkierter, aber deutliche Trampelpfad nordseitig. Langsam rückt der imposante Ostgrat des Tannhorns (2.221 m) ins Blickfeld; beeindruckend sind die Felsen über seinem Scheitel und die gerade zwei Fuss schmale Schneide darüber.
Am Beginn der Schlüsselstelle der Tour (T5) bietet ein dünnes Seil gute moralische Unterstützung bei der kurzen Kletterei im bröckeligen Gestein. Der anschliessende Grat verlangt für circa 20 Minuten volle Konzentration und absolute Trittsicherheit. Dann kann man aufatmen und erreicht wenig später den Gipfel des Tannhorns (2.221 m).
Deutlich leichter ist der folgende Abstieg in die nächste Gratsenke. Über eine Kuppe erreicht man nach erneuten Abstieg, das kantige, Ällgäuhorn (2.047 m). Von hier geht es abschnittsweise recht steil herab in die Ällgäulücke (1.918 m).
Man verlässt die Scharte auf dem weiß-rot-weißer markierten Weg, traversiert den felsdurchsetzten Hang und wandert schräg herunter zur inzwischen verlassenen Alp Bitschi (1.690 m).
Etwa 200 m weiter unten, tritt man in den Wald ein und wandert in Schleifen – mal gemächlich, mal steil – immer weiter bergab zur Mündung des Hirschherrenbachgrabens. Man quert den Graben und wandert schliesslich auf asphaltierter Strasse herab zum Bahnhof von Oberried (589 m).
Besonderes:
Oft weglos. Einzelne einfache Kletterstellen. Exponiert, anspruchsvolles Gelände, steile Schrofen. Apere Gletscher und Firnfelder mit Ausrutschgefahr.
Anforderungen
Bergschuhe. Sichere Geländebeurteilung und sehr gutes Orientierungsvermögen. Gute Alpinerfahrung und im hochalpinen Gelände. Elementare Kenntnisse im Umgang mit Pickel und Seil.
Mario Friso
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