Weiterentwicklung des Roboter-unterstützten Operierens im Ev. Krankenhaus Bielefeld ist einzigartig in Deutschland.
Heinz Holms liebevoll angelegter Garten ist perfekt gepflegt. Der 80jährige Rentner und Rosenfan aus Bielefeld macht hier alles selber. Dass er sich erst vor wenigen Wochen einer Darmkrebs-Operation unterziehen musste, merkt man ihm nicht an. „Da habe ich ein Riesenglück gehabt“, erzählt Holm augenzwinkernd. „Mein Hausarzt hat mit mir geschimpft, da ich noch nie eine Darmspiegelung hatte, und mich dafür ins EvKB geschickt. Bei dieser Routine- Untersuchung wurde dann ein Tumor entdeckt, welcher operativ entfernt werden musste“. Nach interner Beratung empfahl Professor Jan Schulte am Esch, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, den Eingriff mit dem DaVinci-System durchzuführen. Hierbei handelt es sich um eine besondere, Roboter-unterstützte Form der Minimalinvasiven Chirurgie („Schlüsselloch-OP“), welche dem Patienten größere Schnitte erspart und mit geringerem Blutverlust sowie schnellerer Genesung einhergeht. Herr Holm willigte sofort ein, Angst vor dem Roboter hatte er keine. „Der Operateur hat mir den Eingriff und das Gerät sehr gut erklärt und die Argumente haben mich überzeugt. Das feinere Arbeiten, die Genauigkeit etc. – als ehemaliger Fernmeldetechniker habe ich dafür sofort Verständnis gehabt und die Vorteile gesehen.“
„Bei dem DaVinci-System handelt es sich nicht um eine selbst agierende oder gar selbst denkende Maschine, sondern um ein hochkomplexes OP-Instrument, welches immer vom Operateur bedient wird“, erklärt Prof. Schulte am Esch. „Hand- und Finger-Bewegungen des Chirurgen, welche dieser an der neben dem Operationstisch stehenden Konsole ausführt, werden auf nur wenige Zentimeter große Instrumente übertragen, die über Röhrchen in den Bauchraum des Patienten eingebracht werden. Hierdurch werden die Bewegungen feiner, präziser und lassen sich über die bis zu 15fache Vergrößerung der 3-D-Optik genauer kontrollieren. Die Vorzüge des Roboters lassen sich insbesondere in entlegeneren Bereichen des Körpers, welche selbst über große Schnitte schwer zu erreichen sind, nutzen. Hierzu gehören vor allem der Beckenraum, der obere Bauchraum und die Brusthöhle.“
Vor sechs Jahren wurde bereits der Vorgänger des DaVinci-Systems am EvKB angeschafft – als bis heute einziges Gerät in OWL. Jetzt verwenden Urologie, Gynäkologie und Allgemeinchirurgie des Krankenhauses bereits die neueste Version: DaVinci Xi hat vier statt drei Arme und damit ein weiteres Operationsinstrument gegenüber dem Vorgänger. Die Instrumente sind noch kleiner und die Bewegungsfreiheit am Operationstisch ist verbessert worden. Darüber hinaus gibt es relevante Optimierungen der Software und Bedienung für den Chirurgen.
In Bielefeld bedeutet der DaVinci ein Alleinstellungsmerkmal: Neben der Tatsache, dass deutschlandweit nur 14 Roboter der neuesten Generation im Einsatz sind, hat das EvKB als einziges und erstes Klinikum in Deutschland den OP-Roboter in Kombination mit einem hochmodernen neuen Operationstisch. Dieser ist so mit dem Roboter vernetzt, dass ihn die Ärzte während der laufenden Operation, ohne den DaVinci vom Patienten abkoppeln zu müssen, so bewegen können, dass sie immer die optimale Ansicht und Neigung des Tisches haben. „Dies ist von großer Relevanz, da wir bei der Minimalinvasiven Chirurgie weniger Möglichkeiten haben, uns die Organe im Bauchraum so zu halten, wie wir es bei der offenen Chirurgie gewöhnt sind“, schildert Prof. Schulte am Esch. „Daher müssen wir uns bei solchen Eingriffen durch das entsprechende Neigen und Kippen des Tisches die Schwerkraft so gut es geht zu Nutze machen. Mit dieser besonderen Roboter-Tisch-Kombination ist uns dies hier in Bielefeld nun in bisher nicht gekanntem Ausmaß möglich. Hierdurch sind die Operationen mit dem neuen System deutlich kürzer und damit schonender für den Patienten“, fügt er hinzu.
Eingriffe mit dem DaVinci sind jedoch nicht für alle Menschen und Erkrankungen geeignet. Wenn Patienten zusätzlich schwer seitens Herz und Lunge erkrankt sind, ist die Belastung durch starke Neigungen des OP-Tisches, beziehungsweise durch den Druck der mit Gas aufgefüllten Bauchhöhle im Rahmen der Minimalinvasiven Chirurgie häufig ungünstig. Auch fortgeschrittene Tumore, die schon in Nachbarorgane eingewachsen sind oder Voroperationen mit entsprechenden Verwachsungen lassen sich auf diese Weise manchmal nicht gut operieren. Bei solchen Patienten sind die herkömmlichen Operationsverfahren besser geeignet.
Bei Herrn Holm mit seinem guten Allgemeinzustand und der noch nicht fortgeschrittenen Form der Darmkrebserkrankung konnte das Verfahren jedoch sicher und vorteilhaft angewendet werden. „Der Eingriff lief völlig problemlos“, berichtet er, „ich hatte kaum Wundschmerz, die Narben waren miniklein und ich konnte bereits elf Tage nach der OP entlassen werden. Am folgenden Wochenende war mein 80. Geburtstag. Dass ich so schnell wieder fit war, war mein schönstes Geschenk, denn so konnte ich mit meiner Frau und der ganzen Familie samt Enkel und Urenkel im Restaurant feiern“. Von der Idee, an diesem Wochenende auch noch das frisch angelieferte Brennholz zu stapeln, konnte ihn Prof. Schulte am Esch zum Glück gerade noch abbringen…. .
Das Evangelische Krankenhaus Bielefeld ist ein Krankenhaus in Bielefeld. Gesellschafter des Krankenhauses sind die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel und das Evangelische Johanneswerk, die beiden größten Diakonischen Einrichtungen Europas.
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