Bevölkerungswachstum erhöht Wohnungsmangel – Bau-Defizite vor allem in Metropolen und direktem Umland – Private Investoren sind gefragt – Betriebliche Wohnungspolitik zur Standortsicherung
Ein Kommentar von Theodor J. Tantzen
Ein Thema dominiert in diesem Sommer die Medienlandschaft und heizt die Gemüter landauf, landab an: Der Immobilienmangel in Deutschlands Ballungsgebieten. Der soeben erschienene Report des Instituts der deutschen Wirtschaft “Ist der Wohnungsbau auf dem richtigen Weg?” fällt dabei auf äußerst fruchtbaren Boden. So wird sogar schon über die Gefahren zukünftigen Leerstands fabuliert, was wohl noch lange Zeit reine Illusion sein wird.
Versagen auf ganzer Ebene
Äußerst ausführlich bilanziert die Studie des Kölner Instituts die demografischen Veränderungen und den gestiegenen Wohnungsbedarf. Dabei bescheinigen die Verfasser des Reports der Bundesregierung für die verfehlte Wohnungsbaupolitik ein geradezu vernichtendes Urteil. Aber auch die Stadtverwaltungen stehen berechtigterweise in der Kritik.
Sie haben die Folgen der Zuwanderung nicht erkannt, die Baugenehmigungsverfahren in den Ämtern dauern wegen des Fachkräftemangels viel zu lange und zu wenig Grundstücke für Bebauungen werden bereitgestellt. Über Baulandausweisung wird nun mal auf lokaler Ebene entschieden. Staat, Länder und Kommunen sind neben den Kirchen die größten Grundstückseigentümer – sie unternehmen kaum etwas, um das Problem zu entschärfen. Gerade auf den bereits erschlossenen Flächen muss mehr gebaut werden.
Bevölkerungswachstum erhöht Wohnungsmangel
Es besteht in vielerlei Hinsicht Nachholbedarf und die demografische Entwicklung wird den Wohnungsmangel weiter verschärfen. Aktuell wandern jährlich 570.000 Menschen nach Deutschland ein. Die Nettomigration wird zwar ab 2021 auf gut 250.000 sinken, aber die Gesamtbevölkerung vergrößert sich unverändert. Sie wird bis 2025 von derzeit 82,8 Millionen auf 83,9 Millionen Bewohnern ansteigen.
Nullsummenspiel – Neubau versus Verfall
Realität ist: Seit 2010 liegen die Baufertigstellungen unterhalb der Baugenehmigungen. Der Zeitraum von der Baugenehmigung bis zur amtlichen Endabnahme hat sich zudem verlängert. 287.400 fertiggestellte Wohngebäude werden für 2018 bilanziert. Die Bundesregierung strebt für die jetzige Legislatur jährlich den Bau von 375.000 Wohneinheiten an. Das ist eher eine Vision. Die Realität ist davon weit entfernt: Jahr für Jahr fehlen derzeit 90.000 Wohneinheiten. Unberücksichtigt bleibt dabei noch, dass allein durch Abriss und Verfall fünf bis zehn Prozent des Wohnungsbestandes pro Jahr erneut werden müsste. Selbst wenn also 300.000 Wohnungen entstehen, wird im Grunde keine einzige Wohnung gebaut. Ein regelrechtes Desaster!
Wohnungsmangel in Ballungsräumen und Randregionen bleibt bestehen
Es ist keine Frage, die Herausforderungen im Wohnungsbau bleiben sehr groß. Wohnungssuche wird die Bürger weiterhin verzweifeln lassen, denn es wird in Ballungsräumen und dem nahen Umfeld einfach viel zu wenig gebaut.
Fakt ist, dass der Bedarf in Ballungsräumen auf absehbare Zeit nicht ausreichend gedeckt wird. Aber nicht nur in den Metropolen besteht ein gravierender Wohnungsmangel, auch in den Umlandregionen hinkt die Bautätigkeit dem Wohnungsbedarf hinterher.
Was sind die Folgen? Die Relation zwischen Bautätigkeit und dem erforderlichen Bedarf spiegelt sich naturgemäß in den Mieten und Immobilienpreisen wider. Dort wo sich Bautätigkeit und Baubedarf annähern, fällt die Mietentwicklung schwächer aus. Kurzum, die beste Therapie gegen steigende Mieten ist ein orts- und bedarfsgerechter Wohnungsbau.
Über die Gefahren zukünftigen Leerstandes zu spekulieren, ist jedoch verfehlt, auch wenn es heute schon regionalen Überschuss strukturschwachen Kreisen zu verzeichnen gibt. In Landkreisen und Städten fern der Metropolen, aus denen die Bevölkerung in Metropolen abwandert, werden mitunter sogar zu viele Wohnungen gebaut. Das ist aber nur eine Randerscheinung.
Private Unternehmen und Investoren sind gefragt
Solange die öffentliche Hand beim Wohnungsbau versagt, sind private Unternehmer und Investoren gefragt. So planen derzeit bereits Firmen den Bau von Werkswohnungen, um für verzweifelte Mitarbeiter Lösungen für ihre Wohnungssuche anbieten zu können. Betriebliche Wohnungspolitik ist längst auch eine Frage der Standortsicherung und ein Mittel zur Fachkräftegewinnung. Wer jetzt aber die Mieten deckelt, trifft nur populistische Entscheidungen, um vom eigenen Versagen abzulenken. Mietendeckel werden Kapitalanleger ins Ausland treiben. Sinkende Baufertigstellungen wären die Folge. Nach jahrelangen Fehleinschätzungen in der Wohnungspolitik fehlt es der Politik leider noch immer schlicht an der nötigen Weitsicht. Es ist höchste Zeit für eine Kurskorrektur.
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