Wenn harmonische Gemeinschaft über individuellen Interessen steht
Unternehmen bestätigen ihren Mitarbeitern gerne lautstark und öffentlich, sie seien „das wahre Kapital des Unternehmens“, und dass „glückliche Mitarbeiter zu einem gesunden Unternehmen führen“. „In der Praxis ist dies oft kaum mehr als ein Lippenbekenntnis“, wissen Uwe Techt und Claudia Simon von Vistem . „Das Arbeitsumfeld – von Misstrauen und Konflikten geprägt – ist vielfach frustrierend und demotivierend.“ Verwundern mag das nicht, denn (Allzu-)Menschliches ist sicher eines der schwierigsten Elemente effektiven Managements. Zufriedenheit lässt sich schlecht messen und menschliche Verhaltensweisen werden gern als unvorhersehbar und irrational (da emotional) abgetan. Und doch besteht kein Zweifel daran: Ein zufriedener, dem Arbeitsgeber wohlgesonnener Mitarbeiter, ist ohne Frage produktiver und motivierter, zeigt mehr Initiative und Kollaborationswillen. Genau diese Eigenschaften sind entscheidende Zutaten eines innovativen, florierenden und flexiblen Unternehmens. „Dies zu ignorieren, weil es „schwierig“ zu handhaben ist, ist ein dramatischer Fehler“, so Claudia Simon, Spezialistin für die Potentialerschließung durch konsequente Umsetzung der engpassorientierten Unternehmensführung
Die Engines of (Dis)Harmony
Dr. Eliyahu Goldratt hat die Hauptauslöser der häufig präsenten Unzufriedenheit identifiziert – natürlich mit dem Ziel, sie zu beseitigen und Zufriedenheit herzustellen. Er nannte sie die „Engines of Disharmony“ (Beispielsweise: Ich weiß nicht, was mein Beitrag zur Zielerreichung ist, und ich weiß auch nicht, wie mein Beitrag bewertet / anerkannt wird.) und setzte ihnen die „Engines of Harmony“ (Beispielsweise: Ich weiß genau, was mein Beitrag ist und wie mein Beitrag bewertet / anerkannt wird.) – den erwünschten Zustand – gegenüber. Grundlegend für Goldratt ist der japanischen Kulturbegriff Wa, der mit „Harmonie“ übersetzt wird. Der Fokus liegt dabei auf einer harmonischen Gemeinschaft, die über den individuellen Interessen steht. Die im Westen revolutionär anmutende Idee, Wohlergehen und harmonisch Zusammenarbeit der Mitarbeiter in den Vordergrund zu stellen, anstatt reinen Profit anzustreben, sprach Goldratt direkt an. Er erkannte: Ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen von sich aus motiviert sind, dem Unternehmen zu seiner Zielerreichung zu verhelfen, würde letztlich nur positive Auswirkungen haben. Die identifizierten Engines of Disharmony haben zudem zahlreiche schädliche Effekte, die viel weiter gehen als nur suboptimale Unternehmensleistung:
– Mitarbeiter, die den Sinn einer Initiative sowie ihre eigene Rolle darin nicht erkennen, werden sich ihr oft widersetzen oder zumindest nicht aktiv dazu beitragen.
– Konflikte sind an der Tagesordnung: sie verschwenden Zeit, Energie und absorbieren oft unnötig Management-Aufmerksamkeit.
– Um Konflikte zu lösen, werden Kompromisse getroffen, die für alle Seiten unzufriedenstellend sind.
– Misstrauen und Feindseligkeit bestimmen die Zusammenarbeit und führen zu Spannungen zwischen einzelnen Bereichen.
– Ist jeder nur auf seine eigenen (lokalen) Interessen ausgerichtet, werden Entscheidungen getroffen, die gegen die übergreifenden Ziele des Unternehmens gehen.
– Ungültige oder aktiv schädliche Vorgehensweisen bleiben erhalten, weil sie niemand hinterfragt oder rare Verbesserungsvorschläge als nicht praktikabel abgetan werden.
Auf die berechtigten Fragen „Wie aber können Unternehmen diese negativen Symptome beseitigen?“ bzw. „Wie wird aus Disharmonie endlich Harmonie?“ antwortet Claudia Simon: „Die angestrebte Veränderung betrifft das gesamte Unternehmen. Dabei ist der grundlegende Kulturwandel keineswegs unmöglich, wenn wir davon ausgehen, dass Menschen prinzipiell gut sind. Das heißt, sie wollen Sinn in ihrer Arbeit sehen, sie wollen mit anderen produktiv und harmonisch zusammenarbeiten und sie wollen einen positiven Beitrag zum Unternehmen leisten.“ Uwe Techt, Vorreiter im deutschsprachigen Raum für die Nutzung der Theory of Constraints (TOC) und des Critical Chain Projektmanagements ergänzt: „In der Praxis bietet TOC konkrete Tools, die helfen, den Weg von der Disharmonie zu Harmonie zu gehen. Wichtig ist, dass sich dieser in den gesamten Prozess der Kontinuierlichen Verbesserung einfügt. Keines dieser Tools ist ein Zaubertrick, der punktuell und isoliert eine bahnbrechende Veränderung verursacht – selbst wenn mit großer Wahrscheinlichkeit auch dann positive Auswirkungen zu spüren wären. Doch in der Gesamtheit bietet ein rundum gesund funktionierendes Unternehmen ein Umfeld, in dem Mitarbeiter sich wohl fühlen und gute Leistung erbringen können.“
Zufriedene Mitarbeiter sind bessere Mitarbeiter!
Damit Menschen im professionellen Umfeld effektiv miteinander umgehen können, brauchen sie klar definierte Rollen und Verantwortungen – was leider in der Praxis viel zu selten der Fall ist. Auf diese Weise brechen die Engines of Disharmony eine nach der anderen auf und legen ihre darunterliegenden Ursachen frei, die anschließend mit anderen Tools beseitigt werden können. Auf diese Weise wird die gesamte Unternehmensstruktur auf Herz und Nieren geprüft und im Einvernehmen aller verbessert. Ungültige oder schädliche Regeln werden beseitigt oder angepasst. Dabei ist es wichtig, die nötige Offenheit an den Tag zu legen. Die beiden Experten warnen: „Werden Mitarbeiter dazu ermutigt, Missstände zur Sprache zu bringen, müssen diese auch ernsthaft diskutiert werden. Dabei muss sich nicht zwingend herausstellen, dass eine Änderung nötig oder die beste Lösung ist. Doch dies lässt sich nur dann herausfinden, wenn alles in Betracht gezogen wird.“
Uwe Techt ist Geschäftsführer der VISTEM GmbH & Co. KG und gilt als Vorreiter im deutschsprachigen Raum für die Nutzung der Theory of Constraints (TOC) und des Critical Cain Projektmanagements. Als strategischer Denker für grundlegende Verbesserungen und Durchbruchsinnovationen ist der Topmanagement Coach auch gefragt als Speaker und Autor. Zuletzt von ihm erschienen ist das Fachbuch „PROJECTS that FLOW“.
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