Nicht gemeckert ist genug gelobt?
Es gibt keine ideale Unternehmenskultur nach dem Prinzip „one size fits all“. Die Karl Otto Braun GmbH & Co. KG (KOB) aus Wolfstein setzt sich aktiv damit auseinander, wie das Miteinander im eigenen Unternehmen künftig gestaltet werden soll. Der Weltmarktführer für medizinische Textilien hat 2015 ein großangelegtes Projekt zur Kulturveränderung initiiert. Im Rahmen des Netzwerktreffens „Regionales Bündnis Attraktiver Arbeitgeber“ berichtete Michael Bohrmann, Leiter Personal und Business Services bei KOB, über erste Erfahrungen mit diesem Prozess. In intensiven Diskussionen tauschten sich die rund 40 Teilnehmer der Veranstaltung zudem über verschiedene Facetten einer erfolgreichen Arbeitgebermarke aus. Die Reihe der Netzwerktreffen fördert den direkten und praxisnahen Erfahrungsaustausch zwischen Unternehmen und weiteren regionalen Akteuren und ist Bestandteil des Projektes „Lebensphasenorientierte Personalpolitik (LOP)“ vom rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium und dem Institut für Beschäftigung und Employability IBE.
Wertschätzung für die Mitarbeitenden und Lob für erfolgreiche Arbeit sind wesentliche Bestandteile einer erfolgreichen Arbeitgebermarke. „Es gibt keinen Menschen, der nicht gelobt werden möchte“, so einer der Teilnehmer der Veranstaltung. Auch „traditionelles soziales Verhalten“ wie „einfach mal „Hallo“ sagen“ könne schon für eine positive Grundstimmung sorgen. Transparente Information und Kommunikation sorgen ebenfalls für Wertschätzung und fördern die Identifikation. In einem sehr intensiven Austausch in Arbeitsgruppen berichten die Teilnehmer von Best Practices aus ihren Unternehmen. Ob regelmäßige Meetings, so genannte „Bistrorunden“ mit der Führungsebene oder eine Politik der offenen Tür des Managements: Mitarbeitende fühlen sich besser informiert, wenn Kommunikation keine Einbahnstraße ist. Das wiederum kann ihre Motivation und Arbeitszufriedenheit erhöhen. Und der Erfolg als attraktive Arbeitgebermarke lässt sich messen: unter anderem durch eine hohe Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, geringe Fehlzeiten oder auch eine große Zahl von Bewerbungen.
„Ermutigen, vermitteln, mitnehmen“ – das Projekt Kultur & Werte bei KOB
Die Aufbruchstimmung in Folge personeller Veränderungen auf Führungsebene und der Wunsch, die Unternehmenskultur aus der Komfortzone herauszuführen, motivierten KOB laut Geschäftsführer Dr. Philipp Stradtmann dazu, sich systematisch mit den eigenen Werten auseinanderzusetzen. Vor rund zwei Jahren startete unter der Leitung von Personalleiter Michael Bohrmann das Projekt „Kultur & Werte“. Mitarbeiter und Führungskräfte arbeiteten in einer Reihe von Workshops gemeinsam heraus, wie sie sich die künftige Zusammenarbeit bei KOB wünschen. Gerade das Management besitzt eine Vorbildfunktion, wenn es darum geht, die Werte mit Leben zu füllen. Nach dem Motto „Wasser predigen und Wasser trinken“ kommt es laut Ariane Hilker, HR Development & Recruiting KOB, vor allem darauf an, Mitarbeiter und Führungskräfte immer wieder zu ermutigen und mitzunehmen. Und dafür braucht es einen langen Atem: Veränderungen in der Unternehmenskultur und im Führungsstil lassen sich nicht über Nacht realisieren. Dazu gehörte auch die Erkenntnis, dass nicht jeder bei KOB bereit war, diesen Kulturwandel mitzugestalten.
Kreative Einbindung der Mitarbeiter
Praxisnah vermittelt und umgesetzt werden die gemeinsam definierten Werte seither durch ein breites Maßnahmenpaket: von schriftlich fixierten Unternehmensgrundsätzen über Taschenkalender und Meeting-Leitlinien bis hin zum sogenannten „Schulterblick“ in andere Abteilungen oder Bereiche außerhalb des Unternehmens. Die Mitarbeiter sind auf vielfältige Art und Weise in die Kulturveränderung eingebunden. Und bei aller Ernsthaftigkeit des Projektes darf es dabei auch einmal spielerisch und humorvoll zugehen: Einige Mitarbeiter und Führungskräfte haben gemeinsam die sieben KOB-Werte als kurze Theatersequenzen einstudiert und bei einer Betriebsfeier aufgeführt. Wo es früher hieß „do gucke mer mol“, lautet die Devise nun: Offenheit, Bereitschaft zur Veränderung, Wertschätzung und Respekt.
Azubis von heute sind die Kollegen von morgen
Die Ausbildung neuer Fachkräfte ist ein weiterer zentraler Pfeiler der Unternehmenskultur von KOB. Durch die vollstufige Produktion bietet das Unternehmen vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten und bildet derzeit in 15 verschiedenen Berufen Nachwuchskräfte aus. Die Übernahmequote liegt bei 80 Prozent. Die fachliche Qualifizierung wird flankiert von Maßnahmen zur persönlichen Entwicklung der Azubis. Dazu gehören erlebnispädagogische Elemente, eine Ersthelferschulung und ein Theaterworkshop in Kooperation mit dem Pfalztheater in Kaiserslautern. Auch die politische Bildung sieht KOB künftig als Teil der Ausbildung. Derzeit wird ein Konzept entwickelt, wie den rund 40 Azubis des Unternehmens die Grundlagen des politischen Systems und die Bedeutung demokratischer Werte vermittelt werden können. Großen Wert legt das Unternehmen bei all dem auf individuelle Betreuung und systematisches Feedback: Lob sei ganz wichtig, betont Ausbildungsleiterin Katharina Scherer.
Die nächsten Veranstaltungen…
… der „Regionalen Bündnisse Attraktiver Arbeitgeber“ finden statt
-am 22.03.2017 bei der Akademie Deutscher Genossenschaften e.V., Montabaur
-am 16.05.2017 im Atrium Hotel Mainz, Dr. Lothar Becker e.K.
Nähere Informationen, alle Termine sowie Anmeldemöglichkeiten sind auf der Projekthomepage www.lebensphasenorientierte-personalpolitik.de zu finden.
Editors Notes
Das Institut für Beschäftigung und Employability IBE unter Leitung von Prof. Dr. Jutta Rump (Geschäftsführerin) erforscht personalwirtschaftliche Fragestellungen. Die Schwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit („Employability“), demografischer Wandel und Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das IBE berät Unternehmen und Institutionen in arbeitsmarktpolitischen, personalwirtschaftlichen und sonstigen beschäftigungsrelevanten Fragen. Über alle Projektphasen hinweg zeichnet das IBE seit 2009 mit der Unterstützung von Multiplikatoren verantwortlich für die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung der Thematik „Lebensphasenorientierte Personalpolitik“.
Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz (MWVLW) hat das Projekt „Strategie für die Zukunft – Lebensphasenorientierte Personalpolitik“ ins Leben gerufen und fördert es. Nach dem erfolgreichen Abschluss eines Modellprojektes in den Jahren 2009 – 2011 sowie dem Ausbau der Vernetzung rheinland-pfälzischer Betriebe und der Vertiefung der Branchenspezifik von 2012 bis 2013 standen in der gerade abgeschlossenen dritten Projektphase (2014 bis Anfang 2016) die Bildung von starken Arbeitgebermarken der rheinland-pfälzischen Unternehmen sowie der Schulterschluss mit kommunalen Akteuren zur Stärkung der Regionen im Mittelpunkt. Die aktuelle Projektphase läuft von 2016 bis Ende 2017 als „Lebensphasenorientierte Personalpolitik 4.0“ mit dem Schwerpunkt „Werteorientierte Gestaltung einer Lebensphasenorientierten Personalpolitik“. Das Projekt ist Bestandteil der Landesstrategie zur Fachkräftesicherung Rheinland-Pfalz.
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