Interview: „Kupfer könnte bei der Pandemiebekämpfung helfen“

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Interview: "Kupfer könnte bei der Pandemiebekämpfung helfen"
(Bildquelle: Photo by Siora Photography on Unsplash)

„Die virenzerstörende Kraft des Kupfers ist hinlänglich bekannt und wissenschaftlich nachgewiesen“, sagt der Chemiker und Arbeitsmediziner Dr. Lothar W. Weber aus Ditzingen bei Stuttgart. Weber, der lange Zeit als Betriebsarzt und Forscher tätig war, findet es daher erstaunlich, dass das edle Metall im Gesundheitsschutz bislang kaum eine Rolle spielt. Gerade in der aktuellen Pandemie könnte es seine Trümpfe ausspielen. Im Interview erklärt er wie.

Warum setzen Sie sich für den Einsatz von Kupfer zur Pandemie-Bekämpfung ein?

Dr. Lothar W. Weber: Wir wissen bereits seit etwa 5.000 vor Christus von den besonderen Eigenschaften des Kupfers. In der Bronzezeit, ab ca. 3.000 vor Christus, machten die Menschen die Erfahrung, dass seine Legierung mit Zinn ebenso wirkt. Die Metalle zersetzen den Schleim, den Algen, Kleinpilze und Bakterien auf ihrer Oberfläche bilden. Bis heute verstehen wir allerdings nicht genau, wie diese Prozesse funktionieren. Sie hängen, soviel ist bekannt, mit der Korrosion auf der Oberfläche des Werkstoffs zusammen.

Während reine Kupfer-Ionen für den Menschen zu den lebenswichtigen Mikronährstoffen gehören, sind lösliche Kupferverbindungen, wie sie bei der Korrosion entstehen, für uns und andere höhere Lebewesen mäßig giftig. Auf niedere Organismen wirken sie bereits in geringen Mengen als starkes Gift.

Auf welchen konkreten Erfahrungen beruht der Einsatz von Kupfer zur Bekämpfung von Krankheitskeimen?

Dr. Lothar W. Weber: Um 2010 herum gab es eine regelrechte Euphorie rund um das Kupfer. Denn Studien hatten zweifelsfrei nachgewiesen, dass sich durch Kupferoberflächen in Krankenhäusern, die Ansteckungsraten mit multiresistenten Keimen deutlich senken ließen. Teilnehmende Kliniken hatten dafür zum Beispiel Türklinken, Lichtschalter und Griffe an Bettgestellen mit kupferhaltigen Oberflächen versehen. Wie deutlich der positive Effekt ausfiel, überraschte damals selbst die Forscher*innen. Erstaunlicherweise setzte sich das Vorgehen trotzdem nicht flächendeckend durch – und das, obwohl multiresistente Bakterien, die nicht mehr auf häufig angewandte Antibiotika reagieren, eine tödliche Bedrohung für geschwächte Patient*innen darstellen. Mir ist diese Untätigkeit unverständlich.

Sie sprechen hier von Bakterien. In der Corona-Pandemie geht es um die Bekämpfung von Viren. Gibt es dazu entsprechende Studien und Erfahrungen?

Dr. Lothar W. Weber: Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen beziehen auch Viren in ihre Betrachtungen ein und weisen nach, dass Kupferoberflächen genauso effektiv gegen diese Erreger wirken. Das bedeutet, dass sich zum Beispiel durch kupferhaltige Griffe, Haltestangen oder Fahrstuhlknöpfe Schmierinfektionen, also Ansteckungen durch virenbelastete Oberflächen, verringern ließen. Doch inzwischen zeigt sich, dass Schmierinfektionen beim Corona-Virus nur eine untergeordnete Rolle spielen. Der Knackpunkt sind die Aerosole, winzige Schwebeteilchen, die sich lange in der Luft halten können. Wir setzen sie beim Atmen und besonders beim Sprechen und Singen frei. Husten, Räuspern, Schnäuzen, schnelles, voluminöses Ausatmen erzeugen ganze Aerosolwolken, die über Mund und Nase austreten.

Ist eine Person infiziert, sind Viren auch im Ausatem-Aerosol enthalten. Wer die Aerosole einatmet, kann sich anstecken, muss es aber nicht. Denn für eine Ansteckung ist eine gewisse Erregerzahl nötig. Letztendlich muss es mindestens einem kompletten Virus gelingen, in eine Schleimhaut- oder andere Zelle einzudringen. Dort setzt es sein Erbgut frei und zwingt die Wirtszelle, weitere Viren zu produzieren.

Wie hoch die infektiöse Dosis der Omikron-Variante des Corona-Virus ist, wissen wir nicht. Da das Virus ansteckender ist als andere, frühere Varianten, ist stark anzunehmen, dass sich die Zahl der für eine Ansteckung nötigen Viren verringert hat. Daher muss unser Motto für die Gefahrenabwehr lauten: So virensicher wie möglich. Das gilt für alle Barriere-Maßnahmen, die wir ergreifen.

Wie kann Kupfer seine zerstörende Kraft gegen Viren einsetzen, die sich bereits in der Luft befinden?

Dr. Lothar W. Weber: Wir können Kupfer zum Beispiel gut in Masken und Luftfiltern einsetzen. Es gibt Hersteller, die dies bereits tun. Solche Hilfsmittel halten die Viren zwar auch ohne Kupfer zurück. Sie haften dann aber auf der Oberfläche der Maske oder des Filters und sind dort noch längere Zeit virulent – also potenziell ansteckend. Kupfer kann das verhindern und die dort anhaftenden Erreger zerstören. Die Maske oder der Luftfilter wird dadurch quasi selbstreinigend und lässt sich gefahrloser handhaben.

Neue Beschichtungsverfahren machen es möglich, sehr dünne Kupfer-Schichten auf Faserstoffe und Vliese aufzubringen und so große Flächen herzustellen. Diese flexiblen Metallvliese sind dann problemlos in Filter und Masken integrierbar.

Wie schnell die Kupfergewebe die Viren zerstören, lässt sich nicht exakt sagen. Wir haben Schwierigkeiten, das zu messen. Denn um zu prüfen, ob die Viren noch ein Ansteckungsrisiko bergen, müssen wir sie auf eine Zellkultur geben und schauen, ob sie die Zellen angreifen. Diese Prozedur dauert ihre Zeit. Wir gehen davon aus, dass ein Kontakt mit Kupfer oder einem kupferhaltigen Metall Viren in nur wenigen Minuten unschädlich macht.

Herr Dr. Weber, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch.

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