futureTEX-Gesicher: Drei Fragen an Maik Wonneberger, INVENT GmbH
Maik Wonneberger ist langjähriger Mitarbeiter der INVENT GmbH, wo er als Ingenieur der Produktions- und Verfahrenstechnik in vielfältigen Forschungs- und Entwicklungsprojekten eingebunden ist. Die Ergebnisse der Erarbeitung und Erprobung neuartiger Materialkonzepte, optimierter Prozesse und innovativer Technologien bilden eine wichtige Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der INVENT Innovative Verbundwerkstoffe Realisation und Vermarktung neuer Technologien GmbH (INVENT GMBH), die sich als mittelständisches Unternehmen immer wieder mit neuen Ideen am Markt beweisen muss, um nachhaltig erfolgreich zu sein.
Schwerpunkt der INVENT GmbH sind hochpräzise Strukturkomponenten für Luftfahrt und Raumfahrt sowie für Anwendungen im kundenspezifischen Leichtbau. 1996 als Spin-off des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt gegründet, hat sich INVENT als anerkannter Engineering-Spezialist am Markt etabliert.
Das Unternehmen deckt dabei die gesamte Wertschöpfungskette der Faserverbundindustrie ab, beginnend bei der Auslegung, Konstruktion und Berechnung der Strukturen über Werkzeug- und Formenbau, Entwicklung von Verfahrenstechnik und der Fertigung von Prototypen bis zur Serienproduktion. Komplettiert wird das Leistungsspektrum durch entsprechendes Know-how in der Nacharbeit und der Beschichtung der Bauteile.
Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Arbeit im Projekt futureTEX?
Wir wollen eine Alternative für konventionelle Faserverbundwerkstoffe schaffen, indem wir Naturfasern als Verstärkungsfaser nutzen. Die Idee an sich ist nicht neu. Seit über 20 Jahren wird diesbezüglich Forschung betrieben. In einigen Anwendungen hat sich das Material bereits durchsetzen können, beispielsweise beim PKW-Interieur. Das sind aber hauptsächlich Verkleidungsbauteile, die wenig bis keine lasttragende Funktion haben.
Wir wissen aber, dass in den Faserpflanzen gerade in Bezug auf höhere Traglasten noch viel ungenutztes Potenzial steckt. Genau das wollen wir in unserem Vorhaben abrufen. Dazu beschreiten wir einen neuen Weg, der bereits bei der faserschonenden Ernte und Aufbereitung der Pflanzen beginnt. Hierfür wurde ein spezieller Schälroboter entwickelt und in Betrieb genommen, der die Faserstruktur schützt und erhält. Mit ihm wird automatisiert die Rinde von Hanfstängeln abgeschält. Aus diesen endlichen Segmenten wird anschließend ein Endlosmaterial gewonnen, das für einen Textilprozess anwendbar ist. Unser neuartiges Ernte- und Isolierverfahren macht die Garnherstellung und das damit verbundene Verdrillen überflüssig.
Das entstehende flächige Textil ist die Ausgangsbasis, um faserverstärkte Bauteile zu fertigen. Diese verfügen über vergleichbare Eigenschaften wie glasfaserverstärkte Verbundwerkstoffe. Als Besonderheit ist zu nennen, dass wir anstelle konventioneller Kunstharze mit biogenen Matrixsystemen arbeiten, um einen besonders nachhaltigen Werkstoff zu gewinnen.
Die grundlegende Technologiekette ist inzwischen aufgebaut und in der verbleibenden Zeit werden wir die Prozesse weiter optimieren und unseren neuen Werkstoff intensiv charakterisieren. Die ersten Prüfergebnisse liegen bereits vor und haben unsere Erwartungen teilweise deutlich übertroffen. In Sachen Steifigkeit und Festigkeit steht unser Werkstoff glasfaserverstärkten Verbundwerkstoffen kaum in etwas nach. Ganz im Gegenteil: Er hat darüber hinaus den Vorteil, wesentlich leichter zu sein.
In welchen Vorhaben arbeiten Sie aktiv mit? Was sind Ihre Aufgaben?
Wir sind Koordinator des futureTEX Vorhabens „bHT – biogene Heavy Tows“, dessen Thema die Entwicklung einer industrietauglichen Prozesskette zum nachhaltigen Einsatz von Hanfbastrinde als biogene Heavy Tows in textilen Leichtbauprodukten ist. Unsere Aufgabe ist vor allem die Entwicklung der Technologie und Verarbeitungsmethodik zur Nutzung der neuen Fasermaterialien. INVENT ist ein Unternehmen der Luft- und Raumfahrtbranche, deshalb haben wir uns auch für einen entsprechenden Demonstrator aus einer Luftfahrtanwendung entschieden. Dieser soll beim „4. Interdisziplinären Fahrzeugkolloquium“ am STFI im Juni präsentiert werden. Die Präsentation markiert gleichzeitig den Abschluss unseres Vorhabens, denn im Rahmen der Veranstaltung wird auch unser Abschlusstreffen stattfinden.
Natürlich ist das im Vorhaben entwickelte Fasermaterial auch für andere Branchen von Interesse. Ein Transfer in den Automobilbereich ist durchaus denkbar und auch angestrebt. Denn sowohl in der Luftfahrt als auch in der Automobilindustrie besteht eine hohe Nachfrage nach Werkstoffen, die einerseits leistungsfähig und kostengünstig, andererseits aber nachhaltig und ökologisch sind. Diese Lücke hoffen wir schließen zu können.
Welche Erwartungen und Wünsche haben Sie an die Zusammenarbeit im Konsortium?
Die INVENT GmbH als Hersteller von Faserverbundbauteilen hat natürlich schon immer eine gewisse Schnittmenge mit der Textilindustrie gehabt, denn schließlich sind Textilprodukte in Form von Geweben und Gelegen eine unserer Arbeitsgrundlagen.
Im Rahmen von futureTEX sind wir nun in der neuen Situation, nicht nur bei der Anwendung von Textilien, sondern auch in den gesamten textilen Entwicklungsprozess eingebunden zu sein – von der Rohstoffaufbereitung bis zum flächigen Halbzeug. Daraus erwarten wir völlig neue Aspekte der Mitgestaltung des finalen Produkts und generell ein tieferes Verständnis der textilen Technologien. Wir sehen darin als Endanwender textiler Halbzeuge einen großen Vorteil, denn wir können nur dann qualitativ hochwertige Bauteile produzieren, wenn textile Produkte hoher Qualität verfügbar sind. Andererseits können die Partner aus der Textilindustrie ein gutes Verständnis dafür entwickeln, auf was es bei der Verarbeitung ihrer Produkte beim Anwender ankommt. Dadurch haben beide Seiten einen Vorteil.
Für den Erfolg des Vorhabens war es zu Anfang entscheidend, die verschiedenen Sichtweisen der Partner abzugleichen und ein gemeinsames Grundverständnis zu schaffen. Dementsprechend war auch ein intensiver Gedankenaustausch erforderlich, was sich in den vielen Arbeitstreffen und Telefonkonferenzen widerspiegelt, die stattgefunden haben. Dadurch sind wir zu einem guten Team zusammengewachsen.
Mein Wunsch ist, dass wir diese gute Zusammenarbeit nach Vorhabenabschluss weiterführen werden, um gemeinsam eine gute Verwertung der Ergebnisse zu realisieren. Im Moment sieht es ganz danach aus, dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen wird.
Konsortialführer/Herausgeber
Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V. (STFI)
Projektleiter futureTEX
Dipl.-Ing. Dirk Zschenderlein
Telefon: +49 371 5274-283
E-Mail: dirk.zschenderlein@stfi.de
www.futureTEX2020.de
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Das Projekt futureTEX ist ein Gewinner im Programm „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Bis 2021 arbeiten wissenschaftliche Einrichtungen, Unternehmen und Verbände an der Entwicklung wesentlicher Bausteine eines Zukunftsmodells für Traditionsbranchen. Das Projektkonsortium futureTEX verfolgt das Ziel, die führende Position bei der Umsetzung der vierten industriellen Revolution im Textilmaschinenbau und in der Textilindustrie zu erringen und damit beispielhaft bis 2030 das modernste textilindustrielle Wertschöpfungsnetzwerk Europas aufzubauen. Mit der Entwicklung eines Zukunftsmodells werden die Forschungsschwerpunkte Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft, kundenintegrierte flexible Wertschöpfungsketten, textile Zukunftsprodukte, Wissens- und Innovationsmanagement sowie Arbeitsorganisation und Nachwuchssicherung gemeinschaftlich mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft bearbeitet. Vier Basisvorhaben – Smart Factory, Mass Customization, Open Innovation und Arbeitswelt 4.0 – bilden die Grundlage der weiteren Arbeit. Das Projekt futureTEX ist Preisträger im Wettbewerb „Ausgezeichneter Ort“ im Land der Ideen 2016.
Firmenkontakt
Konsortialführer Projekt futureTEX: Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V. (STFI)
Dirk Zschenderlein
Annaberger Straße 240
09125 Chemnitz
+49 371 5274 283
+49 371 5274 153
dirk.zschenderlein@stfi.de
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