Zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 7 Sa 1522/13 -, juris) ein Artikel von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.
Ausgangslage:
Der Arbeitgeber hat vor dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung insbesondere zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem freien Arbeitsplatz in seinem Betrieb oder Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann. Diese Pflicht erstreckt sich allerdings in der Regel nicht auf eine Durchsuchung des gesamten Konzerns nach einem freuen Arbeitsplatz und ein Angebot dessen an den Arbeitnehmer (vgl. BAG vom 23.11.2004 – 2 AZR 24/04 – AP Nr. 132 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung). Nur unter bestimmten Bedingungen besteht ganz ausnahmsweise eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitnehmers auf einem freien Arbeitsplatz. Das beschriebene Urteil enthält eine ausführliche Darlegung dieser Voraussetzungen.
Konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht – Voraussetzungen:
-Ausdrückliches Übernahmeangebot eines anderen Konzernunternehmens
-Arbeitsvertrag oder andere vertragliche Abreden enthalten Übernahmeverpflichtung
-Einstellung gemäß Arbeitsvertrag für den gesamten Konzernbereich
Fall:
Der Arbeitnehmer war im vorliegenden Fall zwar nur für ein bestimmtes Unternehmen eingestellt worden, allerdings enthielt der Arbeitsvertrag eine Einverständniserklärung hinsichtlich der Versetzung innerhalb der Konzerngruppe. Fraglich war nun, ob für den Arbeitgeber auch hier eine Verpflichtung zum Angebot eines freien Arbeitsplatzes in einem anderen Unternehmen des Konzerns an den Arbeitnehmer bestand bzw. ob eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam wäre, wenn der Arbeitgeber ein solches Angebot unterlassen würde.
Entscheidung:
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichtes ist der Arbeitgeber bei einer solchen Konstellation dazu verpflichtet, vor einer betriebsbedingten Kündigung erst zu versuchen, den Arbeitnehmer in einem anderen Konzernbetrieb unterzubringen (vgl. BAG vom 23.11.2004 – 2 AZR 24/04 – aaO.). Hinzu käme abder auch die Notwendigkeit eines bestimmenden Einflusses des Beschäftigungsbetriebs bzw. des vertragsschließenden Unternehmens auf die “Versetzung”. Die Versetzungsentscheidung darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Möglichkeit der Einflussnahme des Vertragspartners des Arbeitnehmers aufgrund eindeutiger rechtlicher Regelungen (z. B. Beherrschungsvertrag) oder aus eher faktischen Gründen besteht (vgl. BAG vom 23.11.2004 – 2 AZR 24/04 – aaO.).
Das Landesarbeitsgericht sah in Anbetracht der vertraglichen Regelungen und faktischen Verhältnisse im vorliegenden Fall unter diesen Voraussetzungen eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht als gegeben an. Die erforderliche Möglichkeit der Einflussnahme ergab sich nach Ansicht des Gerichts aus der Identität des Geschäftsführers beider Gesellschaften beim Kündigungsausspruch. Der weitere Verlauf nach Ausspruch der Kündigung, insbesondere eine eventuelle Neuverteilung der Befugnisse, sei nachrangig, so das Landesarbeitsgericht. Der Arbeitgeber hätte im vorliegenden Fall deutlicher darlegen müssen, warum tatsächlich ein Wegfall der Einflussmöglichkeiten auf das andere Konzernunternehmen vorlag.
Außerdem geht das Gericht darauf ein, unter welchen Voraussetzungen Arbeitsplätze “frei” sind. Dies sind nämlich solche Arbeitsplätze, die im Zeitpunkt der Kündigung unbesetzt sind. Dem steht es gleich, wenn der Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird. Ist dies nämlich der Fall, so besteht in Wahrheit kein Arbeitskräfteüberhang, der den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen könnte (BAG, vom 01. März 2007 – 2 AZR 650/05 -, juris).
Im vorliegenden Fall wurden die Arbeitsplätze schlicht deshalb als frei angesehen, weil das betreffende Unternehmen neue Arbeitnehmer einstellte.
Unter diesen Umständen ging das Landesarbeitsgericht somit von einer konzernweiten Weiterbeschäftigungspflicht aus und nahm unter anderem deshalb die Unwirksamkeit der Kündigung an (hinzu kamen noch weitere Gründe). Dem Arbeitnehmer hätte zunächst entsprechender Arbeitsplatz angeboten werden müssen, der Kündigungsschutzklage wurde daher stattgegeben.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Ein Indiz für einen freien Arbeitsplatz ist immer dann gegeben, wenn der Arbeitgeber in zeitlicher Nähe zu dem Ausspruch betriebsbedingte Kündigungen neue Arbeitnehmer einstellt oder sucht auch nur sucht. Zumindest im Betrieb und im Unternehmen müssen dem Arbeitnehmer freie Arbeitsplätze angeboten werden. Unter Umständen muss dies auch im Konzern (siehe oben) erfolgen. Andernfalls ist eine Kündigung allein aus diesem Grunde unwirksam.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 7 Sa 1522/13 -, juris)
14.3.2014
Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.
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