Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.
Wer seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, riskiert die verhaltensbedingte Kündigung. Allerdings muss der Arbeitgeber ein arbeitsvertragliches Fehlverhalten grundsätzlich erst einmal abmahnen. Erst, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichtverletzung wiederholt, kommt die Kündigung infrage, frei nach dem Motto: Zuerst verdient jeder eine zweite Chance. Manche Pflichtverletzungen wiegen aber für die Arbeitsgerichte so schwer, dass bei einer verhaltensbedingten Kündigung ausnahmsweise keine Abmahnung erforderlich ist, so wie bisweilen beim Arbeitszeitbetrug.
Deutlich wird das in folgendem Fall: Ein Mitarbeiter erfasste seine Arbeitszeiten nicht wahrheitsgemäß, dafür kündigte ihm sein Arbeitgeber verhaltensbedingt ohne vorherige Abmahnung. Der Arbeitgeber durfte das und er musste nicht vorher abmahnen, so urteilte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 4 Sa 12/17). Die Arbeitsrichter sahen den Arbeitszeitbetrug des Arbeitnehmers als erwiesen an und beurteilten ihn als „schweren Misstrauensbruch“. In Worten des Landesarbeitsgerichts: Das „für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen“ des Arbeitgebers „in die Redlichkeit“ seines Mitarbeiters war durch die fehlerhafte Dokumentation der Arbeitszeit „zerstört“. Schwerpunkt des Vorwurfs: Der Mitarbeiter hat eine Arbeitszeit bis 07:00 Uhr eingetragen, obwohl er bereits um 05:30 Uhr nach Hause gegangen ist.
Das Urteil zeigt: Jeder Arbeitnehmer ist gut beraten, seine Arbeitszeiten korrekt zu dokumentieren. Wer einen wissentlichen Arbeitszeitbetrug begeht, erhält regelmäßig statt der „letzten Chance“ die verhaltensbedingte Kündigung. Allerdings muss der Arbeitgeber den Arbeitszeitbetrug und die Fehlerhaftigkeit der Arbeitszeitkonten glaubhaft machen und beweisen – daran scheitern viele Arbeitgeber vor Gericht.
Doch bei weitem nicht alle, wie das Rheinland-Pfälzische Urteil zeigt. Und: Nicht selten ist der Arbeitszeitbetrug der letzte Anker, den Arbeitgeber vor Gericht werfen, um einem in Ungnade gefallenen Arbeitnehmer, der ansonsten tadellos arbeitet, doch noch kündigen zu können. Die Arbeitsgerichte schauen sehr genau hin, ob es sich wirklich um einen Arbeitszeitbetrug handelt, der geeignet ist, das Vertrauen der Arbeitsvertragsparteien schwer und nachhaltig zu belasten. Falls ja, können Arbeitnehmer durchaus mit ihrer Kündigungsschutzklage auf Grund gehen.
In dem vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall war der Arbeitszeitbetrug eindeutig. „Mildernde Umstände“, wie ein Auf- oder Abrunden der Arbeitszeit lagen nicht vor, oder das Tolerieren früherer Verstöße durch den Arbeitgeber. Und der Arbeitnehmer verhedderte sich in Widersprüchen, lieferte für die Unstimmigkeit bei den Arbeitszeiten eine andere Erklärung vor dem Arbeitsgericht, als vor dem Landesarbeitsgericht.
Haben Sie eine Kündigung erhalten? Wirft man Ihnen Arbeitszeitbetrug vor? Wirft man Ihnen zu Unrecht ein arbeitsvertragliches Fehlverhalten vor? Unter Umständen kann es sich lohnen, Kündigungsschutzklage einzureichen und vor dem Arbeitsgericht für die Wiedereinstellung oder für eine hohe Abfindung zu kämpfen.
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15.05.2018
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