Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin und Essen
Kündigungsschutz bei Kündigung wegen Krankheit. Der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift, wenn Arbeitnehmer mehr als ein halbes Jahr in einem Unternehmen beschäftigt sind, in dem regelmäßig mehr als zehn Mitarbeiter arbeiten. In diesem Fall braucht der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund. Die Krankheit eines Arbeitnehmers kann einen solchen Kündigungsgrund darstellen.
Krankheit als Kündigungsgrund. Folgende Gründe kommen für eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht:
– Häufige Kurzzeiterkrankungen
– Langzeiterkrankung
– krankheitsbedingte Leistungsminderung
– dauernde Arbeitsunfähigkeit, bzw. Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit da in den nächsten zwei Jahren nicht mit einer anderen Prognose gerechnet werden kann.
Rechtsprechung wendet schwierige Prüfung an
Ob die Kündigung wegen einer Krankheit wirksam ist, wird von den Gerichten in vier Stufen überprüft. Im ersten Teil ging es um die ersten beiden Stufen (negative Gesundheitsprognose und erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers). Im zweiten Teil hat sich um die Verhältnismäßigkeit der Kündigung gedreht.
4. Stufe: Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers
Schließlich müssen die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegeneinander abgewogen werden. Damit die Kündigung als wirksam angesehen wird, muss das Ergebnis dieser Abwägung sein, dass sich aus der erheblichen betrieblichen und wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Arbeitgebers eine Belastung ergibt, die für diesen nicht mehr hinnehmbar ist.
Folgende Umstände müssen von den Gerichten in die Interessenabwägung einbezogen werden: Alter, Familienstand, Unterhaltspflichten, Betriebszugehörigkeit, Schwerbehinderung des Arbeitnehmers, sowie ob die Erkrankung auf betrieblichen Umständen beruht bzw. wie lange das Arbeitsverhältnis zunächst ungestört verlaufen ist.
Auch die Höhe der Lohnfortzahlungskosten ist zu berücksichtigen. Sind diese außerordentlich hoch, ergibt sich allein daraus die Unzumutbarkeit der weiteren Beschäftigung. Ein solcher Fall liegt vor, wenn für mindestens 60 Arbeitstage im Jahr Lohnfortzahlungskosten entstehen (doppelter Lohnfortzahlungszeitraum). Abzustellen ist hier auch auf die durchschnittliche Ausfallquote von Arbeitnehmern mit einer vergleichbaren Tätigkeit.
Im Rahmen der Interessenabwägung können bei einer krankheitsbedingten Kündigung auch die Ursachen für die Krankheit relevant werden. Beruht die Arbeitsunfähigkeit nämlich auf Umständen im betrieblichen Bereich, wird der Arbeitgeber eine Beeinträchtigung seiner betrieblichen Interessen eher hinnehmen müssen. Das gilt ganz besonders für den Fall, dass der Arbeitgeber Ursachen der Arbeitsunfähigkeit zu vertreten oder er ein Unfallrisiko gar billigend in Kauf genommen hat.
Das Bundesarbeitsgericht nimmt aber in dieser Hinsicht eine gewisse Einschränkung vor: Kann der Arbeitgeber jedoch auf unabsehbare Zeit nicht mehr mit der Arbeitsfähigkeit des langzeiterkrankten Arbeitnehmers planen, kann das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst dann als überwiegend angesehen werden, wenn die Erkrankung auf betriebliche Ursachen zurückzuführen ist (BAG, Urteil vom 20. November 2014 – 2 AZR 664/13 -, juris).
Fazit: Wann kommt eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht?
Eine Kündigung wegen Krankheit kommt dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer mehr als 60 Tage Lohnfortzahlung im Jahr geleistet hat oder der Arbeitnehmer auf unabsehbare Zeit krankgeschrieben ist. Die Voraussetzungen im Einzelnen müssen dann sehr sorgfältig geprüft werden. Arbeitnehmer, die sich gegen die Kündigung zur Wehr setzen wollen, müssen unbedingt die Drei-Wochen-Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage einhalten.
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Die Fachanwälte für Arbeitsrecht Volker Dineiger und Alexander Bredereck sind die Autoren des Ratgebers „Arbeitsrecht“ der Stiftung Warentest.
13.4.2016
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