Dr. Thomas Souquet LRQA Senior Lead Assessor gibt einen Überblick über die Änderungen der ISO 14001
Die neue ISO 14001:2015 gliedert sich nach der sogenannten „High Level Structure“. Diese Gliederung ist die Struktur, die zukünftig alle Managementsystem-Normen haben werden. Neben der neuen ISO 14001:2015 findet man diesen Aufbau bereits bei der ebenfalls neuen Norm für das Qualitätsmanagementsystem, der ISO 9001:2015. Die übergreifende Abschnittsstruktur dieser neuen Gliederung hat den Sinn, Strukturen so zu vereinheitlichen, dass Unternehmen und Organisationen sie besser verstehen und anwenden können. Sie bringt insbesondere bei integrierten Managementsystemen große Vorteile.
Von fundamentaler Bedeutung für das Verständnis der Normanforderungen neuen ISO 14001:2015 ist das Konzept, welches diesem neuen Ansatz zugrunde liegt. Kernpunkte dieses Konzeptes werden daher vor der Vorstellung der wesentlichen inhaltlichen Änderungen zum besseren Verständnis und zur Vermeidung von Fehlinterpretation bei isolierter Betrachtung der Normabschnitte erläutert.
1.Konzept der ISO 14001:2015
Erwartungen von Öffentlichkeit, Anwohnern, Anteilseigner Behörden, kurz gesagt „interessierte Parteien“ in Bezug auf nachhaltige Entwicklung, Transparenz und Rechenschaftspflicht rücken mit zunehmend strengerer Gesetzgebung, wachsendem Druck auf die Umwelt durch Umweltbelastung zunehmend in den Fokus. Dies führt zu einer stärker werdenden Erwartung dieser Gruppe nach einer Unternehmensführung, die auch Nachhaltigkeit und ökologische Belange in ihre Entscheidungen einbezieht. Der Zweck der ISO 14001:2015 ist es, Anwendern hierfür ein methodisches Werkzeug für das Design Ihres Managementsystems bereitzustellen.
Unternehmen sollen mit der ISO 14001:2015 Chancen erkennen, um nachteilige Umweltauswirkungen zu verhindern oder zu mindern und günstige Umweltauswirkungen zu fördern, insbesondere solche von strategischer und wettbewerblicher Bedeutung. Die oberste Leitung soll in die Lage versetzt werden, ihre Risiken und Chancen wirksam zu managen, indem sie das Umweltmanagement in die Geschäftsprozesse, strategische Ausrichtung und Entscheidungsfindung in Abstimmung mit anderen unternehmerischen Belangen integriert sowie eine umweltorientierte Unternehmensführung in das gesamte Managementsystem einbezieht. Der Nachweis einer erfolgreichen Verwirklichung der ISO 14001:2015 kann dazu genutzt werden, interessierten Parteien die Gewissheit zu geben, dass ein wirksames Umweltmanagementsystem gelebt wird.
Die wesentliche konzeptionelle Vorgehensweise zum Aufbau des Umweltmanagementsystems lässt sich wie folgt zusammenfassen:
1.Verstehen des Umfeldes des Unternehmens („Kontext der Organisation), das für ein wirksames Umweltmanagement erforderlich ist.
2.Verstehen der relevanten interessierten Kreise und deren Erwartungen, um die als relevant identifizierten Erwartungen im Rahmen des Umweltmanagementsystems systematisch lenken zu können (Stakeholder Management“)
3.Definition eines klaren Anwendungsbereichs des Umweltmanagementsystems unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus 1. und 2.
4.Ermittlung und Bewertung von Chancen und Risiken
5.Planung/ Design und Betrieb eines Umweltmanagementsystems zur Steuerung Lenkung der wesentlichen Umweltaspekte, der bindenden Verpflichtungen und den relevanten Chancen und Risiken
2.“Kontext der Organisation“ Abschnitt 4.1
Die Unternehmen müssen ihr Umfeld analysieren um externe und interne Einflüsse bestimmen, die relevant sind daher im Rahmen ihres Umweltmanagementsystems zu lenken sind. Dies muss Umweltzustände mit einschließen, die durch die Unternehmen beeinflusst werden oder die Organisation beeinflussen können.
Beispiele für interne und externe Einflüsse von Bedeutung können sein:
-Zustand der Umwelt, die durch Umweltauswirkungen durch die betriebliche Tätigkeit beeinträchtigt oder verbessert werden können,
-Externe Einflüsse z. B. durch rechtliche Anforderungen, Wettbewerb, politische Umstände, soziale Rahmenbedingungen, Technologie etc.,
-Unternehmensspezifische Einflüsse wie Art der Produkte, strategische Ausrichtung etc.,
Die internen und externen Themen, die in 4.1 bestimmt werden, können zu Risiken und Chancen für das Unternehmen führen. Es bleibt jedoch in der Entscheidung des Unternehmens, welche dieser identifizierten Einflüsse aufgrund ihrer Bedeutung im Rahmen des Umweltmanagementsystems geplant und gesteuert werden müssen.
3.“Interessierte Parteien“ – Abschnitt 4.2
Die Unternehmen sollen interessierte Parteien und deren Erfordernisse und Erwartungen identifizieren um diejenigen zu bestimmen, die das Unternehmen für relevant und wichtig erachtet. Vom Unternehmen wird ein allgemeines Verständnis der geäußerten bzw. zu vermutenden Erfordernisse und Erwartungen internen und externen interessierten Parteien erwartet. Die Unternehmen müssen definieren, welche dieser Forderungen sie für relevant und angemessen halten und diese dann im Rahmen ihres Umweltmanagementsystems entsprechend zu berücksichtigen.
4.“Chancen und Risiken“ – Abschnitt 6.1
Unternehmen sind gefordert, in Kenntnis des ermittelten Umfeldes der unternehmerischen Tätigkeit sowie der ermittelten und als relevant identifizierten Erwartungen der interessierten Parteien Risiken und Chancen zu ermitteln, diese zu bewerten und gegebenenfalls durch Steuerung der zugrunde liegenden betrieblichen Prozesse im Rahmen des Umweltmanagementsystem diese entsprechend zu steuern und zu lenken. Die Qualität der Ermittlung und Bewertung von Chancen und Risiken stellt einen kritischen Erfolgsfaktor für die Ergebnisqualität des Umweltmanagementsystems dar und sollte daher besondere Beachtung finden. Zur Anwendung kommen können übliche Instrumente wie SWAT-Analyse, FMEA, Risikobewertungen z. B. nach Noell etc.
Die Unternehmen müssen sicherstellen, dass Maßnahmen zum Umgang mit wesentlichen Umweltaspekten, bindenden Verpflichtungen und den relevanten Chancen und Risiken in Prozesse des Umweltmanagementsystem bzw. sonstige Geschäftsprozesse integriert und hinreichend gelenkt werden.
Bei der Ermittlung und Bewertung der Umweltaspekte ist die Betrachtung auf den Lebensweg des Produktes auszudehnen. Das erfordert ausdrücklich keine Ökobilanz allerdings aber die sorgfältige Betrachtung der Abschnitte des Lebenswegs, die vom Unternehmen gesteuert und beeinflusst werden können. Zu den typischen Abschnitten des Lebenswegs eines Produkts (oder einer Dienstleistung) zählen Rohstoffbeschaffung, Entwicklung, Produktion, Transport/Lieferung, Nutzung, Behandlung am Ende des Lebenswegs und endgültige Beseitigung.
5.“Führung“ – Abschnitt 5
Die Verantwortung des Top-Managements wird gestärkt, gefordert wird „Commitment“ und „leadership“: Der Fokus liegt hierbei klar in der Verantwortung für die Ergebnisqualität und nur in zweiter Linie Prozessen und Abläufe zur Erzielung des erwünschten Ergebnisses. Der Logik der Norm folgen soll die vom TOP-Management verabschiedete Umweltpolitik die auch die relevenaten Verpflichtungen aus dem ermittelten Umfeld des Unternehmens und den relevanten Erwartungen interessierter Parteien berücksichtigen.
6.“Unterstützung“ – Abschnitt 7
Wie bislang entscheiden die Unternehmen selbst, ob sie extern über ihr Umweltmanagement kommunizieren wollen. Wenn extern kommuniziert wird muß sichergestellt sein, dass die Information angemessen, transparent und wahrheitsgetreu ist.
Die neue ISO 14001:2015 kennt nur noch „Dokumentierte Informationen“, die entsprechend zu lenken sind.
7.“Betrieb“ – Abschnitt 8
Nach wie vor wird hier gefordert, dass wesentliche Prozesse des Umweltmanagement-systems geplant, gesteuert und kontrolliert werden. Dies sind insbesondere Prozesse mit Bezug zu der Erfüllung identifizierten Erwartungen interessierter Kreise, Lenkung der ermittelten Chancen und Risiken, bindenden Verpflichtungen und bedeutenden Umweltaspekten. Hierbei ist klar gefordert, dass hierbei auch vor- und nachgelagerte sowie insbesondere ausgelagerte Prozesse zu berücksichtigen sind. Dies schließt nach wie vor auch die Umwelteinflüsse von Produkten und Dienstleistungen bis zu deren Nutzungsende mit ein.
8.“Bewertung der Leistung“ – Abschnitt 9
Wesentliche Leistungskriterien müssen gemessen, überwacht analysiert und bewertet werden. Hier muss das Unternehmen das was, wie, wogegen und wann definieren. Dies erfordert klare Leistungsmerkmale und definierte Bewertungsmethodiken. Dies erfordert bereits bei der Definition der Umweltziele entsprechende Vorgaben sowie passende Indikatoren. Die Arbeit mit Kennzahlen wird somit wichtiger. Im Rahmen der geforderten Bewertung durch die oberste Leitung sind entsprechend des Konzeptes der ISO 14001:2015 Veränderungen bei den Erwartungen interessierter Parteien sowie Chancen und Risiken als zusätzlich zu betrachtenden Input neu hinzu gekommen. Zu einer verbesserten Integration der der UMS-Prozesse mit sonstigen Geschäftsprozessen wird eine Entscheidung im Management Review erwartet.
9.“Verbesserung“ – Abschnitt 10
Im Unterschied zur alten Norm liegt ein klarer Fokus mit Ziel der fortlaufenden Verbesserung der Umweltleistung: eine Verbesserung des Umweltmanagementsystems ist in diesem Sinne lediglich ein Mittel zum Zweck.
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