Malerischer Abschied vom Sommer: Emil Nolde auf Sylt

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Malerischer Abschied vom Sommer: Emil Nolde auf Sylt

(Mynewsdesk) Der Maler Emil Nolde verbrachte 1930 mehrere Monate auf Sylt. Inspiriert von der Künstlerinsel vollendete er hier bedeutende Arbeiten wie „Badestrand“ und fand Anregung für sein weiteres Wirken.

„Wir fuhren nach Hörnum mit der Klingelbahn, eine seltsame schlängelnde Fahrt, und wir fuhren nach List“. Der Maler Emil Nolde kam Ende August 1930 nach Sylt und blieb zwei Monate. Er fand mit dem „Haus Kliffende“ in Kampen nicht nur eine schöne Pension samt Atelier, sondern mit einer Touristin aus Berlin auch eine faszinierende, rätselhafte Frau für Portraits. Nolde, der vor allem für seine eindrucksvollen Landschaftsbilder bekannt ist und auf Sylt ausdrucksstrake Menschenbilder malte, fand auf Sylt zwei starke Sujets – Mensch und Natur. Die Insel war Inspiration und voller Motive. Vielfältig. Und im Übergang vom unbeschwerten Spätsommer zum melancholischen Herbst auch kontraststark. Intensiv.

An der Nordsee und in den Dünen wanderte Nolde, um sich auf das Malen einzustimmen. Seiner Frau Ada beschrieb er einen langen Ausflug zur Vogelkoje bei Kampen. Sonderbar mutete ihm die Szene an, „urwäldlich“ und voll ursprünglicher Natur. Ein Thema, das Nolde immer wieder faszinierte. Dort entstand ein Ölbild, das seine Wirtin Clara Tiedemann mit den Worten „…inmitten von Dünen und Heidekraut eine Art Gnom oder Waldschrat…“ beschreibt. Also eine für Nolde nicht unübliche Überzeichnung der Landschaft ins Traumhafte. Dieses Phantastische, erklärt Dr. Christian Ring, Direktor der Nolde Stiftung Seebüll, wurde für Nolde zu einem Ausdruck seiner innigen Naturverbundenheit. „Er flüchtet sich immer wieder aus der Zivilisation in seine freien phantastischen Erfindungen und kommt mit mystischen Zügen in die Realität zurück“, so der Kunsthistoriker. Es sind jedoch nicht nur Landschaften, die Nolde faszinierten. Auch Figurendarstellungen in ihrer thematischen Breite, so Ring, sind die Hauptthemen Emil Noldes. „Auf seinen Reisen – egal wohin – sind beide Motivkreise oft gleichwertig nebeneinander vertreten. So auch auf Sylt. Ebenfalls, wenngleich seltener, werden Akt und Badende als Sujet aufgegriffen. Hier ist sicherlich Sylt als Inspiration spürbar.“

Bald fand Nolde unter den Gästen im Haus Kliffende ein interessantes Touristen-Paar; besonders die Frau, Margarete Turgel, faszinierte ihn. Zwischen den Sylt-Besuchern entwickelte sich eine lockere Freundschaft. Das Ehepaar Turgel nahm den Maler auch mit ihrem aufsehenerregenden Sportwagen mit auf Ausflüge. Die Turgels waren ein mondänes Paar. Und Margarete eine auf den zweiten Blick gewiss schöne Frau, auf jeden Fall war sie interessant, bleibt in Bildern und Beschreibungen seltsam rätselhaft – und Nolde war von ihr angetan. Sie stand ihm Model und Nolde schuf eindrucksvolle Portraits. Mal rätselhafte, mal welche voll sommerlicher Freude und Klarheit. Maximale Leuchtkraft der Farben und flirrende Lichtreflexe, Frau Turgel im Badetrikot; die Portraitierte entspannt. Emil Nolde malte Sommerurlaub.

Nolde suchte, so schrieb er es in „Mein Leben“: „…nicht Zerstreuung, sondern Sammlung. (…) Es war, als ob die freie Luft, der salzige Geschmack, die tosende Wogen mich spornten und beglückten. (…) Die Wogen, ihr Grollen, die Wolken vor und über mir, der Strand, die Dünen. (…) Ich vermochte es kaum zu ertragen, was allen anderen so hübsch und frei, gesund und herrlich selbstverständlich schien“. Nolde, 63 Jahre alt, war von der jungen Margarete Turgel so begeistert, dass seine Frau Ada – sie blieb auf dem Festland zurück und kümmert sich um den Bau des neuen gemeinsamen Zuhauses – eifersüchtig wurde. Das ging gut aus, denn der Sommer war bald zu Ende und nicht nur Turgels fuhren wieder nach Hause. Auf Sylt wurde es einsam, es wurde Herbst.

Im September endete die Urlaubs-Saison, Clara Tiedemann schloss Kliffende und Nolde konnte – und wollte wohl auch noch nicht – zurück aufs Festland. Sie überließ ihm ihr Blockhaus am Listerweg, in dem sie selbst üblicherweise im Winter wohnte. Nun kehrte plötzlich Ruhe ein; das Lebendige, das Leichte war fort, der Strand eben noch voller Farbe und Freude nun leer– und Nolde verfiel in ein Grübelei: „Es ist wie ausgestorben in den Dünen und am Strand, und die letzten Spuren der Großstädter sind von den Wellen verschleift und verwehen bald ganz“, schrieb Nolde an Ada.

Es entstanden nun andere Bilder, vom Meer und vom Himmel: Das Wasser schwer wogend und düster, aufgewühlt und beinah bedrohlich. Der Himmel in kräftigem, herbstlichen rot; auch die Wolken scheinen heran zu branden. Intensiv, wie ein letztes Aufflammen der Himmel, düster und verschlingend schon das Meer. Im Gegensatz zur luftig-lockeren, belebten Badeszene ein seltsam leeres Bild, voll Einsamkeit. „Seit Wochen ist nun alles öd und ich gehe und ich gehe am Strand oder in den Dünen, vielleicht etwas müde und schwer die Vereinsamung ertragend.“

Vorüber und vorbei war der Sommer. Am Samstag, 1. November 1930, bestieg der Maler Emil Nolde abends den Zug nach Klanxbüll. Nolde fuhr nach Hause zu seiner Frau Ada; ein kurzer Weg, in eine andere Welt. Im Gepäck unter anderem: Sieben Meere und sieben Portraits. Starke Bilder. Nolde nahm die Erinnerung an Sylt mit nach Hause.

Auf den Spuren Emil Noldes auf Sylt

Gästeführungen: Seit 2008 entsteht der Kampener Kunstpfad und erinnert mit bislang 32 Bronzeguss-Tafeln an herausragende Menschen, die das Sylter Künstlerdorf Kampen mit geprägt haben. Entweder man wandelt ganz individuell auf den Spuren von Emil Nolde – seine Bronzetafel steht in der Nähe von Haus Kliffende – oder man schließt sich den Führungen des Kampener Künstlers Thomas Landt an. Kosten 13 Euro pro Person. Und auch Gästeführerin Silke von Bremen macht sich regelmäßig noch bis Ende Oktober auf die Suche nach den „Vergessenen Künstlern von Kampen“. Kosten 12,50 Euro pro Person. www.kampen.de

Malkurse: Noch bis Ende Oktober bietet die Kunstlehrerin Angelika Juris ihre Malkurse „Malen wie Emil Nolde“ an. Kosten 12 Euro pro Person inklusive Material. www.hoernum.de

Lese-Lounge: In der Nolde-Lounge direkt an der Strandpromenade in Westerland sind neben Reproduktionen bekannter Werke auch historische Fotos des Malers zu sehen. Geöffnet täglich zwischen 9 und 19 Uhr. Eintritt frei. www.insel-sylt.de

Nolde-Museum: Das Nolde-Museum in Seebüll mit seinem herrlichen Garten und dem von Nolde selbst entworfenen Wohnhaus wird heute als „Nolde Stiftung Seebüll“ geführt. In der diejährigen 60. Jahresausstellung wird erstmals umfassend das Spätwerk Noldes gezeigt. Die Sylter Verkehrsgesellschaft (SVG) bietet jeden Dienstag und Donnerstag noch bis zum 27. Oktober eine Tagestour ins Nolde-Museum an. Kosten 28 Euro pro Person inklusive inselweite Linienbusan- und -abreise nach Westerland, 10:22 Uhr mit der NOB ab Westerland nach Klanxbüll, Fahrt im Sonderbus nach Seebüll, Eintritt Nolde Museum. www.nolde-stiftung.de www.svg-sylt.de

www.sylt.de

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