Hochstrittige Elternpaare können in speziellem Gruppentraining für Eltern lernen, wieder konstruktiv zusammenzuarbeiten und ihre Kinder in den Blick zu nehmen
Stuttgart, 9. Oktober – In den Psychologischen Beratungsstellen von Caritas und Diözese Rottenburg-Stuttgart ist die Anzahl der Elternpaare, die stark zerstritten sind, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das berichten die Familien- und Lebensberatungsstellen. „Wenn sich die Eltern bis aufs Blut streiten, ist das für die Kinder eine schlimme Situation. Sie werden häufig nicht mehr in ihren Bedürfnissen wahrgenommen und sind die Hauptleidtragenden“, sagt Psychologin Elisabeth Ege-Harouna von der Familien- und Lebensberatung der Caritas in Biberach. Anlässlich des Tages der seelischen Gesundheit am 10. Oktober macht sie deutlich, dass getrennte Eltern, wenn sie sich bekriegen, ihre Kinder oft aus dem Blick verlieren und häufig sogar in den Konflikt ziehen. Um Eltern wie Kinder in dieser schwierigen Lebenssituation stark zu machen, bieten Caritas und Diözese ein spezielles Gruppentraining für hochstrittige Eltern in Trennung an. Die Standorte des Angebots sind Biberach, Tübingen, Ravensburg, Ludwigsburg, Waiblingen, Tuttlingen und Ulm.
Die Idee des Trainings: Beide Elternteile tauschen sich getrennt voneinander in einer Gruppe mit anderen zerstrittenen Eltern aus. Wenn sie die Probleme der anderen geschiedenen oder getrennt lebenden Mütter oder Väter in ihrer Gruppe miterleben, können sie oft ihre Perspektive wechseln und wieder mehr Verständnis für den eigenen Ex-Partner aufbringen. Die Eltern lernen in den Kursen, wie sie mit ihren Emotionen umgehen können, damit es nicht zur Eskalation kommt und auch, wie sie mit Übungen entspannen und für sich selbst gut sorgen können. Sie sollen lernen, mit dem Ex-Partner konstruktiver zu kommunizieren.
Ein weiteres Ziel ist, die Erziehungskompetenz der Eltern zu stärken. „Wir verstehen unseren Auftrag in der Beratung darin, durch die Befähigung der Eltern insbesondere die Kinder in ihrer schwierigen Lebenssituation zu stärken“, so die Beraterin. „Hochstrittige Eltern sehen den ehemaligen Partner oft als Feind und sind dadurch nur schwer in der Lage, einvernehmliche Lösungen in Bezug auf die Kinder zu finden.“ Es sei wichtig, dass die Eltern für sich die Trennung verarbeiten und sich dadurch wieder verstärkt mit den Gefühlen der Kinder auseinandersetzen können. „Wenn es gut läuft, können die Eltern wieder besser wahrnehmen, was ihr Kind fühlt und aufgrund der Trennung braucht“, so Ege-Harouna.
Wenn die Kinder in den Beratungsstellen vorgestellt werden, leiden sie häufig an Konzentrationsstörungen, sie sind aggressiv oder traurig, andere ziehen sich sozial zurück. Manche haben Schuldgefühle. Sätze wie „Mama, wenn du willst, hasse ich den Papa“ bekommen die Berater in extremen Fällen zu hören. „Das Loyalitätsdilemma, in dem sich viele Kinder befinden, muss aufgebrochen werden“, so die Beraterin. „Die Eltern müssen lernen zwischen Paar- und Elternebene zu unterscheiden und die Kinder aus dem Konflikt rauszuhalten.“ Die Kinder wollten nicht mehr von Feindesland A ins Feindesland B gehen müssen. Daher gehört das Einüben von kindgerechten, friedlichen Übergänge von Mama zu Papa und zurück mit zum Trainingsprogramm.
In Biberach trägt das Training den Namen „Trennung meistern, Kinder stärken“. Weiter Informationen unter http://www.cv-biberach.caritas.de/47100.html
In der Diözese Rottenburg-Stuttgart gibt es 16 Psychologische Familien- und Lebensberatungsstellen in Trägerschaft des Caritasverbandes und der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
Der Caritasverband Rottenburg-Stuttgart e.V. ist der Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche in der Diözese Rottenburg-Stuttgart und feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg engagiert er sich politisch für die Interessen von armen, benachteiligten und hilfebedürftigen Menschen und tritt gegen deren Ausgrenzung ein. Regional und landesweit vertritt er die Interessen von 1.740 katholischen Einrichtungen und Diensten in wichtigen Fragen pflegerischer und sozialer Arbeit. Insgesamt arbeiten unter seinem Dach 33.000 hauptamtliche und genauso viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In neun Caritasregionen bietet der Caritasverband soziale Dienstleistungen für Kinder, Jugendliche und Familien, alte und pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung, Arbeitslose, Wohnungslose, Menschen mit Fluchterfahrung oder mit einer Suchterkrankung an.
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