Manipulation von Studienergebnissen durch den Sponsor am Beispiel Valsartan

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Klinische Studienberichte, einschließlich der Rohdaten, müssen uneingeschränkt und in benutzerfreundlicher Form der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.

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Der ehemalige Leiter der wissenschaftlichen Abteilung von Novartis Pharma KK, einem japanischen Ableger des großen Schweizer Pharmakonzerns, wurde im Juni wegen Fälschung wissenschaftlicher Daten in Haft genommen (1). Bereits im April wurden der Präsident sowie zwei leitende Angestellte des pharmazeutischen Unternehmers (pU) in Japan ersetzt, offensichtlich als Reaktion auf einen besonders schwerwiegenden Fall von systematischer Manipulation klinischer Studienergebnisse. Die Manipulationen betreffen zwei Studien aus dem kardiovaskulären Bereich, die Kyoto Heart Study, veröffentlicht 2009 im Eur. Heart J., und die Jikei Heart Study, veröffentlicht 2007 im Lancet. Nach den Ergebnissen dieser beiden Studien soll der Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker (AT-II-B) Valsartan (Diovan®) bei gleicher blutdrucksenkender Wirkung Schlaganfälle und Angina pectoris signifikant stärker reduzieren als andere Antihypertensiva.

Beide Studien mussten 2013 wegen nachgewiesener Manipulationen der Daten zurückgezogen werden (2, 3). Zunächst schienen die Autoren der Studien für die falschen Ergebnisse allein verantwortlich zu sein, denn sie hatten in ihren Publikationen angegeben, der Studiensponsor habe keinen Einfluss auf die Analyse der Daten gehabt. Mittlerweile scheint aber klar zu sein, dass die Autoren von der Kyoto Prefectural University of Medicine und vier weiteren Universitäten gefälschte Patientendaten von der wissenschaftlichen Abteilung des pU erhalten hatten. Die teilweise von ihren Universitäten entlassenen Wissenschaftler waren also nicht nur Täter, sondern auch Opfer ihres Studiensponsors. Der Schaden für die Wissenschaft ist kaum abzuschätzen. Allein die Kyoto Heart Study wurde in der wissenschaftlichen Literatur bereits mehr als 100mal zitiert und wurde in mindestens drei systematischen Reviews zu AT-II-B und antihypertensiver Therapie berücksichtigt (4). Der wirtschaftliche Schaden in Japan für das Gesundheitssystem und die pharmazeutischen Mitbewerber bei Antihypertensiva dürfte beträchtlich sein. Schließlich basierte die Vermarktung von Diovan® in Japan auf den Daten der beiden manipulierten Studien und dem angeblichen Vorteil von Valsartan gegenüber anderen Antihypertensiva. Der pU soll mit Valsartan in Japan jährlich > 700 Mio. EUR umgesetzt haben (5). Aktuell hat er noch mit weiteren Manipulationsvorwürfen zu kämpfen. Er wird beschuldigt, mindestens 33 unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit seinem Tyrosinkinase-Inhibitor Nilotinib (Tasigna®) zur Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie nicht dem zuständigen Ministerium gemeldet zu haben, davon zehn, die als schwerwiegend eingeschätzt wurden. Hierdurch wurden offenbar bewusst Probleme mit der Verträglichkeit des Wirkstoffs verschleiert.

Die Vorgänge in Japan zeigen, dass klinische Forscher generell eine kritische Distanz zu den Sponsoren von Studien haben sollten – schon um sich selbst zu schützen. Auf die große Bedeutung des öffentlichen Zugangs zu allen Daten klinischer Studien, insbesondere zu den klinischen Studienberichten, haben wir wiederholt hingewiesen (6). Ergebnisse aus klinischen Studien dürfen nicht weiter als Firmengeheimnis angesehen werden, auch um kriminellen Manipulationen wie diese in Japan wirksam vorzubeugen. Dies erfordert auch ein Umdenken bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). Ein zu restriktiver Zugriff auf die klinischen Studienberichte konnte kürzlich – auch durch Intervention unabhängiger Institutionen und der europäischen Ombudsfrau (7-9) – verhindert werden. Eine endgültige Entscheidung zur neuen „EMA policy on the publication of clinical data for medicinal products for human use“ wird voraussichtlich Anfang Oktober fallen bei der nächsten Sitzung des Management Board der EMA in London (10).

Fazit: Die Manipulation von Studiendaten um den Angiotensin-II-Blocker Valsartan verdeutlicht erneut, dass klinische Studienberichte, einschließlich der Rohdaten, uneingeschränkt und in benutzerfreundlicher Form der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen müssen. Denn nur so ist gewährleistet, dass sie für nicht-kommerzielle Zwecke unabhängig vom pharmazeutischen Sponsor von Experten analysiert werden können, beispielsweise bei den Cochrane Zentren oder dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.

Literatur, Link zum Artikel : http://www.der-arzneimittelbrief.de/nachrichten/?p=2224

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