Markenstrategie für China

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Interview mit Prof. Dr. Alexandra von Bismarck

Markenstrategie für China
Prof. Dr. Alexandra von Bismarck

„Ein rigoroses Vorgehen gegen die Verletzer von Markenrechten ist angeraten“

Heilbronn, 31. Januar 2017

Wohl kaum ein anderes Land ist dynamischer als China. Die zweitgrößte Wirtschaftsnation ist längst ein wichtiger Handelspartner und hat sich westlichen Produkten und Wirtschaftsstandards geöffnet. Wer als ausländisches Unternehmen den Markteintritt in China plant, sollte jedoch auch die Risiken kennen und konsequent Markenschutz betreiben. Warum das sinnvoll ist, erklärt Alexandra von Bismarck, Professorin für deutsches und europäisches Wirtschaftsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und IT-Recht an der German Graduate School of Management and Law (GGS), im Interview.

Warum sind Marken- und Produktpiraterie in China nach wie vor stark ausgeprägt?

Weiten Teilen der chinesischen Bevölkerung mangelt es an Unrechtsbewusstsein, was die Verletzung geistigen Eigentums angeht. Traditionell gilt es in China als höfliche Geste und man zollt Dritten Respekt, wenn sie Produkte kopieren oder nachahmen. Viele Chinesen haben einen starken Drang nach Wohlstand und streben nach dem Besitz von Statussymbolen. Da der Markt für Plagiate boomt und sich mit Produktfälschungen viel Geld verdienen lässt, ist das Geschäft mit gefälschten Marken und Produkten verlockend.

Die chinesischen Behörden haben reagiert und das chinesische Markenrecht vereinfacht sowie internationalen Standards angepasst. Was hat sich geändert?

Markenanmeldungen sind in China nun auch online möglich. Durch die Einführung von zwingenden Fristen beim China Trademark Office (CTMO) konnte die Bearbeitungszeit von Markenanmeldungen und Widersprüchen deutlich verkürzt werden. Mit der Einführung des „Multi-Class“-Systems können Unternehmen jetzt mit einer einzigen Anmeldung Schutz in verschiedenen Waren- und Dienstleistungsklassen beanspruchen. Das ist für die Unternehmen kostengünstiger, reduziert den Verwaltungsaufwand und sorgt dafür, dass die Markenportfolios schlanker und übersichtlicher werden.

Zu den Besonderheiten des chinesischen Marktes gehört die Doppelstrategie der Registrierung von Ursprungsmarke und chinesischem Schriftzeichen. Was hat es damit auf sich?

Zusätzlich zum ursprünglichen Markennamen ist es wichtig, ein passendes chinesisches Schriftzeichen anzumelden. Häufig wird dafür die Hilfe von Spezialagenturen in Anspruch genommen. Das chinesische Schriftzeichen kann die wörtliche Übersetzung der Ursprungsmarke sein oder ein chinesisches Wort mit ähnlichem Klang, eine semantische Übertragung der Ursprungsmarke oder ein an das Markenimage der Ursprungsmarke angelehntes Schriftzeichen.

Welche Rolle spielen unterschiedliche Sprachen wie Hochchinesisch, Mandarin oder Kantonesisch für den Markenschutz in China?

Ausländische Unternehmen müssen sich der Komplexität des chinesischen Marktes bewusst werden. So sind die Sonderverwaltungszonen Chinas zu berücksichtigen, mit jeweils eigenen politischen und wirtschaftlichen Systemen sowie unterschiedlicher Gesetzgebung. Hinzu kommen die verschiedenen Sprachen im bevölkerungsreichsten Staat der Erde. Das muss man wissen, bevor man sich in China engagiert, und seine Markenanmeldestrategie sowie Vertriebs- und Marketingaktivitäten sorgfältig darauf abstimmen.

Marken werden in China häufig durch Agenturen angemeldet. Diese verhalten sich nicht immer redlich gegenüber ihren ausländischen Auftraggebern. Wo liegt das Problem und wie haben die chinesischen Behörden darauf reagiert?

Ein echtes Ärgernis ist das sogenannte „Squatting“, das heißt unredliches Verhalten von Agenturen bei der Markenanmeldung. Aufgrund einer Gesetzesänderung können jetzt Markenanmeldungen jedoch zurückgewiesen werden, wenn der Nachweis erbracht wird, dass der Anmelder „bösgläubig“ war. Dies ist der Fall, wenn der Anmelder aufgrund vertraglicher, geschäftlicher oder sonstiger Verbindungen mit dem wahren Markeninhaber wusste, dass die Marke einem Dritten zusteht. Bei Verstößen können unredlichen Agenturen nunmehr hohe Geldstrafen auferlegt werden.

In den letzten zwei Jahren ist eine Zunahme von Gerichtsverfahren ausländischer Markeninhaber in China zu beobachten. Was steckt dahinter?

Einen maßgeblichen Anteil hat sicherlich die Erhöhung des gesetzlichen Schadensersatzes bei Markenrechtsverletzungen. Die maximal mögliche Schadenshöhe beträgt nun 3 Millionen RMB, rund 406.000 Euro, und ist damit sechsmal höher als zuvor. Bei besonders schweren Verstößen können die Gerichte einen darüber hinausgehenden Strafschadensersatz, sogenannte „punitive damages“, bis zu einer Höhe des dreifachen Wertes des tatsächlich erlittenen Schadens festsetzen. Außerdem wurden im August 2014 erstmals IP-Spezialgerichte mit Sitz in Beijing, Shanghai und Guangzhou gegründet, die ausschließlich auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes tätig sind. Die Qualität der Gerichtsverfahren hat sich dadurch stark verbessert und ausländische Unternehmen werden ermutigt, ihre Markenrechte in China gerichtlich durchzusetzen.

Welche Strategieempfehlungen geben Sie ausländischen Unternehmen, die auf dem chinesischen Markt aktiv werden wollen, mit auf den Weg?

Ausländische Unternehmen sollten ihre Marken so früh wie möglich in China anmelden und zwar gemeinsam mit den entsprechenden chinesischen Schriftzeichen. Denn es gilt nach wie vor das „First to File“-Prinzip, wonach das Markenrecht demjenigen zusteht, der die Marke als erstes beim Amt anmeldet. Registrierte Rechte sind eine zwingende Voraussetzung, um erfolgreich gegen Markenverstöße in China vorzugehen. Sollte es zu Markenverletzungen kommen, ist ein rigoroses Vorgehen gegen die Verletzer angeraten. Anschließend sollten die Verbraucher im Wege einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit über gefälschte Produkte aufgeklärt und über die erfolgreich gegen die Verletzer geführten Gerichtsverfahren informiert werden. Nur auf diese Weise können Markenpiraten für die Zukunft wirksam abgeschreckt werden. Schließlich sind auch der Schutz der Domain und die Vermarktung der eigenen Marke über soziale Netzwerke wichtige Bausteine für eine erfolgreiche Markenstrategie in China.

Zur Person:

Alexandra von Bismarck ist Professorin für Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und IT-Recht an der GGS in Heilbronn. Ihre Expertise liegt im nationalen und internationalen Markenrecht sowie im Design-, Domain- und Wettbewerbsrecht. Sie ist Partnerin im Hamburger Büro der internationalen Kanzlei Fieldfisher und leitet dort den Markenbereich für Deutschland.

Die German Graduate School of Management and Law ist eine staatlich anerkannte private Hochschule, die von der Dieter Schwarz Stiftung gefördert wird. Sie ist international ausgerichtet und arbeitet weltweit mit führenden Universitäten in Forschung und Lehre zusammen. Im Zentrum von Lehre und Forschung steht die Entwicklung der Unternehmerpersönlichkeit und die Gestaltung von Innovationsprozessen. Die German Graduate School of Management and Law konzentriert sich auf berufsbegleitende Studienprogramme für Führungstalente und bietet Weiterbildungsprogramme für Führungsteams an.

Kontakt
German Graduate School of Management and Law
Thomas Rauh
Bildungscampus 2
74076 Heilbronn
07131 645636-45
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